Название: Duftapotheke Bundle. Bände 1-3
Автор: Anna Ruhe
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Детские приключения
isbn: 9783401809168
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Irgendwas stimmte daran nicht.
Aus dem Wohnzimmer trällerte Pa zu einem seiner Lieblingslieder. Ma lauschte und ging dem Gesang nach. »Was sind das für grauenhafte Geräusche?« Empört blieb sie in der geöffneten Tür zum Wohnzimmer stehen und sah zu Pa, der sich seine Kopfhörer übergezogen hatte und lauthals mitsang.
»Entschuldigen Sie bitte!«, rief Ma ihm entgegen. »Was machen Sie da?«
»Das ist Papa!«, Benno zog an Mas Hand. »Der singt doch immer so.«
»Das ist euer Vater?« Sie sah uns völlig verwirrt an. »Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, was dieser gut aussehende Mann da in meinem Wohnzimmer macht. Aber wenn ihr meint, dass das euer Vater ist, dann macht das ja Sinn.«
»Das ist Christian Alvenstein«, sagte ich angestrengt langsam. »Unser Vater und DEIN Ehemann!«
Ma drehte sich erschrocken zu mir um. »Ehemann?!«
Pa lag auf dem Sofa und hatte immer noch seine Kopfhörer auf. Mir wurde kalt, dann heiß und gleichzeitig übel. Es fühlte sich an, als drehte sich mein Magen um sich selbst.
»Papa!«, rief Benno und lief auf das Sofa zu. Ich sah, dass ihm eine Träne über die Backe rollte. In seinen Augen wartete die Hoffnung, dass Pa gleich alles wieder geraderücken würde. Dass das alles nur ein Missverständnis war oder ein ganz besonders dummer und blöder Witz unserer Eltern.
»Ma vergisst alles! Alle sind verrückt geworden!«
Pa schob sich die Kopfhörer von den Ohren und sah erst mich, Ma und dann Benno an.
»Na, mein Kleiner?« Er legte seine Stirn in Falten und strich Benno liebevoll über die Backe. »Was ist denn los?«
»Sag, dass alles in Ordnung ist!«, schluchzte Benno. »Los! Mach!«
Pa setzte sich auf und blickte Ma vorwurfsvoll an. »Was ist hier los? Wieso kümmern Sie sich nicht um Ihren Sohn? Er sieht ja ganz verängstigt aus. Und Sie stehen hier einfach nur rum!«
Da drehte Benno auf dem Absatz um und rannte auf mich zu. Er schlang seine zitternden Ärmchen um mich und vergrub sein Gesicht in meinem Pulli. Fassungslos ging ich rückwärts, bis ich die Eingangstür im Rücken spürte.
Ich bekam keine Luft. Die leeren Gesichter unserer Eltern fühlten sich schrecklich an. Es war, als wäre ihnen alle Erinnerung einfach verloren gegangen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Und ich musste dringend herausfinden, warum!
Ich griff nur noch hinter mich zur Türklinke und öffnete sie. Mit der einen Hand hielt ich Benno fest an mich gedrückt, mit der anderen schob ich die Tür wieder zu. So schnell wir konnten, rannten wir weiter, bis wir vor Mats’ Haustür standen.
18. Kapitel
Bei Mats war die Welt noch so, wie wir sie kannten. Als hätte es das Vergessen um uns herum nicht bis hierhergeschafft. Leon und seine Mutter saßen in der Küche an einem Esstisch und sprachen ernst miteinander. An den Sorgenfalten in ihren Gesichtern sah ich, dass sie sich entweder gerade gestritten hatten oder ihnen etwas Ähnliches passiert sein musste wie uns. Wenn auch mit dem Unterschied, dass sie sich gegenseitig noch erkannten.
Diesmal fragte Mats mich nicht, warum ich gekommen war. In seinem Gesicht lag eine stumme Ahnung. Er strich Benno über den Kopf und schob uns zusammen mit einer Tüte Süßkram an den Küchentisch. Die geöffnete Tüte stellte er direkt vor Benno und mir ab.
»Nervennahrung!«, sagte er nur.
Mit einem dankbaren Nicken setzte ich mich auf einen Stuhl neben Mats’ Mutter und hob Benno auf meinen Schoß. Ich stellte uns kurz vor und erfuhr im Gegenzug, dass Mats’Mutter Susan hieß. Sie hatte die gleichen dunklen Augen wie ihr jüngerer Sohn: weich, warm und geduldig. Ohne viele Worte holte Susan eine Wolldecke, die sie mir um die Schultern legte. Wir wickelten uns in die flauschige Decke wie zwei Rollmöpse. Das tat gut. Erst jetzt merkte ich, dass Benno und ich beide vor Aufregung zitterten.
»Schaut mich mal an«, sagte Susan und holte aus ihrer weißen Brusttasche einen silbernen Stift. Es war aber kein Kugelschreiber. Dort, wo normalerweise eine Mine zum Schreiben war, befand sich eine Lampe. Mit der leuchtete sie erst Benno in die Augen, danach mir. Sie nickte kurz, als wäre sie erleichtert, und steckte den silbernen Leuchtstift zurück in ihre Brusttasche.
»Was ist denn passiert?«, fragte Mats und ich hörte an seiner Stimme, dass er sich diese Frage ungeduldig aufbewahrt hatte.
»Unsere Eltern …«, ich schluckte und machte eine Pause, um nicht in Tränen auszubrechen, »sie … ich glaube, sie haben ihr Gedächtnis verloren.«
»Papa erkennt uns nicht mehr«, fügte Benno ganz leise hinzu.
Susan schlug sich ihre Hand vor den Mund. »Um Himmels willen! Das ist wirklich das Schlimmste, was ich heute höre. Und ich habe heute schon eine Menge schlimme Dinge gehört.« Sie stand auf, nahm zwei Tassen aus dem Schrank und goss aus einer Kanne dampfenden Tee für uns hinein.
»Glaubt ihr mir jetzt endlich?« Mats sah wütend zwischen seiner Mutter und Leon hin und her. »Das ist doch fast so wie bei Papa damals!«
Ich starrte Mats an. Das war es also, was Leon vor ein paar Tagen mit »Familienproblemen« gemeint hatte?
»Oh Mann!« Leon stöhnte nur. »Das ist nicht wie damals! Hör endlich auf mit deinen durchgeknallten Verschwörungstheorien und komm mal in der Wirklichkeit an. Unser toller Vater …« Leon schluckte. Dabei sah er aus, als wollten die Worte schneller aus seinem Mund heraus, als er sie aussprechen konnte. Er schloss die Lippen und sah zu seiner Mutter. »Na, du weißt schon.«
»Hört sofort auf zu streiten, Jungs!« Susan hatte ihre Arme in die Seiten gestemmt. »Wir haben gerade wirklich andere Probleme.«
Dabei fiel mir auf, dass sie einen weißen Arbeitsanzug anhatte, einen, wie Krankenschwestern ihn immer trugen. Das erklärte auch die Lampe, mit der sie uns gerade untersucht hatte.
Sie bemerkte meinen Blick und lächelte. »Bei uns im Krankenhaus hatte ich heute ein paar ähnliche Fälle. Die Ärzte wissen noch nicht, was los ist.« Sie rieb sich die Stirn. »Ich muss leider wieder zurück. Wir haben nicht genug Ärzte und Schwestern für alle. Im Krankenhaus ist der Teufel los. Ich wollte hier nur kurz nachsehen, ob es meinen zwei Großen gut geht.« Sie stand auf und sah mich und Benno prüfend an. »Hmm. Ich nehme euch vielleicht gleich mit. Im Krankenhaus kann ich euch besser beobachten.«
Ich schüttelte heftig den Kopf. »Das ist nicht nötig. Mir ist bloß ein bisschen kalt«, sagte ich. »Der Tee hilft schon. Und die Decke auch. Danke noch mal.«
»Dann wenigstens Benno«, beharrte sie.
Benno schüttelte СКАЧАТЬ