Название: Der Kaiser
Автор: Geoffrey Parker
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806240108
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Nachdem er sechs Wochen lang in England geschlemmt, gespielt und verhandelt hatte, empfing Karl die heilige Kommunion und ging an Bord einer Flotte, die 3000 deutsche Landsknechte mit sich führte – wesentlich mehr, als sein Vater achtzehn Jahre zuvor bei sich gehabt hatte. Am 16. Juli 1522 ging er in Santander an Land und begab sich auf den Weg in das Landesinnere, wobei er »jagte und sich vergnügte«, bis er drei Wochen später in Palencia ankam. Heinrich berichtete er, dass zahlreiche »Granden, Edelleute, Prälaten und einflussreiche Personen an unseren Hof gekommen sind und dabei die denkbar größte Demut und Ergebenheit an den Tag gelegt haben, und alle, groß und klein, haben sich als unsere treuen Untertanen und Diener erwiesen«. Daher fühlte Karl sich sicher genug, seine deutschen Truppen zur Verteidigung der spanisch-französischen Grenze abzukommandieren, während er selbst »anfing, Ordnung in diese Königreiche zu bringen«.24
Spanien wird befriedet
Doch wessen Ordnung sollte das sein? Sobald Karl von der Papstwahl seines früheren Erziehers erfuhr, die ja dessen Fortgang aus Spanien bedeuten würde, setzte er eine Urkunde auf, mit der er seine (kürzlich verwitwete) Schwester Eleonore zu seiner Regentin in Kastilien machte; für die Zeit bis zu Eleonores Ankunft ernannte er den Admiral und den Condestable von Kastilien zu einer Regentschafts-»Doppelspitze«. Der Admiral drängte seinen Herrn, den Comuneros Zugeständnisse zu machen und ihnen Milde zu versprechen, da sonst »keiner des Nachts ruhig schlafen kann, weil schon der kleinste Windhauch sie glauben lässt, nun seien die Leute des Königs da, um sie zu verhaften«. Beherzt rief er Karl in Erinnerung: »Ihr seid nicht Gott, der überall zugleich sein kann, sondern ein Kaiser, der auf Erden wandelt. Wenn Ihr behalten wollt, was Ihr besitzt, wird Liebe Euch dienlicher sein als Furcht.« Dem stimmten nur wenige zu. Selbst Hadrian sprach sich für ein repressives Vorgehen aus und riet Karl, all seine Ressourcen zu mobilisieren, »damit Ihr all jene bestrafen könnt, die Aufruhr und Rebellion über Eure Königreiche gebracht haben«. Der Regentschaftsrat, den die Comuneros gedemütigt und bedroht hatten, begann derweil damit, alle früheren Rebellen zu inhaftieren, deren er habhaft werden konnte.25
Jean Glapion, der Beichtvater des Kaisers, hatte diesem gesagt: »Mit jeglicher Tugend seid Ihr gesegnet, außer mit dieser: dass Ihr erlittene Kränkungen verwindet«. Tatsächlich sprach Karl oft davon, »Rache« an denen zu nehmen, die ihn seiner Ansicht nach beleidigt hatten – ganz wie die burgundischen Ritter aus den Büchern, die ihm so viel bedeuteten.26 Sobald er in Spanien eingetroffen war, ordnete er die Hinrichtung einiger deutscher Söldner an, die man in der nordspanischen Provinz Guipúzcoa gefangen genommen hatte, wo sie in französischen Diensten kämpften. Karl wollte »ein Exempel statuieren, damit jeder, der sich mir widersetzt, weiß, welches Schicksal ihn erwartet, weil er sich gegen den Kaiser gestellt hat«. Auch bei der Bestrafung der Comuneros verlor Karl keine Zeit: Schon im August teilte er seiner Tante Margarete mit, er habe »die Gerichtsverfahren gegen zehn oder zwölf der Hauptverantwortlichen aus der Junta von Tordesillas begonnen, die letztes Jahr gefangen genommen wurden«, und fügte hinzu: »Ich will sie so abschreckend bestrafen, dass man sich für alle Zeiten daran erinnern wird.« Im Laufe der folgenden zwei Monate bestätigte Karl fast einhundert Verurteilungen früherer Comuneros, darunter auch einige, die vorläufig begnadigt worden waren – bis er dann eines Tages gesagt haben soll: »Das reicht einstweilen, vergießt nun kein Blut mehr.« Am 1. November 1522 wurde auf dem Hauptplatz von Valladolid im Beisein Karls, der auswärtigen Botschafter an seinem Hof sowie führender Adliger und Hofleute eine allgemeine Amnestie für alle früheren Rebellen verkündet – für alle außer 293 Personen, die namentlich genannt wurden. Zu diesen Ausnahmefällen, den exceptuados, denen Karl keine Gnade gewährte, zählten auch 63 Adlige und 21 Priester.27
Am Prozess der Vergeltung nahm der Kaiser regen persönlichen Anteil. Wie Ferdinands Gesandter Martín de Salinas festhielt: »Seine Majestät ist so umfassend darüber unterrichtet, welche Missetaten jeder Einzelne von ihnen begangen hat, dass man meinen könnte, er selbst hätte ihre Geständnisse protokolliert.«28 Jeden Anschein einer kollektiven Bestrafung – indem man etwa die königliche Kanzlei aus Valladolid anderswohin verlegte oder die Märkte und Messen aus Medina del Campo – lehnte Karl strikt ab. Im Ergebnis änderte die Niederschlagung des Comuneros-Aufstandes deshalb nichts an der traditionellen politischen Struktur Kastiliens. Aber die Strafgelder, die den am Aufstand führend beteiligten Städten auferlegt wurden, sowie die Steuern, die man nun erhob, um diejenigen zu entschädigen, die loyal geblieben waren und materielle Verluste erlitten hatten, schwächten Handwerk und Gewerbe im ganzen Königreich doch sehr.29
Gegen die Beteiligten an dem Germanías-Aufstand von Valencia ging Karl noch ungleich härter vor. Die Strafaktion begann nach dem Tod ihres populären Anführers, der als »El Encubierto« (»der Verborgene«) bekannt war. Dieser »Verborgene« hatte behauptet, der nachgeborene Sohn des jung verstorbenen Infanten Johann zu sein, des einzigen Sohnes und Erben der Katholischen Könige – was ihn (und nicht Karl) zum rechtmäßigen König gemacht hätte. Der Kaiser ernannte nun seine Stiefgroßmutter, Germaine de Foix, zur Vizekönigin und wies sie an, die Ordnung im Königreich Valencia wiederherzustellen, »ohne dabei auch nur die geringste Gnade walten zu lassen«. Dem valencianischen Chronisten Martí de Viciana zufolge fanden erste Festnahmen von Rebellenführern (darunter wie in Kastilien einige vorläufig begnadigte) still und leise in den Nachtstunden des 10. Januar 1524 statt. Während der nächsten vier Jahre genehmigte die Vizekönigin die Hinrichtung von rund 800 vormaligen Rebellen, von denen viele zuvor gefoltert worden waren. Viciana schätzte den materiellen Schaden durch die Germanías auf eine Summe von rund zwei Millionen Dukaten; insgesamt waren nach seinen Angaben etwa 12 000 Menschen in Kämpfen und Scharmützeln sowie durch Richterspruch zu Tode gekommen. Einzig und allein die finanziellen Erfordernisse des Kriegs gegen Frankreich brachten Karl dazu, dem Blutvergießen Einhalt zu gebieten – und den meisten der überlebenden Rebellen eine Begnadigung zu verkaufen.30
Einen weigerte sich der Kaiser jedoch zu begnadigen: Antonio de Acuña, seines Zeichens Bischof von Zamora, der sich einst »Generalkapitän der Comuneros« genannt hatte. Schon 1520 hatte der spanische Botschafter in Rom Papst Leo dazu gebracht, Acuña die rechtliche Immunität zu entziehen, die für Kleriker üblicherweise galt. Dem Papst hatte er einfach erzählt – ohne die Spur eines Beweises dafür vorzubringen –, Acuña sei »ein zweiter Martin Luther«. Zwei Jahre später schaute in Valladolid eine große Menschenmenge zu, wie Rodrigo Ronquillo, ein königlicher Amtsträger, »den Bischof von Zamora mitten durch die Stadt führte, bewacht von spanischer Reiterei, um ihn in die Festung Simancas zu bringen«. Nun verlangte Karl von Papst Hadrian, er solle die Folter Acuñas erlauben (unter der Androhung, dass, »wenn Seine Heiligkeit dies nicht gestattet, wir gezwungen sein werden, nach unserem Urteil andere Mittel zu ergreifen«).31 Verzweifelt bot Acuña Karl 60 000 Dukaten für seine Freiheit. Als man ihm sagte, dass »Seine Majestät darauf nicht eingehen will, obwohl er das Geld dringend bräuchte«, unternahm der Gefangene kurzerhand einen Fluchtversuch, bei dem er den Burgvogt von Simancas erstach. Allerdings wurde Acuña rasch wieder eingefangen, und Karl ordnete an, »dass der Bischof von Zamora in die Folterkammer gebracht werde«, wo man ihm »beide Hände hinter dem Rücken festband und das Seil über einen Flaschenzug führte«, um ihn »so weit hochzuziehen, dass seine Füße ein kleines Stück über dem Boden baumelten«. Schließlich belastete der Bischof drei Komplizen, von denen einer, ein Priester, sein Geständnis später nicht selbst unterschreiben konnte, »weil seine Hand von der Folter so schwer beschädigt war«. Am Ende »erdrosselte [Ronquillo] den Bischof ohne weitere Formalitäten«.32
Doch СКАЧАТЬ