Ende offen. Peter Strauß
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Название: Ende offen

Автор: Peter Strauß

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежная публицистика

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isbn: 9783347020290

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СКАЧАТЬ in Ostafrika aufgetreten und lebte bis zur neolithischen Revolution ausschließlich als Jäger und Sammler. Diese bezeichnet die Sesshaftwerdung und die Erfindung von Ackerbau und Viehzucht und begann frühestens vor ca. zwanzigtausend Jahren im Nahen Osten, und die letzten Regionen entdeckten den Ackerbau vor fünf- bis dreitausend Jahren (im Afrika südlich der Sahara und auf dem amerikanischen Kontinent). Damit ging die Bildung von Städten einher. Vor Ackerbau und Viehzucht musste die solare Energie, von der wir letztendlich leben, dezentral, also durch Jagen und Sammeln, eingefangen werden. Danach gab es die erste Überschussproduktion, sodass Menschen überhaupt in Städten leben konnten.60 Jared Diamond schreibt: „Für die meisten Menschen brachte die Landwirtschaft Infektionskrankheiten, Fehlernährung und eine verkürzte Lebenserwartung. Zu den allgemeinen Veränderungen zählte, daß sich das relative Los der Frauen verschlechterte und die Klassengesellschaft begründet wurde.“ Die Landwirtschaft verbesserte nicht den Ertrag pro Person, sondern den Ertrag pro nutzbare Flächeneinheit. Menschen mussten in der Landwirtschaft mehr Arbeit für ihre Ernährung aufwenden, aber durch die höhere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche und die Möglichkeit der Lagerung beispielsweise von Getreide wurden eine höhere Bevölkerungsdichte und größere Ansiedlungen möglich. Nomaden (Jäger und Sammler) leben seither nur noch in Gegenden, in denen Landwirtschaft nicht möglich ist.61

      Jean Ziegler fasst es so zusammen: „Es ist charakteristisch für die neolithische Revolution, die sich über mehrere Jahrtausende hinzog, dass es den Menschen gelang, die Natur ihren Bedürfnissen zu unterwerfen: durch die Produktion von Nahrungsmitteln mit Ackerbau und die Domestizierung von Tieren und Viehzucht; durch die Entdeckung des Metalls, was die Herstellung von Werkzeugen und die Bearbeitung der Erde (die Hacke) möglich machte, und von Töpfen zur Aufbewahrung der Erzeugnisse; durch feste Siedlungen in Dörfern, entweder im Zuge der Sesshaftigkeit oder zur Stabilisierung einer insgesamt nomadischen Lebensweise; durch die Bildung von Reserven, also Reichtum, woraus erbliche Macht und die ersten Kriege entstanden; und schließlich durch eine demografische Explosion…“62

       Der Sinn des Lebens und die Suche nach dem Glück

      Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird meist als eine Frage nach dem Zweck oder Ziel des Lebens verstanden. Es gibt viele unterschiedliche Meinungen, was der Sinn des Lebens sei. Aus philosophischer oder religiöser Sicht kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen, wenn man von der Moral ausgeht, ebenfalls. All diese Ansätze gehen von einer menschlichen Perspektive aus. Es gibt aber noch eine objektivere Möglichkeit, den Sinn des Lebens zu definieren. Der Mensch hat sich durch Evolution zu dem entwickelt, was er ist. Damit ergibt sich ein möglicher Sinn aus dem, wozu wir geschaffen wurden, wofür uns die Natur optimiert hat: Das Ziel der menschlichen Evolution, der Sinn des menschlichen Lebens ist das Überleben der menschlichen Art. Sinndefinitionen, die über die Arterhaltung hinausgehen, sind erst durch die Reflexion des Menschen über sich selbst möglich geworden.

      Die Evolution hat dem Menschen Mechanismen zur Steuerung mitgegeben, um die Aufgabe der Arterhaltung möglichst gut zu erfüllen. Der einfachste ist der Schmerz. Wenn etwas wehtut, meiden wir es in Zukunft. Wohlbefinden und Unwohlsein steuern uns so, dass wir Gefahren aus dem Weg gehen und nach dem streben, was uns nützt. Glück gehört ebenso dazu. Wenn wir die richtigen Dinge tun, fühlen wir uns glücklich.63 Das erklärt, warum wir vor Geschenken und Neuanschaffungen lange Vorfreude empfinden können, die Freude danach aber oft schnell nachlässt. Ein erreichter Erfolg ist somit im Moment des Eintretens uninteressant geworden, und unsere Aufmerksamkeit soll auf die nächste Optimierungsmöglichkeit gelenkt werden. Solche Gefühle steuern uns in einem natürlichen Umfeld so, dass die Arterhaltung optimiert wird. In unserer heutigen Gesellschaft treibt das leider auch sinnlosen Konsum an.

      Diese Mechanismen können wir nicht umgehen. Sie sind tief in unseren Genen verankert. Die Evolution hat uns über Millionen von Generationen genetisch auf das vorbereitet, was uns erwartet – den Zustand vor etwa zehntausend Jahren, in dem Menschen lebten, bevor die Zivilisation begann. Wir kommen mit einer Erwartung an diese Zustände und an mögliche Erlebnisse auf die Welt (siehe Kapitel 2.4). Wir sind durch Evolution nicht nur in der körperlichen, sondern auch in der geistigen Struktur auf das vorbereitet, was die Generationen vor uns erlebten. Die Art, wie wir nach Glück streben, dient den Zielen der Evolution.64

      Wenn wir uns in einen Zustand des Zusammenlebens begeben, der dem damaligen nahekommt, fühlen wir uns besser, als wenn wir uns von der damaligen Lebensweise entfernen.

      Individualismus und unsere Entwicklung haben sich in den letzten Jahrhunderten gegenseitig angetrieben und den technischen und gesellschaftlichen Fortschritt befeuert (siehe Kapitel 2.8). In unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem wird uns ständig suggeriert, dass wir umso besser sind, je unabhängiger und individueller wir sind, dass jeder seines Glückes Schmied und dass Flexibilität (das Gegenteil von festen Beziehungen) oberstes Gebot sei. Trotzdem sind wir keine Einzelgänger und sind nicht völlig unabhängig von anderen.

      Unser heutiges Wirtschaftssystem treibt uns dazu, den Sinn des Lebens oder unser Glück in der Beschleunigung des Fortschritts, in Leistung, mehr Arbeit, mehr Vermögen, Besitz und Macht zu suchen. Die Verfolgung dieser Werte führt aber auch zu den oben genannten negativen Gefühlen, sie laugt uns aus und reduziert unsere sozialen Beziehungen – sie führt also nicht eindeutig zu mehr Glück. Fortschritt und Leistung machen nicht an sich glücklich, sondern höchstens indirekt über die dadurch erzielten Erfolge. Arbeit macht nur glücklich, wenn man das Ergebnis seines Tuns genießen kann. Das setzt voraus, dass die eigene Leistung sichtbar ist und dass man die Zeit hat, sich darüber zu freuen und etwas auszuruhen. Wenn – wie bei uns üblich – nach einer Aufgabe sofort die nächste kommt, bekommt man das Gefühl, in einem Hamsterrad zu laufen, und kann den Erfolg kaum genießen.

       Egoismus und Rücksichtslosigkeit

      Wie bereits erwähnt, hat uns die Evolution die richtigen Mengen an Egoismus und Altruismus mitgegeben, die wir benötigten, um bis hierher zu kommen. In unserer heutigen Gesellschaftsstruktur kann sich der Egoismus viel stärker entfalten. Viele Menschen kümmern sich nur um ihr Eigentum und wenige auch um das Allgemeingut. Mietwagen, öffentliche Toiletten und Parkbänke werden ohne Hemmungen schlecht behandelt und dreckig hinterlassen, und unsere Sozialsysteme werden von vielen ausgenutzt – man nimmt halt, was man kriegen kann. Auch wenn wir mit steigendem Grad der Zivilisation mehr Selbstbeherrschung erlernen werden, so bleibt der Egoismus eine Grundeigenschaft des Menschen, die wir bei unseren Entscheidungen berücksichtigen müssen.

      Es hat wenig Sinn, sich darüber zu ärgern oder zu wundern oder daran die Schlechtigkeit der Menschheit abzulesen oder mehr Disziplin zu fordern. Es käme auch niemand auf die Idee, Vögel als schlecht zu bezeichnen, weil sie beim Fressen von Körnern den größten Teil davon auf den Boden fallenlassen. Sie gehen mit den Ressourcen ebensowenig „schlecht“ um wie wir Menschen – sie tun, was ihnen die Natur mitgegeben hat, und das ist (im Ursprungszustand) ihrer Arterhaltung förderlich. Dazu gehört auch, dass ihr Lebensraum dadurch nicht bedrohlich geschädigt wird. Ein Biber, der so viele Bäume abnagt, dass aus seinem Wald eine Steppe wird, wird seine Art nicht erhalten können.

      Unser negatives Urteil über derartiges menschliches Handeln hat verschiedene Gründe. Wir sind in der Lage, Verschwendung besser zu erkennen und zu verhindern als Tiere. Eine Amsel, die die Hälfte der Beeren, die sie fressen will, fallenlässt, kann dies nicht durch Erkenntnis und Beschluss unterlassen, weil ihr die Erkenntnisfähigkeit und das bewusste Handeln fehlen. Andererseits hat sie dadurch offenbar so wenig Nachteile in Bezug auf die Arterhaltung, dass sie ein leistungsfähigeres Gehirn, mit dem sie weniger Verschwendung erreichen könnte, mehr kosten als es ihr nutzen würde.

      Wir nutzen unser „Revier“ stärker aus, so dass Verschwendung eine andere Bedeutung bekommt. Die Amsel hat wenig davon, wenn sie weniger Beeren fallen lässt, die dann ohnehin am Strauch verfaulen. In unserer Welt bedeutet die Verschwendung des Einen oft den Mangel des Anderen. Außerdem erzeugt eine Amsel keinen „Müll“, СКАЧАТЬ