Название: Die Geschichte Chinas als Geschichte von Fetischverhältnissen
Автор: Raimund Philipp
Издательство: Автор
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783534400232
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Da der Schwerpunkt der westlichen sinologischen Forschung auf den angelsächsischen Raum übergegangen ist – vornehmlich den USA -, werden die von den Autoren verwendeten modernen Kategorien an Hand englischer Lexika überprüft. Hätten die Verfasser der einschlägigen Abhandlungen auch nur einen Blick in ein englisches etymologisches Wörterbuch oder noch simpler in das Oxford Dictionary and Usage Guide to the English language (nachfolgend zit. als Weiner/Waite) geworfen, hätte ihre Formulierung bei der Bezeichnung bestimmter Begriffe und Sachverhalte anders ausfallen müssen (siehe z.B. die Wortwahl von Yan/Wang weiter oben; dazu im entsprechenden Kapitel ausführlich). Was immer die hier nur exemplarisch genannten Autoren – zu ihnen gesellen sich noch eine Vielzahl anderer – geritten haben mag, sie müssen sich mindestens den Vorwurf der ideologischen Verbrämung gefallen lassen. Aber damit ist der Fall nicht erledigt. Deshalb ist es notwendig, die ideologische Rückprojektion moderner Kategorien aus den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen des neolithischen „Vor-China“ herzuleiten, so wie dies in dem Kapitel über Die Grundkategorien des modernen warenproduzierenden Systems und ihre abgeleiteten Funktionselemente im Allgemeinen geschehen ist. Dass dabei nicht jede der nahezu unzähligen Veröffentlichungen über diesen Zeitraum durchforstet und zitiert werden kann, leuchtet wohl ein. Das ist aber auch nicht notwendig. Schon deshalb nicht, weil in jeder dieser Publikationen mehr oder weniger häufig moderne Kategorien rückprojiziert und ontologisch auf das „vorchinesische“ Neolithikum angewandt werden. Die tiefere Ursache für diese transhistorischen Rückprojektionen liegt im globalen Siegeszug des Aufklärungsdenkens, wie Robert Kurz treffend feststellt:
„Das Aufklärungsdenken, zu seiner Zeit noch als distinkte und unerhörte, teils sogar geradezu schwer verständliche Denkweise aufgefallen, ist nicht nur zur Voraussetzung alles weiteren theoretischen Denkens überhaupt geworden, sondern in das allgemeine gesellschaftliche Bewusstsein eingegangen und als eine Art bewusstlose Sedimentation auch zur nicht-reflexiven Denkweise des bürgerlichen Alltagsverstands geworden. Und auch als solches ist es von Grund auf zu destruieren“ (Kurz 2004a, S. 18).
Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Sinologen, egal aus welchem Kulturkreis der Welt sie stammen mögen, egal welche Muttersprache sie sprechen, diesem Aufklärungsdenken als ideologischem Wegbereiter und Wegbegleiter des Kapitalverhältnisses erlegen sind.
Den Abschluss dieser Abhandlung bildet das Kapitel Theorie ist nicht alles, aber ohne Theorie ist alles nichts. Am Beispiel der Analyse der Schriften von Chang Kwang-chih, Otto Franke, Liu Li/Chen Xingcan, Li Feng und anderen ist nachgewiesen worden, dass diese Autoren moderne Kategorien auf die Vormoderne rückprojiziert und ontologisiert haben, ohne auch nur einen stichhaltigen Beweis für ihre Behauptungen erbringen zu können. Auch Wissenschaftler aus dem abendländischen Kulturkreis sind dieser Ideologisierung erlegen, was sich an einem besonders krassen Beispiel zeigen lässt. Die Quintessenz ist: ohne eine kohärente und konsistente Theorie lassen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse der Vormoderne nicht adäquat erfassen. Vielmehr werden durch die Rückprojektion und Ontologisierung moderner Kategorien die vormodernen »religiös konstituierten« Verhältnisse verhüllt, wenn nicht sogar ideologisiert.
7 Zum Exit!-Programm siehe Verein für kritische Gesellschaftswissenschaften (Hrsg.) 9/2007. Exit! Mit Marx über Marx hinaus. Kapitalismuskritik für das 21. Jahrhundert. Das theoretische Projekt der Gruppe „Exit!“, Verantwortlich für den Inhalt: Claus Peter Ortlieb, Kaiserslautern.
8 „In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftli-chen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab“ (MEW 13, 1975, S. 9; Hervorh. RGP). Erst mit der Überwindung aller Fetischformen beginnt die wirkliche menschliche Geschichte als eine von den Menschen bewusst gemachte (vgl. Kurz 2012, S. 72).
9 Hier sei angemerkt, dass einige Autoren davon ausgehen, dass erst in der Westlichen- Zhou-Zeit (1045-771) alle die Elemente ausgeformt wurden, die die chinesische Zivilisation ausmachen, so u.a. Otto Franke 1930.
10 Die Kategorien Staat und Politik bzw. politisch werden im Kapitel Die Grundkategorien des modernen warenproduzierenden Systems und ihre abgeleiteten Funktionselemente behandelt und in Zur Kritik der Rückprojektion moderner Kategorien auf die Vormoderne werden sie ausführlich diskutiert, wobei die unterschiedlichen Auffassungen zu Worte kommen.
11 Dazu ausführlicher im Kapitel über die Grundkategorien.
12 Hier sei kurz angemerkt, dass Konfuzius die Forderung erhebt, „‚auf korrekte Begriffe zu halten‘, –> cheng4 ming2’“ (ebd., die hochgestellten Zahlen verweisen auf die Töne mit denen die Wörter ausgesprochen werden sollen).
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