Das Netz ist politisch – Teil I. Adrienne Fichter
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Название: Das Netz ist politisch – Teil I

Автор: Adrienne Fichter

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежная публицистика

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isbn: 9783038053460

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СКАЧАТЬ weiss, dass er nur so alle Informationen zu den «heissen Eisen» von Facebook kriegt. Mehrfach korrespondiert er dazu mit dem Büro von Elizabeth Denham, der britischen Informations­kommissarin, die für alle Daten­belange Europas zuständig ist.

      «Reverse Engineering» – so heisst Dehayes Recherche­methode. Das Prinzip: Wenn die Plattformen keine Auskunft über ihre Funktions­weise geben wollen, dreht man den Spiess einfach um. Und setzt am anderen Ende der Verwertungs­kette an. Bei sich selber.

      Facebook-Nutzer Paul-Olivier Dehaye verlangt also vom Unternehmen seinen persönlichen digitalen Fuss­abdruck. Anhand dieses Daten­satzes rekonstruiert er die Mechanismen hinter der Plattform. Mit dem Ziel, deren Black­box zu knacken.

      Was zum Teufel sollte diese Werbung?

      Dehaye registrierte sich für den Newsletter von Leave.EU. Es vergingen einige Tage, bis die erste Ausgabe in seinem Postfach landete. Weit unten in der E-Mail sah er eine Werbe­anzeige von GoSkippy, einem Unternehmen der Eldon-Versicherungsgruppe. Dehaye wurde stutzig. Wieso zum Teufel zeigen die Brexit-Anhänger ihm – der in der Schweiz wohnhaft ist – Anzeigen für eine britische Auto­versicherung?

      Dehaye hatte einen Verdacht. Er wusste, dass die Eldon-Gruppe Arron Banks gehört. Und Banks ist kein Unbekannter. Er ist der Christoph Blocher von Gross­britannien. Ein schwer­reicher, konservativer Millionär und Mitgründer der Kampagne Leave.EU.

      Dehayes Vermutung war also: Das Brexit-Lager verwendet denselben Daten­satz wie die Versicherung. Mit anderen Worten: Die Brexit-Befürworter betreiben illegalen Daten­austausch.

      Um seine These zu unter­mauern, spannte Dehaye mit der renommierten Journalistin Carole Cadwalladr zusammen. Er unterstützte sie bei der korrekten Ausformulierung eines subject access request, eines umfassenden Auskunfts­begehrens. Sein Verdacht bestätigte sich: Die Brexit-Kampagne bediente sich der Daten von Eldon-Versicherten. Wer versichert war, erhielt Brexit-Werbung zu Gesicht. Auf allen Plattformen.

      Der Labour-Abgeordnete Ian Lucas, einer der leitenden Köpfe bei der Untersuchung zum Brexit, sagt: «Das Wissen und die Dienste von Paul-Olivier Dehaye sind für uns von unschätzbarem Wert.»

      Doch nicht nur Gross­britannien erhielt dank Dehayes Hartnäckigkeit Klarheit darüber, was da eigentlich während des Brexit-Referendums in der digitalen Sphäre passierte.

      Zwist und Zerwürfnis in Zürich

      «Paul ist ein Rebell mit einem grossen Sinn für Gerechtigkeit», sagt der ETH-Professor Ernst Hafen. Er ist wie Dehaye ein Verfechter von MyData – einer Bewegung, die für digitale Selbst­bestimmung eintritt. Hafen arbeitete in Zürich mit Dehaye zusammen.

      Zürich hat in Dehayes Laufbahn eine besondere Bedeutung. Es ist die Stadt, in der sein Kampf gegen die Daten­konzerne begonnen hat. Nämlich gegen das amerikanische Unternehmen Coursera, eine Bildungs­plattform zur Über­tragung von Vorlesungen im Internet.

      Die Universität Zürich hielt an Coursera fest. Trotz potenziell groben Verstössen gegen das Schweizer Datenschutz­gesetz. Es kam zum Zerwürfnis zwischen der Universitäts­leitung und Dehaye. Der Aktivist verliess daraufhin die akademische Welt.

      Ernst Hafen war damals einer der wenigen, die Dehayes Engagement gegen die Bildungs­plattform Coursera unterstützten. Und bewunderten. «Paul sieht weiter.»

      «Too big to comply»

      Zuckerbergs Antwort: «Ja, jeder könnte diese Daten herunterladen.»

      Doch das war falsch. «Zuckerberg hat zweimal vor laufender Kamera die Politiker Washingtons und auch die ganze Welt angelogen», behauptet Dehaye.

      Dehaye weiss das, weil er via E-Mail dieselbe Frage an Facebook stellte. Und eine ganz andere Antwort bekam. Das war am 7. März 2018, rund einen Monat vor Zuckerbergs Aussage im Senat. Es war das letzte Schreiben in einem zähen einjährigen E-Mail-Verkehr.

      «Sie schrieben mir: ‹Wir können Ihnen keine Auskunft geben, Ihre Anfrage ist zu kostspielig. Es ist zu aufwendig, alle diese Tracking-Daten aus den Webseiten herauszuziehen.› Dafür sei ihr System nicht gemacht.»

      Mit anderen Worten: Facebook ist too big to comply – zu gross, um das Datenschutz­gesetz einhalten zu können. Dehaye war fassungslos, als er die Zeilen las.

      Dehaye weiss viel über die Praktiken der Tech-Konzerne. Seine Antworten sind wohlüberlegt, berechnend. Kein Wort zu viel, keines zu wenig. Er achtet penibel genau darauf, wem er welche Information СКАЧАТЬ