„Dale!", sagt er krächzend und heiser. „Verdammt, die andere Hälfte der Prügel bekommst du noch!"
„Ja, Dad, ich weiß."
„Keinen Schritt weiter!", schreit Bill, dass der Rancher zusammenzuckt.
Die Cowboys bleiben im Flur stehen. Alle scheinen das Gewehr sehen zu können.
Big John wischt über den Kolben, der aus seinem Halfter ragt.
„Wenn ich den Finger krumm mache, bist du tot!", ruft Bill.
„Dich werden ein halbes Dutzend Kugeln treffen."
„Ja, das mag sein. Aber du erlebst das nicht mehr. Und auch Dale hat nichts davon. Die Kugel wird sein Herz treffen. Es ist das erste Mal, dass ich einem Mann dann in den Rücken geschossen habe. Ich mache das bestimmt nicht gern."
Big John wird noch bleicher.
„Wir wollen verhandeln", sagt er. „Boys, ihr wartet unten."
„Geben Sie Ihren Colt mit, Hassel", meint Bill. „Oder verschwinden Sie!"
Big John schnallt seinen Gurt ab und gibt ihn hinaus. Ein Cowboy nimmt ihn entgegen.
„Wartet im Saloon. Und kümmert euch um Ace. Es wird hier keinen Coroner geben."
„Ja, Boss."
Die Tür fällt zu. Big John will vorwärtsgehen, bleibt aber doch stehen, als die Waffe in Bills Hand hochzuckt.
„Keinen Schritt, Big John! Es hat sich dadurch nichts geändert."
In Hassels Gesicht zucken die Muskeln.
„Dad, er will mich heute abend mit dem Zug nach Cheyenne schleppen!", schreit Dale keuchend.
„Keine Sorge, mein Junge. Er fährt höchstens in die Hölle. Nach Cheyenne niemals! Du musst doch deine Prügel noch bekommen, du verdammter Hundesohn!"
Dale sinkt in sich zusammen.
„Nehmen Sie endlich den Revolver weg, Jackson!"
Bill lächelt hart.
„Sie haben sich einen ganz neuen Ton angewöhnt, Hassel", sagt er. „Bleiben Sie stehen!"
„Würden Sie wirklich auf einen unbewaffneten Mann schießen?"
„Natürlich."
„Ich war also in Cheyenne. Es hat dort niemand eine Ahnung, wer das Geld aus dem Zug holte und den Schaffner erschoss."
„Ich weiß."
„Jackson, ich biete Ihnen die zwanzigtausend und noch fünftausend Dollar extra an. Sie wissen, dass mir daran gelegen ist, die Sache möglichst friedlich zu bereinigen. Ich sagte: möglichst!"
„Ja, ich verstehe. Die Sache wird der Richter bereinigen. Wenn Sie schon in Cheyenne waren, konnten Sie mit ihm sprechen."
Big Joihns Gesicht schiebt sich in die Breite.
„Dad, du ahnst nicht, wie hart er ist!", schreit Dale. „Er lässt sich nicht bestechen. Er ist gar kein Mensch mit Fehlern und Schwächen. Er ist wie eine Maschine!"
„Quatsch. Jackson, denken Sie schnell darüber nach!"
„Wir fahren heute abend mit dem Zug nach Cheyenne", entgegnet Jackson kühl. „Wenn Sie weiter nichts wollten, können Sie jetzt gehen."
„Dad ..."
Big John geht rückwärts zur Tür und greift nach der Klinke.
„Hab nur keine Angst", zischt er. „Du bekommet die zweite Hälfte der Prügel. Jackson, Sie bringen ihn niemals aus diesem Saloon hinaus. Sie haben mir einen Mann erschossen. Wir sind noch neun. Ich hätte Sie für klüger gehalten. Sie konnten bare fünftausend Dollar gewinnen. Nun werden Sie nichts bekommen und noch dazu das Leben verlieren."
„Gehen Sie, Hassel! Los, hinaus! Ich kann Sie nicht mehr sehen!"
Big John drückt die Klinke nach unten und tritt über die Schwelle.
„Dad, er ist ein Kerl ohne Nerven!", ruft Dale schrill. „Sicher wird er sich einen Trick einfallen lassen, um mich in den Zug zu bringen!"
„Nur keine Sorge. Wir passen auf. Aus diesem Haus führt nur ein einziger Weg; der durch den Saloon."
Big John schmettert die Tür zu. Bill Jackson hört, wie sich die Schritte entfernen.
*
Er denkt daran, dass Hassel recht hat. Es gibt nur einen Weg, und der führt durch den Saloon. Die Treppe aus dem Obergeschoss führt direkt in den Saloon hinein. Langsam geht er zum Fenster und blickt auf die Straße hinunter. Gegenüber steht eine Gruppe Männer. Sie schauen zu ihm hinauf.
Plötzlich blitzt etwas. Bill zuckt zur Seite. Splitternd zerspringt die Scheibe. Scherben werden ihm ins Gesicht geschleudert.
Bill geht in den Raum zurück. Er sieht Dales hämischen Blick und die flackernde Angst tief in den Augen. Der wilde Bursche scheint jetzt nicht zu wissen, ob er wirklich noch eine Chance haben wird, oder ob alles nur Einbildung ist.
Bill bleibt am Tisch stehen und legt die Winchester darauf. Dann geht er zur Tür und dreht den Schlüssel herum.
„Mein Vater hat dir fünftausend Dollar extra angeboten", meint Dale. „Das mag nicht viel sein, Jackson. Aber wenn man in Cheyenne keine Ahnung hat, wer den Zug überfiel, dann weiß man auch noch nicht, was aus dem Geld geworden ist. Genau genommen könntest du mit fünfundvierzigtausend. Dollar fortreiten, wenn du das willst!"
Bill bleibt dicht vor Dale stehen und schaut ihn kalt an.
„Ich habe noch nie einen Gefesselten geschlagen", stößt er mühsam beherrscht hervor. „Aber wenn du jetzt nicht das Maul hältst, tue ich es!"
Dale zieht den Kopf tief zwischen die Schultern und schielt seinen Bezwinger von unten herauf an. Er sagt nichts mehr.
Bill wendet sich ab, geht zum Fenster und lehnt sich dicht daneben an die Wand. Er schaut um die Kante.
Die Männer gegenüber sind nicht mehr da. Die Straße liegt wie leergefegt im grellen Sonnenlicht. Auch dort, wo er das Blitzen sah, steht niemand mehr.
Da ist ein Kratzen an der Tür zu hören.
Bill fährt herum und reißt den Frontiercolt aus dem Halfter. So bleibt er stehen und wartet. Das Kratzen wiederholt sich. Dann ist ein Lachen zu hören.
Dale hustet erregt.
Bill geht am Fenster vorbei und bleibt neben dem Bett stehen.
Da krachen sechs Gewehrschüsse im Flur, die das Haus erzittern lassen. Bill sieht sechs kleine Löcher, die sich um das Schloss ziehen. Ein hallender Tritt.
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