Название: Der kahle Berg
Автор: Lex Reurings
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Спорт, фитнес
isbn: 9783957260505
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Die Abfahrt nach Malaucène weist etwas weniger markante Stellen auf als das Pendant nach Bedoin.
Auffallend ist, dass in den hohen senkrechten Gesteinsfalten in den Haarnadelkurven etwa zwei Kilometer vom Gipfel entfernt selbst Ende Mai oder Anfang Juni oft noch viel Schnee liegt, auch wenn es an anderer Stelle am Berg bereits brütend heiß ist.
Ein vielbesuchtes touristisches Ziel ist die Skistation Chalet Liotard, die 1947 an den Pisten von Mont Serein (1.400 m) erbaut wurde, etwa sechs Kilometer unterhalb des Gipfels des Ventoux. Wie gesagt: 1932 wurde die Straße von Malaucène zum Gipfel offiziell eingeweiht. In diesem Jahr fanden auch die ersten echten Wintersportaktivitäten rund um Mont Serein statt. Für den Komfort der Skifahrer wurden mehrere hölzerne Schutzhütten errichtet. Eines dieser Gebäude, direkt in der Nähe von Mont Serein, wurde während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von der französischen Regierung genutzt. 1947 wurde es dann von der Familie Liotard übernommen, die ein Stockwerk oben draufsetzte und das so entstandene Chalet fortan als Hotel-Restaurant nutzte. Im Jahr 1995 wurde das Chalet dann, unter Beibehaltung des eingeführten Namens, von neuen Betreibern übernommen.
Der Ort an sich ist nicht sonderlich spektakulär, aber das wird durch die überwältigende Aussicht mehr als wettgemacht. An klaren Tagen kann man von hier aus mit bloßem Auge die sich auf dem weißen Gipfel des Mont Blanc spiegelnde Sonne sehen! Und man kann dazu sehr gut speisen.
Die Umgebung des Chalet Liotard und die Freiflächen in Mont Serein dienen an Tagen, an denen die Tour de France den Mont Ventoux ansteuert, als Parkplatz.
Ein paar Kilometer weiter in Richtung Malaucène befindet sich der steilste Abschnitt dieser Abfahrt, die »Grande Descente«: drei Kilometer mit einem Gefälle zwischen 10 und 10,9 Prozent.
Es lohnt sich, beim Belvédère (965 m, 9,5 km vor Malaucène) anzuhalten; die Aussicht auf die Rochers des Rams im Norden ist einen Zwischenstopp wert.
Man fährt leicht daran vorbei, aber keinen Kilometer weiter, auf 916 Metern Höhe, liegt auf der rechten Straßenseite die berühmte Gîte forestier des Ramayettes, ein Försterhaus aus dem 19. Jahrhundert, das eine zentrale Rolle bei der »Renaturierung« des Mont Ventoux spielte. Fotografien aus den 1880er Jahren zeigen komplette Dorfgemeinschaften, die rund um Les Ramayettes mit der Aufforstung einer völlig kargen Umgebung beschäftigt sind: Dies war einer der Orte, von denen aus die Wiederaufforstung angegangen wurde. Heute liegt das Ramayettes inmitten einer baumreichen Landschaft. Das Haus wird von der französischen Wasser- und Forstdirektion Eaux et Forêts unter anderem als Lager genutzt.
Rund dreieinhalb Kilometer weiter Richtung Malaucène, auf 708 Metern Höhe, folgt das berühmte Panorama mit Blick auf die Montagne de Piaud und wiederum zwei Kilometer darauf geht es durch die sogenannte Virage Indurain, die Spitzkehre, in der Miguel Indurain bei der Tour de France 1994 sein Rad nur mit Mühe und Not auf der Straße halten konnte. Auch viele übermütige Hobbyfahrer mussten hier schon mit pochendem Herzen einen Fuß auf den Boden setzen…
Etwas weniger als einen Kilometer weiter die Straße hinunter erhebt sich praktisch direkt neben der Fahrbahn der Rocher du Portail Saint-Jean. Gemäß einer jahrhundertealten Überlieferung öffnet sich zu Weihnachten um Mitternacht beim ersten Schlag der Uhr das Portal, um den Anwesenden einen Blick auf eine Ziege mit einem goldenen Mantel zu gewähren, die einen riesigen Schatz in einer tiefen Höhle bewachen soll. Niemand, der bei Verstand ist, würde es jedoch wagen, die Kostbarkeiten stehlen zu wollen, denn beim Klang des zwölften Schlages, so die Legende, schließt sich das Portal wieder hinter allen übermütigen Schatzjägern. Eine jüngere, katholische Version dieser Tradition sieht vor, dass Neugierigen während der Nachtmesse in der kurzen Zeit zwischen der Lesung aus den Apostelbriefen und dem Evangelium ein Blick auf die Kostbarkeiten gewährt wird.
Der Schatz soll dort von den Sarazenen zurückgelassen worden sein, die mit ihren Banden seit Jahrhunderten die Provence unsicher gemacht hatten, ehe sie Ende des zehnten Jahrhunderts vom provenzalischen Adel für immer vertrieben wurden.
Etwa anderthalb Kilometer vor Malaucène kommt man zur Source du Groseau. Am Fuße einer hohen, steilen Felswand fließt hier kristallklares (Trink-)Wasser aus einer Reihe von Löchern und Spalten in ein schönes, rustikales Becken, aus dem der Groseau seinen Lauf fortsetzt – ein idealer Ort zum Entspannen.
Es ist bemerkenswert, dass die erste Frau, die den Ventoux von Malaucène aus mit dem Fahrrad bezwang, dies am 15. September 1929 tat. Die Leistung von Thérèse Roumanille – siehe Vendran in: Der Berg, S. 31 – verdient umso mehr Bewunderung, wenn man bedenkt, dass sie ab der Groseau-Quelle auf einer route forestière fuhr, also einem schmalen Waldweg, der mit scharfen Kieselsteinen übersät war. Nein, da haben es heutige Fahrer doch besser: Es wurde eine anständige Asphaltstraße angelegt und vor allem seit den großen Instandsetzungsmaßnahmen 2003 und 2017 ist die Fahrt auf der D 974 auf diesem Abschnitt ein Genuss. Mit anderen Worten: Man kann schnell abfahren, hier und da sogar sehr schnell. Aber Vorsicht: Bevor man Malaucène erreicht, sind einige unübersichtliche und scharfe Kurven zu bewältigen.
Die Abfahrt nach Sault. Die Route vom Chalet Reynard hinab nach Sault (der Anschluss der D 164 an die D 974 erfolgte erst im Jahr 1950) ist eine Streckenvariante für Liebhaber von Ruhe, Stille und Natur. Die Straße schlängelt sich gemächlich durch den Wald; als Radfahrer muss man in der Abfahrt ordentlich reintreten, um den Tacho über 65 km/h zu halten.
An verschiedenen Orten wie dem Belvédère auf 1.327 Metern Höhe, etwa fünf Kilometer nach dem Chalet Reynard, wurden Picknickplätze angelegt. Es lohnt sich, hier anzuhalten, denn seit 2015 gibt es am Belvédère eine sehenswerte Skulpturengruppe zu bewundern. Sie besteht aus einem Hirsch, der groß und stolz an der Straße steht, und einigen Hirschkühen, die sich etwas schüchtern am Waldrand verstecken. Gefertigt sind die Skulpturen aus allen möglichen Werkzeugen, Schrauben und Muttern, Radkappen, diversen Maschinenteilen wie Kolben, Elektromotoren, Blattfedern, Stangen und so weiter. Schon sehr speziell.
Etwa sechs Kilometer hinter dem Chalet Reynard, auf 1.260 Metern Höhe, genießt man einen weiten Blick auf die Combe de la Font de Margot und – in der Ferne – das Plateau d’Albion. Eine Orientierungstafel in der Nähe des Parkplatzes erläutert Ihnen, was Sie sehen.
Wenn der Ventoux Teil der Tour-de-France-Strecke ist, richtet die Tour-Direktion jeweils in dieser Ecke, unterhalb des Col de la Frache, Parkplätze für die Zuschauer ein.
Zweihundert Meter weiter lädt links der Straße, unweit eines Wegekreuzes, an dem mehrere Wanderwege aufeinandertreffen, die wunderschön restaurierte Chapelle Notre-Dame-des-Anges zu Ruhe und Besinnung ein. Das letzte Stück der Abfahrt führt dann durch Lavendel- und Getreidefelder.
Eigentlich ist die Ankunft in Sault die schönste. Das Rad auf dem schattigen Platz an der Avenue de la Promenade gegen eine dicke Platane lehnen und sich auf der alten Stadtmauer mit Blick auf die Ebene ausruhen, am besten während der Lavendelblüte… Einfach himmlisch.
SCHÖNHEIT
Villes-sur-Auzon (Vaucluse, Frankreich) – Ich parke das Auto im wenig überzeugenden Schatten einer jungen Platane. Die Sonne funkelt in den Speichen, als ich mit meinem Rad vom Parkplatz rolle.
Die Auffahrt zum Col des Abeilles ist angenehm. Elf Kilometer guter Asphalt, gleichmäßige Steigung, kaum Verkehr. Ich klettere entspannt. Die Sonne brennt auf meinen triefnassen Körper herab. Der Straßenrand ist voller Blüten, meist in kleinen Sträußchen zusammen. Rosa, weiß, lila, gelb. Links und rechts Wälder in allen Grüntönen. Nur das leise Surren der neuen Kette, die über ebenso neue Zahnräder gleitet.
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