Название: Magdalene und die Saaleweiber
Автор: Christina Auerswald
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783963110320
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»Vielleicht«, meinte Isabeau, »gewöhne ich mich daran, in der Fremde zu leben. Ich muss oft an zu Hause denken, an meine Heimatstadt.«
Magdalene legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. »Es muss schön dort sein, wenn deine Stadt so einen großartigen Namen hat: La Roque-d’Anthéron. Es ist eine wunderschöne Stadt, nicht wahr?«
Isabeau winkte ab. »Eine Stadt voller Katholiken.« Sie fuhr mit der Hand über ihre Augen.
Magdalene nickte und streifte mit den Fingern durch den krümeligen Boden. »Ich muss dir etwas erzählen, Isabeau.« Sie sah starr aufs Wasser. »Ich glaube, es könnte stimmen. Das mit dem Kind, das Georg einer Magd gemacht hat.«
»Wieso? Ich hätte nie gedacht, dass du etwas Schlechtes von deinem Mann sagst. Bis jetzt hast du immer zu ihm gehalten.«
»Er glaubt mir nicht mehr. Er hält mich für böse und die alte Else für gut, obwohl sie es ist, die giftige Worte sagt.«
»Du meinst, er ist selbst böse?«
Magdalene zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Es ist nur so, dass ich es früher ausgeschlossen hätte. Jetzt nicht mehr.«
Isabeau überlegte einige Augenblicke und fragte: »Du meinst, er ist vielleicht kein so guter Mensch, wie du dachtest? Hat einer Magd ein Kind gemacht, der alte Bock. Glaubst du auch, dass er das Kind umgebracht hat?«
»Das nicht. So ein Mensch ist er nicht.« Magdalene schüttelte den Kopf. »Komisch ist es trotzdem. Er hat nie etwas von einem Kind gesagt. Es kann daran liegen, dass er nicht gern über sich selbst redet. Wer redet schon ohne Grund über dunkle Stunden in seiner Vergangenheit? Ich habe lange darüber nachgedacht, warum er mich geheiratet hat. Erst dachte ich, es wäre Zuneigung. Aber dann habe ich gesehen, dass er mir nicht glaubt. Es geht ihm nicht um mich. Jetzt denke ich, es war bloß, damit er einen Sohn hat.« Sie sah die Freundin prüfend an. »Hans ist nicht von ihm. Unsere Heirat war ein Geschäft. Ich war das Geschwätz los, und er hatte einen Erben.«
Isabeau schlug die Hand vor den Mund. »So war das? Hans ist nicht sein Sohn? Dann hat er dich aus dem Grund geheiratet, dass er den Leuten den gesunden und lebendigen Hans vorweisen kann.«
»Weil er das Gerücht zum Verstummen bringen wollte, meinst du? Das mit dem toten Kind?«
Isabeau zuckte die Schultern. »Kann sein. Wenn ich diesen Handel neben die Sache mit dem Kind lege, kommt es mir komisch vor.«
»Und ich war so glücklich über den guten Mann, den ich bekommen habe!« Magdalene schlug mit der Faust auf den warmen Grasboden.
Isabeau kniete nieder. Sie faltete die Hände und nickte Magdalene zu, bis ihre Freundin die Aufforderung verstand und sich neben sie kniete. Isabeau schloss die Augen und begann halblaut zu beten. »Gütiger Vater, gib deinen Dienerinnen Kraft, ihre Aufgaben zu erfüllen. Bestrafe die Sünder und belohne die Gerechten, dass sie dich mit ihrer Zunge preisen. Halte deine schützende Hand über Magdalene, dann wird sie dem Aberglauben entsagen und ihr Heil im Gebet suchen. Amen.«
Isabeau kniete mit geschlossenen Augen im Gras. Ihre Lippen bewegten sich tonlos weiter, sie reckte das Gesicht Gott und der Sonne entgegen. Sie öffnete die Augen, drehte sich zu Magdalene und streckte die Hand aus. »Gib es mir.«
»Was?«
»Das Amulett.«
»Warum?«
»Ich werde es in die Saale werfen. Du musst ein großes Opfer bringen, sonst kann Gott dir keine Gerechtigkeit geben.«
»Nein!« Magdalene presste die Hand auf die Brust, wo das Amulett unter dem Stoff lag. »Das verstehst du falsch. Gott ist kein Krämer. Mag sein, dass er etwas von mir will, aber bestimmt nicht mein Amulett.«
Isabeau ließ die Hand sinken. »Wie du meinst.«
Sie schwiegen, jede sah in eine andere Richtung. Die Sonne stieg, die Wärme fing an, auf die Schultern zu drücken. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, standen sie auf und klopften sich das Gras aus den Kleidern. Sie ritten zurück, Marthe döste im Halbschlaf zwischen ihnen. Fliegen summten über Magdalenes Handrücken hinweg. Der Himmel bewölkte sich allmählich, Wind frischte auf.
Auf dem Hof des Spezereienhandels blieben sie einen Moment stehen, da erst nahm Isabeau den Faden des Gespräches wieder auf. Sie konnte keine Verstimmung ertragen. »Du wirst es allein wegwerfen, nicht wahr? Du weißt, dass das Amulett Unglück bringt. An ihm ist nichts Christliches. Es ist Aberglauben.«
Sie sagte das mit einem solch bittenden Augenaufschlag, dass Magdalene nicht wagte zu widersprechen und damit einen Kratzer auf ihrer Freundschaft zuzulassen. Isabeau fügte hinzu: »Vielleicht kann ich dir helfen. Ich habe ein paar alte Rezepte aus meiner Heimat mitgebracht. Der Herr im Himmel hilft dir, wenn du dir im rechten Augenblick selbst zu helfen weißt. Willst du sie haben?«
»Natürlich.« Magdalene fasste versöhnlich ihre Hände.
»Eins ist für dich, es wird dich stärken und fruchtbar machen. Es ist ein Rezept für das Melotenpflaster, was man auf die Brust legen und dort über Nacht liegen lassen soll. Das andere Rezept offenbart dir alles über deinen Mann. Es ist eine Wahrheitsmilch. Sie macht, dass jede Verstellungskunst von einem abfällt und das wahre Gesicht nicht mehr zu verbergen ist. Von der sollst du täglich ein Löffelchen unter sein Essen mischen. Auf diese Weise wirst du erfahren, ob er ein böser oder ein guter Mensch ist.« Sie drückte Magdalenes Hände. »Ich habe die Rezepte extra für dich mitgebracht.«
»Ist die Wahrheitsmilch schwer zu machen?«
»Du musst warmen Wein mit Zimt, Safran und Borax anrichten. Wenn die Milch fertig ist, füllst du sie in eine Flasche und verwahrst sie im Dunklen. Die Milch wirkt stärker, je öfter du sie anwendest.« Sie griff in ihre Schürzentasche, streckte Magdalene die Zettel entgegen und verabschiedete sich mit einem Kuss auf Magdalenes Wange.
Der Waschtag begann, die jungen Mägde schufteten von Sonnenaufgang an, und Else war wieder einmal nicht aufzufinden. Der kleine Hans hing Magdalene am Rockzipfel, Rosina hatte genug zu tun und konnte sich nicht um ihn kümmern.
Am Waschtag wurde aus der Lauge gewaschen, das bedeutete eine Menge kraftraubendes Schleppen und Walken. Zwei Mal im Jahr wuschen sie auf diese Weise, im Frühjahr und im Spätsommer, Hemden, Schürzen und Bettzeug. Die Sonne strahlte hell, das Gras auf der Wiese zeigte seine von einem kräftigen Wind gebeugte silbrige Rückenseite. Das war ideales Wetter für die große Wäsche. Auf den warmen Steinen im Hof roch es nach nassem Staub.
Rosina und Gertrud hatten am Vorabend das Regenwasser aus der Zisterne in den Zuber geschöpft, den sie auf den Hof gestellt hatten. Es war weicher als Brunnenwasser, deswegen brauchte man weniger Lauge. Darin hatten sie über Nacht die Wäsche eingeweicht, das grobe Leinenzeug zuunterst, die feinen Stücke obenauf. Am Morgen legten sie ein dick mit Holzasche bestrichenes Tuch darauf und waren dabei, heißes Wasser aus der Küche nach draußen zu schleppen. Mit dem siedenden Wasser bildete die Holzasche eine Lauge, die wurde durch das Tuch gefiltert und durchdrang die Wäsche. Es roch unangenehm, aber dafür wirkte es umso besser. Wenn das heiße Wasser im Zuber war, mussten alle zupacken und jedes Teil scheuern, und das grobe Schrubben war harte Arbeit. СКАЧАТЬ