Название: Krimi-Sammlung Tod im Leuchtturm und 7 andere Krimis
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745208979
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»An die Spitze«, meinte Rogers schlicht. »Er ist Leiter des All America Casino. Das dazugehörige Hotel hat zweitausend Zimmer und Suiten und gehört ebenfalls zur absoluten Luxusklasse. Das leitet er natürlich auch. Er hat den golden pencil.«
Reiniger stieß pfeifend die Luft aus den Lungen. »Der goldene Bleistift« war ihm natürlich ein Begriff. Er wurde nur an sehr wenige Geschäftsführer abgegeben und berechtigte den Inhaber, nach eigenem Gutdünken Freunde des Hauses und auch persönliche nicht nur zu bewirten, sondern sie auch kostenlos in seinem Hotel wohnen oder gleich aus aller Welt einfliegen zu lassen. Und für all diese Vergünstigungen leistete ein Kasinodirektor nur seine Unterschrift. Daher der Name.
Dann stieg ein livrierter Chauffeur aus, muskulös, ein schickes Käppi auf seinem blonden Schopf, und öffnete eine der hinteren Türen.
Ein Mann in Rogers' Jahren wurde sichtbar, doch hatte er sich entschieden besser gehalten. Die schlanke Gestalt in einen sepiafarbenen Seidenanzug gehüllt und in ein ähnlichfarbenes Hemd mit gelben Nadelstreifen, winkte er herauf zu den winzigen Fenstern in der ersten Klasse. Sein Haar war schlohweiß und lang wie bei einem Künstler, der sich wenig um Konventionen scherte. So wie er dastand, erinnerte die Mähne tatsächlich an die eines Löwen, doch damit hörten die Ähnlichkeiten auch schon auf. Löwen trugen keine Maßanzüge und keine Maßschuhe. Vielleicht waren sogar noch die Socken nach seinen speziellen Daten gestrickt.
Toby winkte nicht zurück, er drängte bereits zum Ausgang, zwängte sich rigoros durch die übrigen Passagiere. Auf seinem runden Bulldoggengesicht glänzte ein freudiges Strahlen. Flink wie ein überfüttertes Wiesel, jedoch immer noch flink, huschte er über die Stufen hinunter. Um in die weit ausgebreiteten Arme von Lionel Lister zu laufen. Beide grinsten sie sich an wie die Ölgötzen.
Es war schon ein rührendes Bild, irgendwie, das sich Reinigers Blicken bot: hier Captain Rogers in seinem zerknitterten Konfirmandenkostüm, verschwitzt und dicknackig, unrasiert; und da dieser Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, der mit Sicherheit mindestens nach Rosenwasser duftete. Ein Herz und eine Seele waren sie beide anscheinend trotzdem.
Bount folgte langsam, nachdem das Gedränge nachgelassen hatte, und nahm auch Tobys Bordgepäck mit. In der Eile hatte er's vergessen. Und er erreichte die seltsame Gruppe, als die erste Begrüßungsfreude endlich abflaute. Die beiden erwachsenen Männer versicherten sich gerade, wie gut sie eigentlich noch ausschauten. Vonseiten Lionel Listers eine unverschämte Lüge.
»Und das ist mein Freund Bount«, sagte Rogers jetzt. »Ich habe dir ja schon von ihm erzählt. Manchmal bin ich ihm beim Lösen seiner Fälle behilflich.«
Bount Reiniger bleckte die Zähne. Toby konnte mindestens ebenso gut flunkern wie der Spielcasino-Löwe Lion. Denn meistens war’s umgekehrt, wenngleich Bount zugeben musste, dass Captain Rogers unterm Strich doch ein Prachtbulle war. Noch einer vom alten Schrot und Korn und keiner von diesen geschniegelten und gestriegelten Schreibtischhengsten mit dem Bachelor of Science als Schulabschluss, wie sie neuerdings immer mehr in Mode kamen.
Lister reichte ihm die Hand. Ihr Druck war kühl und fest. Dabei schauten sie sich in die Augen. Der Kasinodirektor versuchte in Bounts Zügen zu forschen, und umgekehrt war es nicht anders. Was Bount sah, beeindruckte ihn aus der Nähe nicht weniger als auch schon aus der Entfernung.
Ein feingeschnittenes, sonnengebräuntes Gesicht mit gerader Nase, einem smarten, ebenfalls schlohweißen Oberlippenbärtchen, in der Mitte des markigen Kinns ein Grübchen. Hoch angesetzte Wangenknochen, buschige Brauen, denen man allerdings die Nacharbeit einer Visagistin ansah. Die Augen selbst waren von eisiger Bläue und wichen Bounts Blick keinen Sekundenbruchteil lang aus. Ein Mann insgesamt, der sich über seinen Wert nicht täuschte.
Dann verzogen sich die Lippen zu einem diffusen Lächeln.
»Herzlich willkommen, Mister Reiniger. Ich hoffe, Sie werden Ihren Aufenthalt hier genießen.«
»Vielen Dank. Aber ich fürchte, dazu sind wir nicht gekommen.«
Listers Blick verengte sich einen Moment. Dann drang sein Lächeln wieder an die Oberfläche.
»Kompliment«, sagte er. »Unser gemeinsamer Freund hat also nicht übertrieben, als er Sie schilderte. Immer am Ball bleiben; das Ziel nie aus den Augen verlieren ...«
Bount zuckte die Schultern. »Jeder macht seinen Job, so gut er kann. Ich denke, bei Ihnen ist das um kein Jota anders.«
»Hm. Sie sind ein Mann nach meinem Geschmack, Mister Reiniger. Ich darf Sie doch Bount nennen?«
Zwar hatte Bount etwas gegen schnelle Kameraderie, aber er wusste auch, dass an der Westküste andere Sitten herrschten. Dort lächelten sich die Geschäftsleute freundlich an, während sie versuchten, sich gegenseitig an der nächsten Wand zu zerquetschen.
»Nichts dagegen, Lion.« Der Händedruck wurde erneuert. Bount hatte noch kein rechtes Bild von diesem Mann. Er war glatt wie ein Aal und scharfsichtig wie ein Geier. Etwas in seinem Blick erinnerte ihn tatsächlich an einen Raubvogel.
»Aber was stehen wir hier noch länger in der Hitze herum?«, meinte Lister anschließend. »Drinnen im Wagen ist es kühl. Und ein Gläschen Champagner steht auch bereit.«
Diesmal öffnete er den Wagenschlag selbst. Das heißt, er öffnete zwei Stück, und der Einlass in den Caddy wurde breit wie ein Scheunentor.
Auf den Rückplätzen lagen sich die Sitzreihen gegenüber. Sie waren mit mitternachtsblauem Samt ausstaffiert. Auf dem hochflorigen Teppichboden dazwischen hätte ein erwachsener Mann bequem wie in einem Daunenbett schlafen können. Dagegen ging es in Bounts Mercedes 500 SL beinahe eng oder sogar ein bisschen ärmlich zu.
Trotzdem hätte er nicht tauschen mögen. Er war ja kein Busunternehmer und die City in New York auch ohne diese Zehn-Meter-Karossen schon verstopft genug.
Zwischen den Rücksitzen und dem Fahrerabteil surrte die bronzegetönte Trennscheibe hoch. Dunkel getönt waren auch die anderen Scheiben. Sie sperrten die Hitze aus. Es war kühl wie in einem Grab. Die Klimaanlage summte fast lautlos.
Lister spielte auch weiterhin den perfekten Gastgeber. Er war ja auch einer. Es gab Dom Perignon aus einer Magnumflasche. Toby beäugte das moussierende Getränk mit sichtlichem Misstrauen, denn es stammte weder von Anheuser noch Budweiser oder Schlitz, den drei umsatzstärksten Brauereien in den USA.
Bount indes wandte seinen Blick nach draußen, während die beiden ungleichen Männer bald darauflos plauderten und in gemeinsamen Erinnerungen schwelgten, die ihn nun wieder wenig bis überhaupt nicht interessierten. Neben dem Gate zum Rollfeld fiel ihm ein blau-weißer Chevy auf, mit dem üblichen Christbaum auf dem Dach. Ein Patrol Car mit dem Wappen Nevadas auf der Seite.
Und wiederum daneben stand ein ungeheuer fetter Mann in Khaki-Uniform, einen Stern auf der verfetteten Brust mit den schwelgerischen Frauenbrüsten. Er stierte mit bösen Augen zum Caddy herüber. An seiner umfangreichen Taille baumelte ein riesiger Colt im offenen Westernholster, der dort nur wie ein Spielzeugrevolver wirkte. Trotzdem erkannte Reiniger den Remington, Kaliber 56. Wenn man einem Rind damit ins Maul schoss, hatte es anschließend keinen Schwanz mehr.
Reiniger unterbrach das Gespräch.
»Entschuldigen Sie, Lion«, sagte er. »Aber wer ist denn dieses СКАЧАТЬ