Название: Krimi-Sammlung Tod im Leuchtturm und 7 andere Krimis
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745208979
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»Mein Geheimtipp«, meinte der Blonde, als habe er Kellys Gedanken erraten. »Ein Lokal, in dem es täglich frische Forellen gibt. Und die besten Butterkartoffeln weit und breit. Selbst angebautes Gemüse und nicht das aus der Gefriertruhe. Sie werden begeistert sein. Nur keine Bange. Ihnen passiert schon nichts. Schließlich haben Sie uns in der Hand. Wir wollen keinesfalls, dass Ihr Wissen an fremde Ohren dringt. Wie viel, sagten Sie, möchten Sie haben?«
Kelly schluckte am Kloß in seinem Schlund. Er schmeckte scheußlich. Der Fahrtwind Fächelte in seinem pechschwarzen glatten Haar.
»H..., hunderttausend Dollar ...«
Der Fahrer nickte. »Nicht gerade ein Pappenstiel.«
»Was wollen Sie? Ihre Gruppe hat inzwischen mindestens zehn Millionen abgeräumt.«
»So genau wissen Sie das?«
Kelly wurde patzig. »Ich bin vom Fach.«
»Das ist mir klar. Sie können sich übrigens wieder entspannen. Wir sind gleich am Ziel. Nur um die vierhundert Yards noch.«
Die Straße führte jetzt zwischen Kiefern hindurch. Sie waren nicht von selbst gewachsen, sondern gesetzt worden. Für dieses Ufer hatte die Natur keine Bäume vorgesehen gehabt. Sie waren so künstlich wie Las Vegas auch. Der Wüste abgerungen und nur lebensfähig, weil der Mensch das so wollte. Die Erde dafür hatte extra von weit her angefahren werden müssen. So wie auch jene am Rand des Pools und für den Rasen und die üppigen Blumenrabatten dazwischen. Las Vegas verbrauchte fast viermal so viel Wasser wie eine vergleichbar große Stadt in gemäßigteren Zonen.
Der Fahrer verlangsamte sein Tempo. Ein Nachtvogel schrie geisterhaft. Der Motor des Caddy war kaum zu hören. Kelly kam es vor, als würde sein Puls viel lauter pochen. Jeglicher Appetit war ihm ohnedies vergangen.
Keinen Bissen hätte er jetzt noch hinuntergekriegt, und das wollte er gerade sagen, als der Blonde aufs neuerliche die Straße verließ. Kein Asphalt mehr. Nur ein holpriger Feldweg. Der Croupier hatte auch kein Schild bemerkt, das auf irgendein Lokal hingewiesen hätte. Dann knirschte plötzlich Kies unter den Pneus, und der mächtige Wagen stand, in den Stoßdämpfern wippend.
Jerome Kellys Gedanken brauchten sich nicht erst zu überschlagen. Panik schwemmte in ihm hoch wie eine Sturmflut, schwappte über ihm zusammen, hüllte ihn ein, trug ihn fort. Ein Paradoxon, dass ihm das ausgerechnet hier in Nevada passierte.
Doch seine Reflexe waren in Ordnung. Ohne blendende Reflexe kam kein Croupier aus. Sie waren das A und O in seinem Beruf.
Blitzschnell huschten die Karten aus dem Schuh beim Baccarat, blitzschnell flogen die Würfel beim Craps. Er musste Augen haben wie ein Luchs und die Geschicklichkeit eines Zauberkünstlers, ohne selbst dabei »zaubern« zu dürfen. Und seinen schnellen Augen war es letzten Endes auch zu verdanken gewesen, dass er diesen Betrügern überhaupt auf die Spur gekommen war.
In diesen Sekunden allerdings war Jerome Kelly seinem Schicksal überhaupt nicht mehr dankbar für dieses Talent. Er hätte es verfluchen mögen! Wieso hatte er nur so leichtfertig sein können!
Er riss den Wagenschlag auf, ließ sich hinausfallen, rollte über die Schulter ab. Der Blonde war sich zu sicher gewesen mit seinen Muskeln und seinem stoischen Gehabe und seiner Größe, mit der er den Croupier des »All America Casino« um mindestens einen Kopf überragte. Glaubte der Kerl denn, er ließe sich die Haut abziehen wie ein totes Kaninchen?
Kelly kam hoch. Er hatte die Orientierung verloren. Doch die Doppelscheinwerfer des Caddy brannten noch. Nichts wie weg aus dem Lichtkegel, der seine Balken drohend in die Dunkelheit schnitt. Unterholz. Rascheln an seinen Knien. Frische Luft.
Und dann vor ihm die Fläche des Lake Mead. Unschuldig wie flüssiges Silber lag sie vor ihm. Kein Windhauch kräuselte den Spiegel.
Wohin jetzt? Zu den Forellen?
Es gab keine Forellen im See. Er hätte vorher daran denken sollen. Er hätte so vieles vorher bedenken sollen.
Was für ein Narr er doch gewesen war!
Kelly stolperte weiter, wusste den Verfolger hinter sich, ohne auch nur einen Atemzug von ihm zu hören. Leute wie dieser Blonde hielten sich nicht mit Keuchen auf. Sie handelten. Blind wie ein Grottenolm war er in eine Falle getappt. Nicht aus Geldgier, sondern von einer vagen Hoffnung getrieben. Von einer Hoffnung auf eine Zukunft, die ihm hier in Las Vegas nie in Erfüllung gegangen wäre.
Als sich ein paar zugreifende Hände von hinten hart um seine Knöchel schlossen, war endgültig alles geklärt. Keine Fragen mehr, kein Morgen. Er klatschte mit dem Gesicht ins Wasser. Kalt, eiskalt, spritzte es auf, wo sein Kopf untertauchte. Ein Stechen in der Brust, als habe ihm jemand ein Messer ins Herz gebohrt, es brutal in der offenen Wunde gedreht. Und dieselben Hände, die ihn zu Fall gebracht hatten, rissen ihn nun wieder heraus aus dem Wasser.
Dann stand er da, der Blonde. Mit schwer hängenden Armen. Es dauerte eine Weile, bis er die Wahrheit erkannte. Dann traten ihm, dem Erbarmungslosen, auf einmal Tränen in die Augen. Es waren echte Tränen.
»Du Schwein!«, heulte er, und niemand war in der Nähe, der ihn hätte hören können. »Du zehnmal verfluchtes Schwein! Musstest du ausgerechnet jetzt krepieren?«
3
Toby Rogers trank gerade seinen dritten Whisky, für ihn eine beinahe olympiareife Leistung, weil er sonst Bier bevorzugte.
Aber er litt unter Flugangst. Einer höllischen Flugangst. Nicht einmal die Oberweite der Stewardess konnte ihn darüber hinwegtrösten, und schon das allein bewies, welche Schrecken das Fliegen für den Schrecken der Centre Street barg.
Centre Street. Das ist das Police Headquarters Manhattan South, ein Bau, der jährlich um die drei Zentimeter tiefer in die Erde versinkt und von Architekten schon ein Stahlkorselett verpasst bekommen hat. Und Rogers war in diesem Ameisenhaufen uniformierter und ziviler Gesetzeshüter der Leiter des Morddezernats C/II. Heiß geliebt von einer kleinen Handvoll Leute und wie die Pest gehasst von einem runden Tausend. Seine Squad erreichte die Aufklärungsquote von nahezu 90 Prozent, und das war einsame Spitze in New York.
Zu den Leuten, die ihn deswegen hassten, gehörten nicht wenige seiner Kollegen.
Neben ihm, auf der Fensterseite der Boeing 727, hatte Bount Reiniger überhaupt keine Angst, betrachtete sogar die Oberweite des so wenig engelhaft fliegenden weiblichen Personals mit wachsendem Genuss. Es stieg meist im Plaza ab, das wusste er, das gehörte bei ihm fast schon zur Allgemeinbildung.
Indes, ein paar andere Probleme standen ihm zur Zeit näher. Und auch um Freund Rogers abzulenken, fragte er: »Woher kennst du Lionel Lister eigentlich? Bisher hast du dich darüber ausgeschwiegen.«
»Wie man Leute halt so kennt«, wich Rogers aus.
Ihn als Schwergewicht zu bezeichnen, wäre der Wahrheit ziemlich nah gekommen. Allerdings musste man ihm den Boxer wieder davon abziehen. Es sei denn, in der nächsten Saison würden Nashörner und Elefanten in den Ring des Madison Square Garden zugelassen. Captain Toby Rogers verfügte über eine rotledrige Haut, den СКАЧАТЬ