Название: Sammelband 6 Extra Western September 2018
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Вестерны
isbn: 9783745205664
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„Hat Joshua das nicht gewusst?“
„Er hat den Hirsch nicht aus der Nähe gesehen. Und wir werden ihm auch nichts davon sagen. Abe wird auf Jagd gehen und irgendwo einen Weißschwanzhirsch erlegen. Es wimmelt da unten von Fährten. Wir werden dieses Tier heraufbringen und sein Geweih werden wir so aufhängen, dass Joshua es immer sehen kann.“
Ich nickte und dachte daran, dass Abe einmal etwas gegen Schwarzen gehabt hatte. Und jetzt war er da unten und rannte sich die Hacken ab, um einen Hirsch zu erlegen, damit Joshua nicht erfuhr, dass er ein krankes Tier erschossen hatte.
Aber Abe brauchte fast bis zum Abend. Und da erst konnte er einen Hirsch erlegen. Allerdings einen recht kapitalen Burschen. Er war so schwer, dass er ihn an Ort und Stelle ausweiden und zerlegen musste. Er brachte einen Teil davon herauf, und wir sind dann in der Dämmerung noch einmal mit ihm hinuntergegangen und haben das übrige geholt. Das Geweih aber hängten wir über den Eingang zu unserem Stollen. Vom Zelt aus konnte man am Hang hinuntersehen und so hatte Joshua einen Blick auf das Geweih.
*
AM NÄCHSTEN MORGEN war Joshua bei Bewusstsein. Weber hatte ihm wieder Laudanum gegeben, um die Schmerzen erträglicher zu machen. Aber Joshua war wach.
Als ich zu ihm ging, um ihm seinen Kaffee zu bringen, sah er mich aus großen Augen an. Sie leuchteten richtig im Halbdunkel des Zeltes. Und er zwang sich zu einem Lächeln.
„Hast du das Geweih gesehen?“, fragte ich. „Wir haben es extra da unten über den Stolleneingang aufgehängt. Du kannst es von hier aus erkennen.“
„Ich habe es gesehen“, erklärte er mit rauer Stimme.
„Ein prächtiger Bursche, den du da erlegt hast“, sagte ich. Mir war noch nie eine Lüge so leicht von den Lippen gekommen wie in diesem Augenblick.
„Danke, Callahan, danke.“
„Hier ist dein Kaffee. Wir haben eine Suppe gemacht, möchtest du etwas davon?“
Er nickte stumm.
Die Suppe war uns angebrannt. Verdammt noch mal, wir waren nun mal nicht so gute Köche wie Joshua. Das Essen schmeckte, seit er nicht mehr kochte, so hundsmiserabel, aber was sollten wir machen?
„Soll ich dir helfen?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. „Es geht schon, ich habe ja noch die linke Hand.“ Sein Gesicht wirkte mit einem Mal sehr traurig. Er starrte auf seinen bandagierten rechten Arm und sagte dann: „Ich weiß es erst seit gestern Abend.“
Ich nickte. Weber hatte es ihm beigebracht, dass die Hand weg war. Bis zum Abend war Joshua immer noch der Meinung gewesen, die Hand wäre nur verbunden.
„Denk an den Captain“, sagte ich aufmunternd. „Er hatte den ganzen Arm weg. Es gibt doch jetzt neuerdings Hände aus Holz, die werden angeschnallt. Oder aus Leder, ich habe so etwas gesehen bei Männern, die im Krieg die Hand oder den Unterarm verloren haben.“
Er sagte gar nichts, er sah mich nur an. In seinen Augen glomm ein Hoffnungsfunken. Auch wirkte er nicht mehr so ängstlich wie zu dem Zeitpunkt, als Weber und Abe ihn heraufgebracht hatten.
„Soll ich noch etwas für dich tun?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
„Ein herrliches Geweih“, erklärte ich noch einmal und blickte hinunter, wo man die Spitzen des Geweihes sehen konnte. Von unten drangen Hammerschläge herauf, sie waren schon wieder bei der Arbeit.
„Ich muss gehen, ich muss den anderen helfen, Joshua.“
„Ich falle euch zur Last. Es wird noch lange dauern, bis ich euch wieder helfen kann. Und dann nur halb, mit einer Hand“, klagte er.
„Mach dir nichts draus, die Zeit geht auch vorbei. Wir sind noch lange hier. Und ich freue mich auf den Augenblick, Joshua, wo du hier kochst. Verdammt, was wir hier zusammenzaubern, das möchte ich nicht sehr lange futtern müssen. Es ist ein erbärmlicher Fraß.“
Er schluckte tapfer die angebrannte Suppe. Wie muss einem Mann zumute sein, der so gut kochen kann wie Joshua und dann so einen Frass hinunterschlingen muss. Aber er sagte keinen Ton.
„Also, ich gehe jetzt. Zwei Mann können wir nicht entbehren.“
„Callahan!“, rief er mir nach, als ich gerade ins Freie treten wollte.
Ich blieb im Zelteingang stehen und sah mich um. „Was ist, Joshua? Brauchst du noch etwas?“
Er nickte. „Drüben in meinem Packen, da ist mein Ledersack mit dem Gold, mein Anteil. Ich möchte, dass ihr es aufteilt. Ich falle euch zur Last und ...“
Jetzt wurde ich ehrlich wütend. „Du hast wohl einen Knall, was?“, sagte ich zornig.„Joshua, das möchte ich nie wieder hören von dir. Wir sind Partner. Jedem von uns kann etwas zustoßen. Wer am Leben bleibt, bekommt auch seinen Anteil.“
„Aber ich falle euch doch zur Last“, jammerte er.
„Du hältst die Klappe!“, fuhr ich ihn an. „Sag das nie wieder! Und außerdem bilde dir nicht ein, dass du hier die ganze Zeit herumliegen kannst. In zwei Wochen könntest du für uns wieder kochen. Und verdammt, der Fraß, den wir hier selber zaubern, ist schlimm genug, dass du es recht bald versuchen solltest“
Er grinste mich an. „Danke, Callahan, danke“, sagte er leise und in seinen Augen schimmerten Tränen der Freude.
*
DAS FLEISCH DES GEWALTIGEN Weißschwanzhirsches, den Abe erlegt hatte, reichte fast eine Woche. Dann war ich damit dran, Wildbret zu beschaffen.
Wie es üblich war, ging ich früh beizeiten noch in der Dämmerung los, wählte aber nicht den Weg ins Tal, denn ich hatte schon am Vortag mit dem Spektiv in höheren Lagen eine Bergziege entdeckt Oben in der baumlosen Zone waren sie mitunter schwer zu erkennen, weil dort Schnee lag. Aber diese eine hatte sich weiter heruntergewagt und fiel mir vor dem braungrauen Felsen mit ihrem weißen Pelz gut auf. Ich machte mich also dran, die Bergziege zu erlegen; das Fleisch war eine Abwechslung. Es schmeckte anders als das von Hirschen oder Dickhornschafen. Das Fleisch von Dickhornschafen bekam beizeiten einen eigenartigen Geruch. Man konnte es überhaupt nur sehr heiß verzehren. Und mit dem Aufheben war das so eine Sache. Das Fett schmeckte sehr schnell ranzig. Viele Tiere waren noch um diese Jahreszeit relativ fett. Mit der Bergziege war das anders.
Es gelang mir bei Sonnenaufgang, die Fährte der Bergziege zu entdecken, und ich befand mich dazu ziemlich weit oben in der Region, wo teilweise noch Schnee lag.
Von hier aus hatte man auch einen weiten Blick über das Land, über die Gipfel der Berge hinweg. Aber die Luft war verflucht dünn. Je höher ich kam, um so schwerer fiel mir die Kletterei.
Plötzlich СКАЧАТЬ