Название: Krimi-Sammlung Tod im Leuchtturm und 7 andere Krimis
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745208979
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Und deshalb saß er jetzt hier in diesem Bestattungsunternehmer-Caddy. Der kalte Schweiß floss noch schneller. Er wischte sich die Hände an den Oberschenkeln seines Dinner-Anzugs ab. Der Kragen seines weißen Hemds war ihm zu eng.
Vielleicht hätte er sich vorher doch besser umziehen sollen. Jetzt klebte ihm dieses Hemd am Körper, obwohl er sonst nicht zum Schwitzen neigte. Jerome Kelly konnte sich riechen, und das war ihm zusätzlich peinlich.
Er kannte den Mann neben sich. Doch ihn hatte er eigentlich nicht erwartet. Nicht ausgerechnet ihn. Allerdings wusste er auch nicht, welche Rolle er nun wirklich spielte. Es wunderte ihn ein wenig, dass sich die Gegenseite so weit aus der Deckung wagte.
»Sie haben das Paket dabei?«, fragte der Mann.
Er war blond und muskulös und starrte teilnahmslos durch die Windschutzscheibe. In seinem Mundwinkel hing eine halb gerauchte Zigarette. Die Packung dazu lag in einem Fach der Mittelkonsole. Ein buschiger Oberlippenbart sollte wohl seine strichdünnen Lippen verbergen, die diesem bei aller muskulösen Fülle hageren Gesicht einen Zug von Grausamkeit verliehen. Möglich, dass er Dope nahm. Kokain vermutlich. Wer sich mit »H« abspritzte, verlor in dieser Stadt schneller seinen Job, als eine Space-Shuttle fliegen konnte.
»Es gibt kein Paket«, antwortete Kelly. Seine Kehle kratzte. Er hatte sich vor diesem Satz räuspern müssen. »Alles in meinem Kopf.«
Der blonde Fahrer schwieg. Kellys Haar lag wie eine schwarze Kappe um den Schädel.
»Ist das nicht ein bisschen unvorsichtig?«, fragte der Mann am Steuer ruhig. »Ich meine, Sie wissen doch, worauf Sie sich hier einlassen.«
Und ob der Croupier das wusste. Er reiste auf des Messers Schneide. Erneut wischte er sich über die Oberschenkel. Er hätte jetzt so gern einen weiteren Drink gehabt. Etwas stärkeres als Whisky. Am besten einen Tequila. Und er hätte vorher noch etwas essen sollen. Er fühlte Übelkeit aus seinem Magen hochsteigen.
»Natürlich habe ich mich abgesichert«, entgegnete er schroff. »Ich bin doch kein Idiot. Und die Zeiten, in denen missliebige Personen spurlos in der Wüste verschwanden, sind ein für allemal vorbei. Das könnt ihr euch nicht mehr leisten. Es sitzen euch zu viele Leute auf den Hacken. Das FBI, die Kommission, der Sheriff und nicht zuletzt die Multis selbst. Es ist doch Käse, zu behaupten, dass die Mafia heute noch am Roulette-Zylinder mitdreht.«
Der eigene Satz hatte Kelly etwas beruhigt. Denn was er sagte, stimmte. Schon möglich, dass Gangster wie Bugsy Siegel und sogenannte Gangster wie Moe Dalitz und Major Riddle das heutige Las Vegas bald nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Taufe hoben, doch inzwischen hatten die internationalen Multis die Ansprüche des Großkapitals erhoben, diese Goldgrube mit auszubeuten. MGM war genauso vertreten wie EXXON, IBM oder die rührige Rockefeller-Connection. Natürlich auch bei denen wurde mit den allerhärtesten Bandagen gekämpft, doch gehörte Mord offiziell noch nicht zu ihren Geschäftspraktiken, wie Jerome Kelly inständig hoffte.
Und sein Kasinohotel gehörte so einem Multi, wenn auch nicht einem der eben erwähnten.
Der blonde Fahrer schwieg. Sie hatten die Stadt in südwestlicher Richtung hinter sich gelassen. Schwarze Berge rahmten die Landschaft, ein fahlgelber Mond zauberte Glanzlichter auf die nur zwei Monate im Jahr zum Teil schneebedeckten Kämme und Grate.
Nevada - also schneebedeckt - hatten ein gewisser Padre Escalante und seine Truppe spanischer Conquistadores das Land Anno Domini 1776 getauft, als sie ihre christliche Fahne über einer grünen Oase mitten in einer schier endlosen Wüste hissten. Sie nannten den Ort Las Vegas, was im Spanischen so viel wie >Die Wiesen< bedeutet. Und schon damals hatten sich hier nackte Pajute-Indianer stundenlang dem Vergnügen hingegeben, Knöchelchen und bemalte Stäbchen in einer Art Würfelspiel über den Sand zu rollen und bei den Wetten ihre Frauen und Pferde einzusetzen.
Nun Pajutes gab es heute keine mehr, denn sie hatten ihren grausamen Manitu lieber gehabt als den barmherzigen Christengott und wurden folglich ausgerottet.
Doch das Würfeln und die Spielleidenschaft waren geblieben.
Jerome Kelly kannte diese Geschichte. Und er schöpfte Trost daraus. War er etwa ein primitiver Heide? War der Blonde neben ihm etwa ein spanischer Priester aus einer Epoche religiösen Wahns?
»Wo fahren wir hin?«, fragte er. Er fühlte sich jetzt ein bisschen besser. Die etwas frischere Nachtluft hatte gut getan. Der Mond und die Wüste wirkten beruhigend auf ihn. Der Cadillac schaukelte dahin wie eine Sänfte. Was, zum Teufel, sollte ihm schon passieren?
Sie lebten schließlich in zivilisierten Zeiten!
2
Viel konnte man in seiner Freizeit nun wirklich nicht anfangen in Las Vegas. Und das war vollkommen beabsichtigt. Am Swimmingpool herumliegen, der ebenfalls nie weiter als zwei Minuten vom nächsten Spielautomaten entfernt war; in glühender Hitze Tennis spielen; eine Runde reiten oder wie nirgendwo sonst in den Staaten schweißtreibend Golf spielen. Der Service auch in den Luxusherbergen war anerkannt miserabel, denn die Besucher - selten blieb einer länger als drei oder vier Tage - sollten sich ja nicht in ihren Zimmern aufhalten, sondern spielen. Aus demselben Grund war das Essen in den allermeisten Restaurants vom qualitativen Standard einer Quick-Food-Kette. Die Stühle und Tische samt übrigem Interieur luden niemals zum Verweilen ein. Sie hatten den Charme einer Werkskantine.
Eine löbliche Ausnahme im Freizeitprogramm bildete einzig und allein der Lake Mead hinter der gigantisch aufragenden Steilwand des Hoover-Staudamms. Hier konnte man segeln, sich in überraschend kaltem Wasser erfrischen und wenn man Glück hatte auch etwas Vernünftiges zwischen die Kiemen bekommen.
»Ich lade Sie ein«, sagte der Fahrer, während er vom Interstate Highway zur kaum schmäleren Auffahrt abbog. »Hängt Ihnen der Fraß in Las Vegas nicht auch schon zum Hals raus?«
»Wie? Was?« Kelly war in Gedanken versunken gewesen. Jetzt ruckte er wieder hoch. »Ach ja. Ja bitte. Sehr freundlich von Ihnen.«
»Wir können uns doch auch wie kultivierte Menschen unterhalten, nicht wahr? Und uns einigen.«
Im letzten Satz schwang unüberhörbar ein drohender Unterton mit. Jerome Kelly nickte heftig. Gleichzeitig setzte sein Herz einen Schlag aus. Wie immer öfter in der letzten Zeit. Er schluckte schnell eine Tablette. Er trug sie in der Seitentasche seines Jacketts. »Natürlich werden wir uns einig.«
Die mondhelle Nacht floss an den Fenstern vorbei. Steine, nichts als Steine. Am Tag und besonders bei Sonnenauf- und -untergang brannten sie in allen Regenbogenfarben. Nun aber lagen sie da, wie von der Faust eines grimmigen Riesen verstreut, schwarz und abweisend. Nur vereinzelt wuchs ein Kreosot, ein Dornbusch. Die Landschaft war bedrückend. Sie legte sich aufs Gemüt, und schon war Kellys Laune wieder am Schwindel! Er wusste das Kribbeln in seinen Fingerspitzen und am Nacken nicht zu deuten. Machte er sich nur etwas vor? War er doch in Gefahr?
Das Gesicht des Blonden blieb ausdruckslos. Er schaute stur geradeaus, zündete sich eine neue Zigarette an. Er trug nur ein Sweatshirt und hellfarbige enge Jeans. Darunter konnte er unmöglich eine Waffe verbergen. Doch andererseits, wenn Kelly so seine kräftigen Hände ansah, die zur Zeit noch locker das Steuer umfassten, dann brauchte dieser Mann wahrscheinlich gar kein Schießeisen. Mit solchen Fäusten brach man ein Genick wie einen dürren Ast. Die kurzen Ärmel СКАЧАТЬ