Der Kaiser. Geoffrey Parker
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Название: Der Kaiser

Автор: Geoffrey Parker

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806240108

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СКАЧАТЬ die Erzherzogin Margarete von Österreich als »den wahren ›starken Mann‹ ihrer Familie«, der »das Haus Habsburg groß gemacht« habe.1 Ähnlich wie die lobende Darstellung Henri Pirennes ist auch Michelets Eloge in Wahrheit eine Übertreibung: Zwar erwies die Erzherzogin sich als eine fähige Verwalterin und raffinierte Diplomatin; aber ihr Vater Maximilian erreichte doch beträchtlich mehr, indem er nicht nur die Franzosen davon abhielt, die Niederlande zu annektieren, sondern zudem noch die Grundlagen für die kommenden 400 Jahre habsburgischer Vormacht in Mitteleuropa legte.

      Noch aus den alltäglichsten Verwaltungsdokumenten geht Margaretes untergeordnete Stellung deutlich hervor: Gewöhnliche Briefe unterschrieb sie »im Namen des Kaisers, Margarete«, während Proklamationen »im Namen des Kaisers und des Erzherzogs« ergingen. Auch ernannte ihr Vater selbst alle höheren Amtsträger, weltliche wie geistliche, in den gesamten Niederlanden. Obwohl er 1510 – »der Bittsteller müde, die ihn ohne Unterlass belästigen« – versprach, in Zukunft den Empfehlungen Margaretes und ihres Rates zu folgen, bombardierte »Maxi« (wie der Kaiser selbst seine Briefe unterschrieb) seine Tochter auch weiterhin mit Anordnungen – im persönlichen Gespräch, wenn er sich gerade in den Niederlanden aufhielt, ansonsten in Briefen, oft von eigener Hand.2

      Von Zeit zu Zeit gerieten die beiden aneinander. 1507 kritzelte Margarete eine eilige Mitteilung an einen der Ratgeber ihres Vaters und flehte, der Kaiser solle »zuerst mir mitteilen, was er zu tun beschlossen hat – und nicht so, wie er es für gewöhnlich hält, nämlich mir eine Sache mitteilen und dann etwas anderes tun«. Zwei Jahre später erregte Maximilians Entscheidung, einem Gläubiger Teile der Franche-Comté (Freigrafschaft Burgund) zu übertragen – ein Gebiet, das der Kaiser seiner Tochter überlassen hatte –, Margaretes Zorn. »Mein Herr, es verschlägt mir die Sprache«, empörte sie sich, »denn ich will doch meinen, dass ich, Eure einzige Tochter, allen anderen vorgezogen werden sollte.« Jedenfalls, fuhr sie wütend fort, »wenn Ihr denn entschlossen seid, jene Länder an Euch zu nehmen, dann tut es und macht damit, was Ihr wollt – ja, nehmt nicht nur diese, sondern den Rest der Freigrafschaft noch dazu und alles, was ich besitze, denn in nichts wollte ich Euch ungehorsam sein«.3 Tiraden wie diese führten manchmal dazu, dass es aus dem Wald (wie man so schön sagt) ganz ähnlich herausschallte: 1508 erklärte der Kaiser, die Briefe seiner Tochter seien »so voller Rätsel, dass es mir unmöglich ist, sie zu verstehen oder auch nur ihren Betreff zu erkennen«, und hilfreicher Vater, der er war, gab er ihr gleich noch einen Leitfaden für die künftige Korrespondenz an die Hand (am Wichtigsten: »schreibt nicht zehn Zeilen, wo drei genügen«). Zwei Jahre darauf sandte er Margarete alle jene ihrer »Briefe zurück, die wir nicht verbrannt haben«, weil sie derart »unsinnig [schienen], dass ich bald glaube, Ihr müsst mich für einen Franzosen halten« (offenbar die schlimmste Beleidigung im Arsenal des Kaisers). Und dann rief Maximilian seiner Tochter etwas Entscheidendes in Erinnerung: »Ich war es, der Euch auf Euren Posten als Statthalterin über unsere Gebiete und Untertanen berufen hat, und ich habe immer nur Gutes von Euch gesprochen.« Jedoch, so die abschließende Drohung des Kaisers: »Wenn Ihr mir weiterhin grundlos solch unverschämte Briefe schreibt, werdet Ihr mich wohl bald dazu bringen, dass ich es mir anders überlege«.4

      Das war nichts als eine leere Drohung, und Maximilian wusste das auch: Nur seine Tochter war in der Lage, seine politischen Vorhaben adäquat umzusetzen, und deshalb begegnete er ihr in aller Regel mit Zuneigung und Rücksicht. So bereute er es etwa augenblicklich, als er sie einmal aufgefordert hatte, unverzüglich nach Luxemburg zu kommen, um dort seine Anweisungen persönlich entgegenzunehmen, da »dies Eure Bemühungen um die 12 000 Soldaten in den Niederlanden behindern würde, für deren täglichen Sold Ihr sorgst, und das ist zur Zeit von allen unseren Angelegenheiten die wichtigste; deshalb wollen wir uns die Mühe machen und Euch aufsuchen.« Mit der Zeit lernte Maximilian sogar, politische Ratschläge von seiner Tochter anzunehmen. Als Margarete erfuhr, dass ihr Vater die Ernennung von Karls jüngerem Bruder Ferdinand zum Großmeister der spanischen Militärorden erlauben wollte, teilte sie ihm in knappen Worten mit, dass dies eine fatale Entscheidung wäre, »die nichts auf der Welt rechtfertigen könnte«, weil »sie geeignet wäre, den Prinzen Karl um die spanischen Königreiche zu bringen«. Maximilian ruderte unverzüglich zurück.5

      Ihrem Vater ins Gesicht zu widersprechen, fiel Margarete da schon schwerer. Viermal besuchte Maximilian nach Philipps Tod die Niederlande – zwischen November 1508 und März 1509, im Frühjahr 1512, im Sommer 1513 und noch einmal Anfang 1517 –, und bei all diesen Gelegenheiten verbrachte er viel Zeit mit seiner Tochter und seinen Enkeln. Mit dem ersten Brief, der von Karls älterer Schwester Eleonore erhalten ist, teilte diese Margarete mit, dass »weil Ihr glücklich seid, wenn wir es sind, ich euch sagen wollte, dass unser Großvater zu Besuch gekommen ist, was uns allen eine große Freude bereitet hat«.6 Die »große Freude« der Kinder ist schnell erklärt: Maximilian war eine Frohnatur, und er hatte ein Herz für seine Enkelkinder. Er aß mit ihnen, tanzte mit ihnen, steckte ihnen ein paar Münzen zu, damit sie ein Kartenspiel veranstalten konnten, und unternahm mit ihnen Ausflüge – mit der Kutsche oder einem Boot – zu seinen diversen Residenzen in und um Brüssel und Antwerpen. Einmal, es war im Jahr 1509 und Karl hatte gerade seinen Eid als Graf von Flandern geleistet, bahnten er und sein Großvater sich ihren Weg durch die dicht belebten Straßen von Gent und »warfen und verteilten Münzen, indem sie ›Largesse!‹ riefen« (also »Großzügigkeit«). Welcher neunjährige Junge würde so etwas je vergessen? Und als Maximilian einmal im Brüsseler Herzogspalast Quartier nahm, gab er eigens Anweisung, dass »unser [Enkel-]Sohn im Gemach gleich neben dem unsrigen [untergebracht] sein« solle.7 Die Geschenke für seine Enkel wählte er mit Bedacht. Nach einem anstrengenden Tag auf der Jagd sandte er seinen Enkelinnen einmal »ein Teil von einem Stück Wild, das ich heute erlegt habe«, damit es »ihnen zum Mittag- oder zum Abendessen zubereitet werden kann«. Bei anderer Gelegenheit schenkte er Karl ein Paar Spielzeugritter zu Pferde, aus Messing mit hölzernen Lanzen. Unten waren sie mit Rädern versehen und konnten mithilfe von Rollen und Schnüren in Bewegung gesetzt werden, damit Karl und seine Spielkameraden sich schon einmal im Turnierkampf üben mochten (Abb. 4).8 1512 ließ der Kaiser für den Prinzen einen mit Gold und Silber verzierten Turnierharnisch anfertigen, der die Insignien des Ordens vom Goldenen Vlies zeigte. Auch schenkte Maximilian seiner Tochter ein »großes Pergamentbuch mit einer Fülle von gesungenen Messen darin«, das er bei einem renommierten Schreiber 1511 »als ein Neujahrsgeschenk« in Auftrag gegeben hatte: Auf der Titelseite war der gütig dreinschauende Kaiser zu sehen mit Margarete, Karl und dessen Schwestern zu seinen Füßen – das Musterbild einer glücklichen Familie (Abb. 5).9

      Maximilian wusste um den Wert dieser vielfältigen Zuwendungen. Er selbst war in verhältnismäßig bescheidenen Verhältnissen im östlichen Mitteleuropa aufgewachsen, bis er schließlich 1477, er war gerade einmal achtzehn Jahre alt, zu einem waghalsigen Ritt quer über den Kontinent aufbrach, um Maria von Burgund zu heiraten. Die nächsten fünfzehn Jahre hindurch war er beinahe ohne Unterlass damit beschäftigt, sich gegen Feinde und Gegner im Inneren wie im Äußeren zur Wehr zu setzen, um sein Erbe zu verteidigen. Die Kultur des burgundischen Hofes zog ihn derweil derart in ihren Bann, dass er – wie sein bedeutendster neuerer Biograf, Hermann Wiesflecker, schreibt – »als völliger Burgunder« in das Reich zurückkehrte.10 Aber vor allem verschrieb Maximilian sich dem übergeordneten burgundischen Vorhaben, ein »christliches Weltreich wiederherzustellen«. Dazu, glaubte er, würde er zunächst Frankreich neutralisieren müssen, um dann an der Spitze eines Kreuzzugs nach Osten zu ziehen und Konstantinopel von den Türken zurückzuerobern. Maximilians kühne Träume kannten keine Grenzen. Er nannte sich »Pontifex Maximus« und hoffte, nach seinem Tod – wie einige seiner Vorgänger als Kaiser, darunter auch Karl der Große – heiliggesprochen zu werden. Tatsächlich agierte er nicht nur als Kaiser, sondern auch wie ein Papst: vergab Pfründen, eignete sich Klostereinkünfte und die Einnahmen aus Kreuzzugsablässen an. Auch sprang er mit Päpsten um, als wären sie seine Patriarchen, wobei er bis zuletzt nicht verstand, warum (wie er einmal klagte), »solange ich lebe, mir noch kein einziger Papst sein Wort gehalten hat« – eine Klage, die fast dreißig Jahre später Karl beinahe wörtlich gegenüber seinem Erben wiederholen sollte.11 Und obwohl Maximilian seinen »großen Kriegsplan« des Jahres СКАЧАТЬ