Der kahle Berg. Lex Reurings
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Название: Der kahle Berg

Автор: Lex Reurings

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Спорт, фитнес

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isbn: 9783957260505

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      Auch in heutiger Zeit ist das »Vendran«, wie Besucher aus unseren Landen die Brasserie in den Promenadendecks kurz und bündig nennen, noch ein ausgezeichneter Zwischenstopp mit einer herrlichen Aussicht auf die Plaine de Vaucluse. Über den Tischen auf der Südterrasse hängt mittlerweile eine schöne Gedenktafel mit dem schnurrbärtigen Antlitz von Paul de Vivie, besser bekannt als Vélocio. Wie ein Heiligenschein umgibt seinen Kopf der Schriftzug: »Les cyclotourists à Vélocio«5.

      Zweiter von links: Paul de Vivie. Neben ihm Thérèse Roumanille, die erste Frau, die 1929 (einige Quellen meinen sogar bereits im September 1927) im Alter von gerade mal 16 Jahren von Malaucène aus mit dem Fahrrad querfeldein den Mont Ventoux hinauffuhr. Begleitet wurde sie von ihrem Onkel Hippolyte Roumanille und dem damals 76-jährigen (!) Paul de Vivie.

      Die NBG De Kale Berg, eine Vereinigung niederländisch-belgischer Radsport- und Ventoux-Enthusiasten, hat eine der Routen, die Teil des »Forestier« und des »Grandonneur« ist, nach ihr benannt. Man sagt, dass bereits im Juni 1927 jemand per Fahrrad den Gipfel erreicht haben soll. Sein bzw. ihr Name ist nicht bekannt.

      Observatorium. Der auffälligste Blickfang ist natürlich der weiße Turm mit der hoch aufragenden »Feuerwerksrakete« oder »Mondrakete«, wie die Franzosen seine rot-weiße Spitze nennen. Obwohl die meisten Radfahrer (und auch viele andere) das bemerkenswerte Gebäude umgangssprachlich Observatorium nennen, ist es eigentlich gar keines. Das ist es auch nie gewesen. Die Büros der Beobachtungsstation und die Unterkünfte für deren Mitarbeiter und ihre Familien befanden sich vielmehr in dem Gebäude, in dem heute unter anderem der »Laden« untergebracht ist. Die eigentlichen Beobachtungen erfolgten auf der Plattform, die sich etwas höher auf dem Berg befindet, hinter dem Hauptgebäude. Man kann dort leider nicht mehr hoch, denn genau wie die Treppe, die zu ihr hinführt, bedarf sie dringend ein paar Instandsetzungsarbeiten, um es vorsichtig auszudrücken. Auf dieser Plattform waren die verschiedenen Messinstrumente aufgestellt, ungeschützt Wind und Wetter ausgesetzt. Um immerhin die Besatzung der Wetterstation nicht mehr als unbedingt notwendig den teilweise schlechten Wetterbedingungen auszusetzen, wurde eine überdachte Verbindung zwischen der Plattform und dem »Bürogebäude« errichtet. Dieser oberirdische Korridor existiert noch.

      Der damalige Landwirtschaftsminister (!) François de Mahy und der Bürgermeister von Bedoin, Maxime Favier, legten am 16. Mai 1882 den Grundstein für das Observatorium. Sie wären keine echten Franzosen, wenn sie dieses Ereignis nicht mit Grandeur begangen hätten. Laut der Pressemitteilung, die die Association Infoclimat anlässlich der Inbetriebnahme der neuen Messstation im Jahr 2016 herausgab – siehe Der braune Turm in: Der Berg, S. 33 –, begannen die Bauarbeiten offiziell mit den Worten: »Herr Minister, wir bitten Sie, den Grundstein für einen Tempel zu legen, der der Wissenschaft geweiht sein wird, jener Göttin, die den Menschen erhebt und adelt.« De Mahy, einer pompösen Sprache ebenfalls nicht abgeneigt, antwortete: »Ich bin mit Freude hergekommen, um zu sehen, wie man Wind und Sturm seinen Willen auferlegt.« Schön gesagt, nicht wahr?

      Im Dezember 1884 wurde der erste Teil des Observatoriums in Betrieb genommen, aber erst um 1890 herum war dieses Geisteskind des Ingenieurs Henri Bouvier vollständig umgesetzt. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurden die meteorologischen Beobachtungen eingestellt. Von 1916 bis 1920 gab es zwar wieder einen Meteorologen dort oben, aber aus organisatorischer Sicht war alles ein einziges Chaos, weshalb die Verwaltung des Vaucluse das Gebäude im Jahr 1926 mit allem Drum und Dran für den symbolischen Betrag von einem Franc an den französischen Staat verpachtete. Kurz darauf tauchten die ersten Antennen auf dem Dach auf.

      Später wurde die Verarbeitung der Wetterdaten einfacher. Der technische Fortschritt ermöglichte es der Wetterstation, die aufgrund der klimatischen Bedingungen für einen großen Teil des Jahres nicht erreichbar war, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen: Es wurde eine permanente telegrafische Verbindung mit Carpentras und Bedoin eingerichtet. Bis 1968 war das Observatorium auf dem Ventoux die einzige Wetterstation im Vaucluse; dann zog Météo-France nach Carpentras.

      Ein interessantes Detail am Rande: Am 27. Juni 1889 wurde im Observatorium der erste und einzige Mensch geboren, der bisher auf dem Gipfel des Ventoux das Licht der Welt erblickte. Der Sohn des ersten Wetterbeobachters François-Auguste Blanc erhielt den Vornamen Philippe-Ventoux…

      Der weiße Turm. 1966 begann der Bau des weißen Betonturms. Das Gebäude an sich ist 42 Meter hoch, einschließlich der »Mondrakete« ragt es 62 Meter in den Himmel. Natürlich musste eine solche Konstruktion fest im Boden verankert werden. Nun denn, das Fundament ist stolze 16 Meter tief.

      1970 wurde das Gebäude komplett fertiggestellt. Es erfolgen dort auch meteorologische Beobachtungen, aber es ist hauptsächlich eine Station für die zivile und militärische Telekommunikation. Seit 1968 gewährleistet die französische Luftwaffe zusammen mit Télédiffusion de France (TDF), dem ehemals staatlichen französischen Betreiber von Rundfunk- und Telefonienetzwerken, von diesem Turm aus verschiedene militärische und zivile Radio- und Fernsehverbindungen.

      Die französische Luftwaffe, l’Armée de l’Air, ist schon seit geraumer Zeit auf dem Berg ansässig. Nach dem Ersten Weltkrieg benötigte der neue Zweig der Streitkräfte zuverlässige Wetterdaten; ab 1920 bezog man diese vom meteorologischen Dienst auf dem Ventoux, aber wie bereits erwähnt war dieser nicht sehr professionell. Ab 1930 wurde der Luftraum von der Bergspitze aus visuell überwacht. 1945 installierte das Militär eine Funkbake, die 1961 durch einen Funkstützsender ersetzt wurde. Im Laufe der 1990er Jahre wurde dann so ziemlich alles, was auf dem Ventoux passiert, digitalisiert.

      Am 7. Juli 2016 wurde in Kooperation des Syndicat Mixte d’Aménagement et d’Éuipement du Mont Ventoux (SMAEMV) mit dem Département Vaucluse, der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, Météo-France und Orange eine neue Wetterstation in Betrieb genommen. Die Anlage befindet sich in und auf dem braunen Turm, der bereits vom Telekommunikationsanbieter Orange genutzt wurde.

      Die meteorologischen Daten werden alle zwei Minuten aktualisiert und nicht nur Wissenschaftlern, sondern allen Interessierten via Internet zur Verfügung gestellt. So können Sie beispielsweise mit Ihrem Laptop oder Smartphone (auf www.meteo-ventoux.fr oder über die Infoclimat-App) sehen, wie kalt es »oben« СКАЧАТЬ