Название: Der kahle Berg
Автор: Lex Reurings
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Спорт, фитнес
isbn: 9783957260505
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In der ersten scharfen Kurve in der Abfahrt zum Chalet Reynard, in der Nähe des Col des Tempêtes, steht das Denkmal für Brügge–Mont Ventoux, eine internationale Radfernfahrt für Hobbyradsportler, die 2014 ihre 40. und letzte Auflage erlebte. Zumindest wenn man kurz vor der Kurve einmal über seine linke Schulter schaut, ist die Stele eigentlich nicht zu übersehen. Bei der Auffahrt fällt sie jedoch deutlich mehr ins Auge – siehe Appellation Contrôlée, S. 75.
Nach etwas mehr als einem Kilometer Abfahrt erinnert ein einfaches Denkmal am Straßenrand an Pierre Kraemer. Kraemer war ein sehr erfahrener Radfahrer. Im Jahr 1966 zum Beispiel nahm er erfolgreich an Paris–Brest–Paris teil, und wer das schafft, muss auf dem Rad schon ein bisschen was draufhaben! Doch Kraemer machte einen entscheidenden Fehler: Am 2. April 1983 fuhr er allein den kahlen Berg hinauf. Er erlitt einen Schlaganfall und konnte sich nicht mehr vom Fleck rühren. Die bittere Kälte erledigte den Rest: Französische Soldaten, die am nächsten Morgen die Besatzung des Observatoriums ablösten, fanden seine Leiche.
Ein Stückchen weiter zieht etwas höher am Hang der berühmte Gedenkstein in Erinnerung an Tom Simpson die Aufmerksamkeit auf sich – siehe Major Tom, S. 56. Wie die unzähligen Gegenstände und Blumen, die jedes Jahr hier zurückgelassen werden, zeigen, ist dieses Denkmal beinahe so etwas wie ein Wallfahrtsort für Radfahrer aus aller Welt geworden. Aber lassen Sie ruhig den Blick auch ein wenig schweifen. Das Panorama der riesigen Steinwüste ist so beeindruckend, dass es sich nachhaltig in die Netzhaut brennt.
Etwa vier Kilometer weiter, wo die Straße gesperrt wird, wenn die Wetterverhältnisse die Auffahrt zum Gipfel zu gefährlich machen, befinden sich zwei ehemalige maisons cantonnières, Straßenwärterhäuser, die 1995 restauriert wurden. Innen sind sie kahl, aber man kann sich dort unterstellen, wenn die Bedingungen zu ungemütlich werden; es gibt sogar eine Feuerstelle.
Im Zuge einer kleinen Erneuerungsmaßnahme im Jahr 2016 verlieh man den Gebäuden eine zusätzliche, museale Funktion: Fotos und Texte an den Wänden erinnern nun an die Arbeit von Wissenschaftlern am Ventoux, zum Beispiel die des Schriftstellers und Insektenforschers Jean-Henri Fabre.
In der Kurve ein Stückchen weiter befindet sich die Fontaine de la Grave, die manchmal klares, frisches Wasser liefert, aber im Hochsommer trocken fällt. Auch die Schafe und Hütehunde der Herden, die auf der Suche nach Futter über den Ventoux streifen, schlürfen nur zu gern aus dem Wassertrog.
Ein paar Kurven weiter öffnet sich die Straße zu einem Platz vor dem Chalet Reynard, wo der erschöpfte Kletterer auf dem Weg bergauf gern eine kleine Runde dreht, um seinen Muskeln einen Moment lang etwas Entspannung zu gönnen, oder noch etwas isst, bevor es »in die Mondlandschaft geht«. 1950 wurde hier der Anschluss der D 164 an die D 974 fertiggestellt, wodurch Sault eine direkte Verbindung zum Gipfel erhielt.
Das Chalet Reynard ist nach Eugène Reynard benannt, der damals einer der Ersten war, die – in den 1920er Jahren – am Südhang des Ventoux Skitouren organisierten und Pisten präparierten. Das Chalet wurde 1928 als Unterkunft und Restaurant für Skifahrer und Jäger eröffnet, entwickelte sich aber bald zu einem renommierten Hotel-Restaurant. Auch Radfahrer sind hier willkommen, zum Beispiel um mit dem Plateau du Randonneur wieder Kräfte zu tanken. Und auch der Cappuccino im Chalet Reynard ist nicht zu verachten…
Muss man bei der Abfahrt durch die Mondlandschaft die Geschwindigkeit noch ordentlich drosseln, um ein Kiesbad zu vermeiden, kann man es nach dem Chalet etwas mehr laufen lassen. Zuerst passiert man noch ein paar Ferienhäuser zur Linken. Auch im Winter ist die Siedlung bewohnt, es kommen dann viele Menschen zum Alpinskifahren und Skilanglauf hierher. Nach der ersten scharfen Kurve taucht man dann in den Wald ein: zehn Kilometer nichts als Bäume. Viereinhalb Kilometer später kommt man am früheren Maison forestière Jamet vorbei, das 1996 restauriert wurde und seither Wanderern eine Rast- und Unterschlupfgelegenheit bietet. Das ehemalige Straßenwärterhaus wurde 2016 mit Fotos der legendären Auto- und Motorradrennen geschmückt, die zwischen 1902 und 2007 auf dem Ventoux stattfanden. Ergänzende Texte liefern weitere Erläuterungen.
Anderthalb Kilometer weiter talwärts steht, knapp hundert Meter abseits der Straße im Wald, der bekannte Pavillon de Roland, der früher ebenfalls ein Straßenwärterhaus war und heute ein Picknickplatz ist. Es stehen hier auch einige Informationstafeln. Noch mal 400 Meter weiter folgt der Abzweig zur Route des Cèdres, die um den Berg herum zur Route de Malaucène und von dort zum Gipfel führt. Hier beginnt der vierte Anstieg für angehende »Galériens« – siehe Confrérie des Cinglés du Mont Ventoux in: Für alle, die ein wenig verrückt sind: Mehrfach-Auffahrten, S. 82.
Rund einen Kilometer vor Saint-Estève ist, oben an der Felswand in der ersten der sogenannten »Sept Virages«, der Serie von S-Kurven, eine Tafel angebracht. Mit ihr erinnert der Moto-Club d’Avignon an den damaligen Rekord von Georges Berthier, der es 1936 in 15:25 Minuten mit dem Motorrad von Bedoin zum Chalet Reynard schaffte.
Von hier führt die Straße zunächst noch weiter durch den Wald, es folgt die berühmte Haarnadelkurve bei Saint-Estève und anschließend öffnet sich der Blick: Linker Hand liegen die Felder des Plateau de Vaucluse. Die Strecke führt durch Les Bruns mit seinem blau bemalten Baum und durch Sainte-Colombe und passiert schließlich die berühmte Marmorlinie in der Straße (die für viele der Beginn des Anstiegs ist), um dann am Brunnen in Bedoin auszulaufen.
Wo die D 974 nach etwa hundert Kurven und 21,5 Kilometern schließlich auf der Espace Marie-Louis Gravier endet, wurde über dem Schild, das die Richtung zum Mont Ventoux anzeigt, eine Gedenktafel für Tom Simpson an einer Wand angebracht. Einige Mitglieder der Sozialkasse für Sportjournalisten aus Marseille wollen auf diese Weise das Andenken an den britischen Fahrer wachhalten – auch für diejenigen Bedoin-Besucher, die nicht auf den Berg hinauffahren können oder wollen.
Auf der anderen Seite der Espace Marie-Louis Gravier befindet sich das Bar-Restaurant Portail de l’Olivier, das von der belgischen Familie Lemmens betrieben wird. Eine riesige, etwa 250 Jahre alte Platane überragt die Terrasse und an der Fassade befindet sich eine Gedenktafel, die im Namen der beiden Bürgermeister Luc Reynard und Willy Vanhooren stolz die Städtepartnerschaft zwischen Bedoin und der flämischen Küstenstadt Bredene verkündet.
Willy Vanhooren, nicht nur Bürgermeister von Bredene, sondern auch passionierter Rennradfahrer und mehrfacher Bezwinger des Ventoux, versprach vor den Kommunalwahlen vom 8. Oktober 2000 feierlich: Wenn er zum dritten Mal zum Bürgermeister seiner Gemeinde gewählt werden sollte, würde er von seinem Arbeitsplatz aus nach Bedoin radeln. Nach seiner Wiederwahl zögerten die Einwohner von Bredene natürlich nicht, ihn sogleich an sein Versprechen zu erinnern. Und so machte sich Vanhooren also am 15. August 2002 mit einer neunköpfigen Delegation im Namen des Stadtrates auf den Weg, um in sieben Tagen mit dem Rad nach Südfrankreich zu fahren. Am 21. August konnte er seinem Kollegen Reynard tatsächlich die Hand schütteln.
Natürlich verdiente eine solche Reise von Amtsträgern eine offizielle Note und auch ein nicht-sportlicher Grund für die Verbrüderung zwischen den beiden Gemeinden war schnell gefunden. Bedoin verfügte mit der Domaine de Bélézy schon seit Jahren über einen FKK-Campingplatz und Bredene hatte Mitte 2001 zur Freude textilfreier Touristen als erste Gemeinde Belgiens einen FKK-Strand eingerichtet. Wenn das nicht Grund genug für eine hübsche Gedenktafel ist…
Die Abfahrt nach Malaucène. 1932 wurde die Straße über die Nordflanke des Berges eröffnet. Diese Ehre gebührte dem sozialistischen Minister Édouard Daladier, der aus Carpentras СКАЧАТЬ