Название: Der Kaiser
Автор: Geoffrey Parker
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806240108
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»damit er nach dem Ende dieser Bürgerkriege (und so sollten wir sie nennen, da sie ja unter Christen wüten) … die Türken und Muselmanen in ihren eigenen Ländern aufsuche und – indem er unseren heiligen katholischen Glauben verherrlicht, wie es schon seine Vorfahren taten – das Reich von Konstantinopel und die Heilige Stadt Jerusalem zurückerobere, die unserer Sünden wegen besetzt sind, auf dass (wie viele schon geweissagt haben) unter diesem allerchristlichsten Herrscher jedermann unseren heiligen katholischen Glauben annehme und die Worte unseres Erlösers erfüllt werden mögen: ›Nur eine Herde und einen Hirten soll es geben!‹ [vgl. Joh 10,16]«7
Um die »Bürgerkriege« zu beenden und damit den Auftakt zu jenen anderen hochgesteckten Zielen zu geben, sahen Karls Minister zwei Optionen: Entweder konnte der Kaiser in Absprache mit Heinrich VIII. die Eroberung und Aufteilung Frankreichs in Angriff nehmen, so wie sie es in ihrem »Großen Vorhaben« anvisiert hatten, oder er konnte Franz im Alleingang dazu zwingen, seine Freiheit mit erheblichen territorialen Zugeständnissen zu erkaufen. Der Herzog von Bourbon favorisierte die erste Option und versprach Heinrich, dass er ihm »die Krone von Frankreich auf das Haupt setzen werde, und zwar schon bald; und dass inzwischen schon mit 100 000 Kronen mehr zu deren Erlangung getan werden könne, als zuvor mit 500 000 Kronen möglich gewesen wäre, weil eben der König [Franz] und die meisten seiner adligen Gefolgsleute und Heerführer entweder gefangen oder gefallen waren«.8 Andere sprachen sich für die zweite Option aus. Als er von dem überraschenden Sieg bei Pavia erfahren hatte, mahnte Karls Botschafter in Rom seinen Herrn (ganz ähnlich, wie es auch Lannoy getan hatte): »Ihr habt nun keine Zeit zu verlieren: Ordnet alles Nötige an«, um den Franzosen größere Zugeständnisse abzuzwingen. Ferdinand pflichtete bei: Sein Bruder solle »sein Glück nun nutzen und sicherstellen, dass weder der jetzige König von Frankreich noch seine Nachfolger jemals die Stärke haben werden, Euch oder Euren Nachfolgern gefährlich zu werden«. Insbesondere solle Karl »das Schicksal des Hannibal vermeiden, das jener erlitt, nachdem er die Römer bei Cannae vernichtend geschlagen hatte«, – und die beste Art, dies zu tun, fuhr Ferdinand fort, war es, dem König von Frankreich »einige Federn aus seinen Schwingen zu rupfen, sodass er nicht mehr fliegen kann, wie sehr er sich auch anstrengt, und dann können der Kaiser und seine Nachfolger sicher sein, sich eines ewigen Friedens zu erfreuen«.9
Gattinara stimmte zu und berief sich dabei auf denselben antiken Präzedenzfall, wie Ferdinand es getan hatte: »Man wird von Euch sagen, was man über Hannibal gesagt hat: Ihr wisst Schlachten zu gewinnen, aber Ihr wisst Eure Siege nicht auszunutzen.«10 Deshalb unterbreitete der Kanzler Karl und seinem Rat zwanzig konkrete Vorschläge dazu, wie man dem gallischen Hahn »einige Federn aus seinen Schwingen rupfen« konnte. Zunächst sei es absolut notwendig, Franz weiterhin gefangen zu halten, »bis wir einen dauerhaften Frieden vereinbart und vollzogen haben mit dem Rat und der Zustimmung aller Stände, Gerichtshöfe und sonstigen Autoritäten Frankreichs«. Mit Franz selbst sollte Karl gar nicht verhandeln, sondern mit dessen Mutter, der Regentin Luise von Savoyen, weil »es viel besser, ehrenhafter und auch sicherer ist, mit freien Menschen zu verhandeln als mit Gefangenen«. Diese müsse im Namen ihres Sohnes unverzüglich alle Ansprüche auf das Artois, Burgund, Flandern, das Herzogtum Mailand und das Königreich Neapel aufgeben und Karl alles zurückgeben, »was dem verstorbenen Herzog Karl [dem Kühnen] durch die Verträge von Arras, Conflans und Péronne zuteilgeworden«, jedoch später von Frankreich annektiert worden war (die besagten Verträge waren 1435, 1465 und 1468 geschlossen worden). Sie dürfe zudem den Herzog von Geldern sowie Robert de La Marck und alle anderen, die Karl angegriffen hatten, nicht weiter zu schützen versuchen und müsse »Monsieur de Bourbon wieder in sein Recht setzen und begnadigen und ihm die Provence geben, da sie ein Reichslehen ist«. Auch die Unterstützer des Herzogs, die ins Exil gegangen waren, sollten rehabilitiert werden. Weiter schlug Gattinara noch vor, der Papst solle »dazu gebracht werden, ein allgemeines Konzil einzuberufen«, um die Kirche zu reformieren. Außerdem hätten er und alle anderen, die sich jüngst gegen Karl gewandt hatten (insbesondere die Republik Venedig) einen Beitrag zum Unterhalt von Karls Italienarmee zu leisten.11
Der Kaiser erteilte diesen umfangreichen Forderungen seinen Segen, und Ende März machten seine Boten sich auf den Weg, um sie Luise von Savoyen zu überbringen. »Ihr müsst uns unverzüglich von ihrer Reaktion auf all diese Punkte in Kenntnis setzen«, beharrte er, »damit wir bald wissen, ob es Frieden geben wird oder ob wir einen anderen Weg einschlagen müssen, um unser rechtmäßiges Eigen zurückzugewinnen«. In einem Brief an Lannoy legte der Kaiser dar, was genau er sich unter diesem »anderen Weg« vorstellte. Zunächst versicherte er dem Vizekönig, dass »wir nicht die Absicht haben, unsere Truppen an irgendeinem der Kriegsschauplätze nach Hause zu schicken, damit wir, sollten wir durch Milde (doulceur) keinen Frieden erlangen können, umso bereiter sein werden, ihn mit Gewalt anzustreben und auch zu gewinnen«. Falls die Franzosen seine Bedingungen ablehnten »oder versuchen sollten, unsere Zeit zu verschwenden mit Verzögerungen und schönen Worten«, dann werde er selbst ein Heer in das Languedoc führen, während Lannoy und der Herzog von Bourbon entweder in die Dauphiné oder die Provence einfallen sollten. In Avignon würden sie ihre Kräfte dann vereinen. Zwar meinte Karl, im Moment sei »noch nicht die Zeit, mit Härte vorzugehen, um den Papst und die Venezianer nicht zu verprellen und mit ihnen fast den ganzen Rest Italiens«, jedoch hätten die Herrscher Italiens »ihre Feindseligkeit uns gegenüber deutlich erkennen lassen«, weshalb sie natürlich Strafe verdienten. Der Vizekönig müsse daher so handeln, »wie es Euch am besten erscheint, entweder indem Ihr Milde walten lasst oder indem Ihr Euch verstellt und abwartet, bis eine Lösung sich deutlicher abzeichnet«.12 Darüber hinaus sah der Kaiser »nichts Weiteres, das unternommen werden könnte – abgesehen von einem Angriff auf die Heiden, der mir schon lange vorschwebt und ganz besonders jetzt«, und so bat er Lannoy inständig: »Helft mir, diese Dinge zufriedenstellend zu regeln, damit ich Gott einen Dienst erweisen kann, solange ich noch jung bin.«13
Die Initiative geht verloren
Damit hatte Karl die erste in einer ganzen Reihe von katastrophalen Fehleinschätzungen begangen. Der eigenhändige Brief, den er seinen Friedensforderungen an Luise von Savoyen beilegte, war nicht nur unangemessen, sondern geradezu unverschämt. Anstatt sie – wie in seinen früheren Briefen – als »Meine gute Frau Mutter« anzureden, richtete Karl seinen Brief an die »Frau Regentin« und beendete ihn mit der eher kühl formulierten Hoffnung, dass »Ihr diese Forderungen, die nur recht und billig sind, nicht ablehnen werdet«. Luise antwortete im selben Tonfall. Sie teilte den Gesandten des Kaisers mit, dass sie dessen Forderungen für »maßlos übertrieben« hielt, und erklärte »mit hochmütigen Worten«, sie sei »bereit, das Reich zu verteidigen, selbst wenn der König gefangen ist«. Zwar zeigte Luise sich gewillt, über ein Lösegeld für ihren Sohn zu verhandeln, aber sie weigerte sich, »auch nur ein Fußbreit französischen Bodens« aufzugeben.14 Und noch einmal schätzte Karl die Dinge falsch ein, als er – gegen Gattinaras ausdrücklichen Rat – beschloss, nicht nur mit Luise, sondern auch mit Franz selbst in Verhandlungen zu treten. Dazu ließ er dem König eine Abschrift seiner Friedensforderungen übersenden und befahl Lannoy, seinen Gefangenen von der Lombardei nach Neapel zu überführen. Eine solche Chance ließ Franz nicht ungenutzt. Nachdem er »die Forderungen« gelesen hatte, »die Ihr zu stellen beliebt«, formulierte er eine Reihe von Gegenforderungen – natürlich alles »in der Hoffnung, Euch zufriedenzustellen« (und wohl auch, um dem drohenden Abtransport nach Neapel zu entgehen). Franz erklärte sich bereit, Karl alles zu gewähren, was dieser in Italien und den Niederlanden verlangte, sofern er dafür die Schwester des Kaisers, Eleonore, heiraten durfte (die zurzeit noch dem Herzog von Bourbon versprochen war) und ihr künftiger Sohn die Herzogtümer Burgund und Mailand als Apanage erhielte. Dem Herzog von Bourbon bot Franz zudem nicht nur eine vollständige Restitution, sondern auch die Hand seiner Cousine Renée an (mit der Karl einmal verlobt СКАЧАТЬ