Название: Der kahle Berg
Автор: Lex Reurings
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Спорт, фитнес
isbn: 9783957260505
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In der letzten Kurve fahre ich ganz außen: mehr Meter Wegstrecke, weniger steil. Ich sehe noch genau vor mir, wie die Köpfe von Armstrong und Pantani hinaufkommen, direkt nebeneinander, ihre Schultern, ihre Beine, ihre Füße. Das war im Jahr 2000. Und jetzt ich. Jetzt ich!
Am Ende der Kurve, wo das Gipfelplateau beginnt, steht Karel, mit dem Fotoapparat im Anschlag. Ich hebe den Zeigefinger meiner rechten Hand, während ich die letzten Meter fahre. Ohne abzusteigen, Junge, ohne einmal abzusteigen! Nach zwei Stunden und dreiunddreißig Minuten passiere ich die Ziellinie.
Sehe ich das richtig? Ist das da vorn die letzte Kurve? Das wäre zu hoffen, denn lange halte ich nicht mehr durch. Ich muss die Kurve weit außen nehmen, denn innen ist es viel zu steil. Einmal noch aus dem Sattel gehen und ICH HABE ES GESCHAFFT! Ich lehne mein Rad an eine Mauer, nehme meinen Helm ab und lasse mich zu Boden sinken.
***
Bei jedem Radfahrer, der den Gipfel erreicht, sucht sich die aufgestaute Anspannung auf die eine oder andere Weise einen Ausweg. Der eine lässt seinen Tränen freien Lauf, der andere wird sehr ruhig, ein Dritter beginnt zu glucksen oder starrt mit leeren Augen auf die weißen Gipfel der Alpen. Jeder braucht ein paar Minuten, um seine Emotionen zu verarbeiten und bis sich der Adrenalinspiegel wieder auf ein normales Maß eingepegelt hat. Dann geht der eine zum Verkaufsstand, um sich was Süßes mit Fliegendreck zu kaufen, der andere lässt sich einen Stempel auf ein teuer bezahltes T-Shirt setzen oder bittet einen netten Franzosen, ein Foto von ihm zu machen, während er sich quasi-nonchalant vor dem Schild mit der Aufschrift »Sommet du Ventoux 1909 m« gegen sein Fahrrad lehnt. Aber egal, wie lange es dauert, sich zu erholen und zu genießen, es kommt der Moment, in dem der Zauber gebrochen wird: Jacke an, Helm auf – die Abfahrt ruft.
Auf dem Campingplatz oder im Hotel gibt es als Belohnung die Bewunderung der Familie und anderer Urlauber. Es gibt eine Dusche, ein kaltes Bier aus dem Bach hinter dem Zelt oder aus dem Drei-Sterne-Kühlschrank des Hotels, und eines ist klar: Dies ist ein Tag, den man einrahmen muss, ein Tag, den man nie vergessen wird.
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Manche Radfahrer gehen die Begegnung mit dem Mont Ventoux schüchtern an, andere treten ihm voller Bravour entgegen, aber jeder von ihnen erlebt sein eigenes Abenteuer. Und wer viel erlebt, kann auch viel erzählen.
Der kahle Berg – Auf und über den Mont Ventoux lässt Sie als Leser »den großen Tag« von Jungspunden und Veteranen, von Fahrradtouristen und ambitionierten Radsportlern, von Einzelgängern und »Waffenbrüdern« miterleben. Dieses Buch schildert die Geschichten von Männern und Frauen, die einmal im Leben mit dem Rad nach oben gefahren sind, aber auch die jener Wagemutigen, die den Berg elfmal an einem Tag bezwungen haben, wie üblich auf Asphalt, aber auch auf unbefestigten Wegen. Ihre authentischen Berichte erzählen von Unsicherheit und Leid und vom Glücksgefühl, das alle Mühsal und alle Unannehmlichkeiten vergessen lässt, sobald man einmal oben ist, am Fuße des Observatoriums.
Aber Der kahle Berg belässt es nicht dabei. Dieses Buch erläutert mittels ausgeklügelter Trainingspläne, wie man sich am besten auf die Bezwingung des Riesen der Provence vorbereitet. Es liefert Tipps von erfahrenen Experten zur Wahl der richtigen Kleidung, Ernährung, Ausrüstung und Übersetzung. Es enthält Steigungsprofile und Übersichtskarten der verschiedenen Routen hoch zum Observatorium, bietet einen Überblick über schöne Radtouren und jährliche Radsportereignisse in der Umgebung und verweist auf weiterführende Lektüre in Form vieler hilfreicher Bücher, DVDs, Websites etc., die sich mit dem Mont Ventoux, der Provence oder dem Radfahren beschäftigen.
Zudem erzählt dieses Buch auch von der besonderen Rolle, die der Mont Ventoux in der Geschichte von u.a. Paris–Nizza, der Dauphiné Libéré und der Tour de France spielt – und von Tommy Simpson, dessen Schicksal die natürliche mythische Wirkung des Mont Ventoux nur noch verstärkt hat.
Auch all diejenigen, die zwar nie verstehen werden, was einen Menschen antreibt, solche Berge mit dem Fahrrad hochzufahren, aber sich doch schon für diesen wundersamen Berg interessieren, finden ebenfalls noch genug Lesestoff. Es gibt Kapitel über seine Entstehungsgeschichte und seine denkwürdigen geografischen Eigenheiten, über die Geschichte der Provence und die Besonderheiten der Dörfer im Schatten des Ventoux und auch über die herausragende Rolle, die dieser Berg im Werk etlicher Schriftsteller und bildender Künstler spielt. Denn auch der Nicht-Radfahrer kann sich dem Zauber des Ventoux nicht entziehen. Auch für ihn ist er ein Berg zum Einrahmen.
14 PROZENT
Heesch (Noord-Brabant, Niederlande). Ich habe in letzter Zeit oft mit meinem Kumpel darüber gesprochen: In der kommenden Saison müssen wir was dagegen unternehmen. Sieben Kilo müssen runter, vorerst kein Bier mehr und auch keine Süßigkeiten, viermal die Woche trainieren, auch bei miesem Wetter, und Ende Mai, Anfang Juni jagen wir den Mont Ventoux hoch. Müdes Geplapper mit einem Unterton von: Ach, Junge, wir werden alt, wir gehen aus dem Leim, es muss etwas passieren. Wenn wir weiterhin glaubwürdig über diesen Berg mitreden wollen, dann müssen wir etwas tun!
Dienstag, 27. Dezember. Und wir haben angefangen. Wir hatten richtigerweise geahnt, dass der Körper sich nach Weihnachten nach Betätigung sehnen würde, nach Bewegung. Der vom Fitnessstudio organisierte Spinningmarathon bietet eine Lösung: vier Stunden Radfahren am Stück. Okay, zwar drinnen, aber angesichts des schlechten Wetters und der noch winterlichen Straßen eine nette Alternative.
Ein Beamer, der unsere Videofilme von den Ventoux-Auffahrten und -Abfahrten von Bedoin und Malaucène groß an die weiße Wand projiziert, 26 Spinningbikes, exzellentes Catering, dröhnend bollernde Musik, »Hintern aus dem Sattel, achte auf deine Haltung«, und treten, treten, treten, treten. Langsam, aber sicher verschwinden die Spiegel hinter tropfender Kondensation. Vier Stunden nach dem Start fühlen sich die Beine hervorragend an, aber das Sitzfleisch protestiert: Es liegt noch viel Arbeit vor uns…
Samstag, 31. Dezember. Die »Top 2000«, der Radio-Hit-Marathon zwischen den Jahren, dröhnt durchs Haus, ein Rindertopf köchelt seit fast acht Stunden langsam vor sich hin. Und aller Anfang ist schwer: Eine Rum-Rosinen-Kugel findet ihren Weg nach unten, begleitet von einem kräftigen Schluck von fast 14 Prozent. 14 Prozent, die letzte Kurve der Südrampe von Bedoin…
Dreimal pro Woche stampfen und schwitzen wir im Spinningsaal mit zu viel Lärm auf den Ohren, Schweißpfützen auf dem Boden und pitschnassem Shirt. Deep Purple, »Smoke on the Water«, auf Platz 64.
In zwei Wochen werde ich 65. Fünfundsechzig… Und ich mache mir Sorgen wegen dieses dämlichen Bergs. Vierzigmal bin ich inzwischen mit dem Rad dort hinaufgefahren, rund hundertzwanzigmal hat das Auto den Job für mich erledigt, aber jetzt – jetzt! – muss ich mir so dringend wieder was beweisen: ohne absteigen bis nach oben oder ohne Schlangenlinien oder ohne eingeholt zu werden oder noch mal dreimal an einem Tag oder vielleicht mal rückwärts mit dem Fahrrad oder was auch immer. Eine verzögerte beziehungsweise hartnäckig anhaltende Midlife-Crisis? Mit fünfundsechzig? Höre ich da den Ventoux sich ins Fäustchen lachen?
Aus: Willem Janssen Steenberg, Voor eigen parochie – Columns 2003-2011
DER BERG
»Man kann Rad fahren, was man will, aber letztlich geht es um
die 20 Kilometer, die auf den Gipfel des Mont Ventoux führen.«
– Bart Jungmann: Fietsroutes – Zeven favorieten, in: de Volkskrant, 2. März 2013
Der Name
Riese СКАЧАТЬ