Название: Marseille.73
Автор: Dominique Manotti
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783867548366
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Eine Problemgruppe von Pieds-Noirs im 15. Arrondissement, Picon und sein Schießsportverein als möglicher Sammelpunkt, ich habe meinen Abend nicht vergeudet. Danke, Mélanie.
Mittwoch, 22. August
Ausgestattet mit der Erlaubnis vom Dicken Marcel, unverzichtbar beim Navigieren im Polizeiapparat, geht Grimbert zur Personalabteilung. Die Freundin seiner Frau hat ihn einer Kollegin empfohlen, er wird freundlich empfangen und so diskret wie möglich in einer Regalecke untergebracht. Er vertieft sich ins Personalregister vom Kommissariat des 15. Arrondissements seit 1961, erstellt eine Liste der Neuzugänge durch Versetzung ab 1962, findet die Namen von vier Polizisten, die 1964 etwa zur gleichen Zeit eintreffen. Fabiani, Solal, Girard, Picon. Er holt sich von jedem Einzelnen die Personalakte. Alle vier sind 1962 repatriierte Schutzpolizisten, drei unterschiedlichen Kommissariaten zugewiesen, gleich 1963 beantragen sie ihre Versetzung ins 15. Arrondissement. Warum gerade das 15.? Freie Stellen? Vielleicht. Er macht weiter. Fabiani kommt 1965 zur Sûreté, durchläuft 1969 das interne Auswahlverfahren zum Inspecteur und wird zur Kriminalabteilung der Sûreté versetzt, wo er immer noch arbeitet. Picon wird 1966 zum Sous-Brigadier befördert, Girard und Solal 1969. Zu diesem Zeitpunkt wird Picon zum Brigadier befördert und dem Zentralkommissariat im Évêché zugewiesen. Grimbert sieht darin die Handschrift des Dicken Marcel. Dann, 1970, wird Girard vom Polizeidienst ausgeschlossen. Keinerlei Information zu den Gründen für diese Sanktion. Der Ärger, den Françoise erwähnt hat? 1970, das ist nicht so lange her, Grimbert durchforstet sein Gedächtnis. 1969–70, die Riesenaffäre um die Raubüberfälle der Susini-Bande. Susini, Nummer zwei der OAS, im Exil, 1968 begnadigt, Aufenthalte in Marseille, Pied-Noir, die Überfälle. Könnte der Ausschluss von Girard mit einer Komplizenschaft mit der Susini-Bande zusammenhängen? Die Geschichte ist noch virulent, da der Prozess nächsten Januar stattfindet. Ich wage einen Versuch, habe nichts zu verlieren.
Zurück zur Kriminalpolizei, um Benoit und Varin zu befragen, die mit der Vorbereitung des Prozesses betraut sind. Gleich nach seinen ersten Sätzen unterbrechen die beiden Männer Grimbert.
»Ultraheikle Geschichte. Die Susini-Bande besteht aus acht Leuten, alles harte Hunde, darunter ein paar Mörder der OAS, keine Spaßvögel, und auf ihr Konto gehen neun fette Überfälle. Die Commissaires, die die Ermittlung geleitet und unter deren Befehl wir gearbeitet haben, bekamen Todesdrohungen und wurden auf eigenen Wunsch versetzt. Das ist der Grund, warum der Prozess so schwer zu organisieren ist. Es gibt echte Sicherheitsprobleme. Diese Geschichte ist eine Bombe. Darum haben wir keine Lust, darüber zu reden.«
»Ich interessiere mich für Girard, nicht für Susini, und ihr kennt mich, ich habe mich noch nie unfreiwillig verquatscht.«
Benoit entschließt sich. »Bei ihrem größten Überfall, dem auf die Banque nationale de Paris im Belle-de-Mai-Viertel, war die ganze Bande als Polizisten verkleidet, was ihr die Arbeit erheblich erleichtert hat. Uniformen, die ein bisschen zu neu waren, picobello. Wer hat sie ihnen geliefert? Ein Kleinganove hat spontan Girard bezichtigt, wir haben seine Spur mehrere Monate lang verfolgt, und wir haben es geschafft, die ganze Bande zu schnappen. Girard ist im Knast, in Sicherheit, und sein Prozess wurde von dem gegen die Bankräuber abgekoppelt, damit er diskret ablaufen kann. Bis zu seinem Prozess hältst du die Klappe, Grimbert, hermetisch.«
»Ich halt die Klappe.«
Girard also, vom Kommissariat des 15. Arrondissements, aufs Engste verstrickt mit den echten Schwergewichten der OAS. Keine Ahnung, ob Marcel davon weiß. Ich werde ihn nicht darauf ansprechen. Nicht jetzt, meine gute Beziehung zu Benoit und Varin erhalten. Stellt Girard im 15. einen Einzelfall dar oder ist die ganze Mannschaft auf der gleichen Wellenlänge? Die Sache wird tatsächlich interessant.
Donnerstag, 23. August
Das Team Daquin zieht Bilanz in Sachen UFRA-Ermittlung. Grimbert hat zwei ernst zu nehmende Fährten, die man verfolgen kann.
»Das Kommissariat des 15. Arrondissements ist möglicherweise mit der Susini-Bande verquickt …«
Das macht Eindruck auf Daquin und Delmas. Man hat es mit der Spitzenklasse zu tun.
»Eine andere Fährte: Brigadier Picon, dem ich mal begegnet bin. Ich war noch bei den Uniformierten, als er 1962 kam. Er ist kein guter Bulle, nicht zuverlässig, nicht sorgfältig, nicht geduldig. Aber er verfügt über eine Form von Schläue und ein Gespür für Kontakte, was ihm erlaubt hat, Karriere zu machen. Er gehört zum engen Kreis vom Dicken Marcel, der ihn als Brücke zu den Pieds-Noirs braucht.«
»Und wie wird der Dicke Marcel reagieren?«
»Keine Sorge. Ich war bei ihm. Ich habe meinen Passierschein.«
»Jetzt Sie, Delmas.«
»Ich habe mich für Asensio interessiert, den UFRA-Verantwortlichen für das Departement Bouches-du-Rhône. Sagen wir, ein Werdegang wie aus dem Bilderbuch. Er hatte eine schöne Weinhandelsfirma in Oran, verheiratet, kinderlos. Seine Frau stirbt 1960. 1961 kommt er mit der ersten Heimkehrerwelle nach Marseille. Da ist er fünfundvierzig und hat alles verloren, als er Algerien verließ, aber er geht vor der großen Welle und lässt sich in Marseille nieder. Weniger als ein Jahr später: Geniestreich, er tut sich mit einem Korsen zusammen – ungewöhnlich für einen Pied-Noir –, um eine Peugeot-Konzession zu erwerben. Umso ungewöhnlicher, als sein Partner, Battiste Paolini, ein Vertrauter von Charles Pasqua ist, diesem Gaullisten der ersten Stunde und Mitgründer des SAC, des gaullistischen Ordnungsdiensts. Der führte damals einen geheimen und brutalen Krieg gegen de Gaulles Gegner, zu deren erbittertsten die Männer der OAS gehören, die wiederum eng mit dem Pied-Noir-Milieu verflochten sind. Paolini wird sehr schnell eine wichtige Figur im SAC. Ich habe in der Presse Artikel und Fotos gefunden. Als guter Korse erweist er den Guérini-Brüdern einige Dienste, den Bossen der Marseiller Unterwelt, was leichte Spuren in seinem Strafregister hinterlässt. Unterdessen baut Asensio seine Beziehungen zu den Pied-Noir-Verbänden aus und freundet sich mit Alvarez an, dem Gründer der UFRA. Ich war in der Handelskammer, wo ich ein Dokument gefunden habe, das ein Loblied auf die Peugeot-Konzession singt und uns außerdem ein paar Orientierungspunkte gibt. Die Firma wächst, diversifiziert sich. 1965, als Pasqua Marseille verlässt, um nach Paris ›aufzusteigen‹, reist Paolini nach Abidjan, um dort eine Verkaufsniederlassung für Peugeot-Neu- und Gebrauchtwagen aufzumachen. Zwei Jahre später gründet er eine Tochterfirma in Marseille, die Luxusautos mit Chauffeur-Leibwächter vermietet und sechs oder sieben Wagen besitzt. Die Kundschaft besteht aus durchreisenden Milliardären, die in der Region und bis in die Umgebung von Nizza unterwegs sind. Das Geschäft scheint zu brummen.
Um auf Asensio selbst zurückzukommen, so hat er keine Geldsorgen. Er bewohnt ein Appartement in einem Gebäude der UFRA, das hat er gekauft, als der Verein sich im selben Haus eingerichtet hat. Die Sekretärin, Nadia Mokhrani, wohnt ebenfalls dort. Ich frage mich, ob nicht ein Finanzschwindel dahintersteckt …«
Daquin unterbricht ihn. »Oder etwas anderes. Nadia Mokhrani ist eine sehr schöne Frau.«
»Richtig. Ich habe ein bisschen gegraben, um herauszufinden, in welcher Beziehung sie zu Asensio steht. Ich war überrascht. Vor 1967 habe ich nichts über sie gefunden. Zu diesem Zeitpunkt ist sie fünfzehn und Asensio wird ihr gesetzlicher Vormund, und zwar dank einem surrealistischen Procedere: Über das Mädchen existieren keinerlei Daten zur Person, sie kommt aus dem Nichts, kein gesetzlicher Elternteil am Horizont, aber dank zahlreicher Fürsprecher, darunter Alvarez, der UFRA-Geschäftsführer, geht der Vorgang glatt durch. Asensio übernimmt im gleichen Jahr die Leitung der Vereinsniederlassung im Departement Bouches-du-Rhône, Alvarez und er werden unzertrennlich. Jetzt СКАЧАТЬ