Im Würgegriff der Staatsverschuldung. Michael Ghanem
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СКАЧАТЬ nahm die Diskussion um eine systematisiertere Erfassung von Wirtschaftsdaten zur Wohlstandsmessung, vor allem in den USA und England, parallel zum wachsenden Forschungsgebiet der Volkswirtschaftslehre, an Bedeutung zu. Da mit dem II. Weltkrieg zunehmend die Notwendigkeit der kontinuierlichen statistischen Erfassung aktueller Daten über den Zustand der Wirtschaft aufkam, kann dieser als Geburtsstunde der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bezeichnet werden. Die erfassten Daten dienten hauptsächlich als Kalkulationsbasis der für Kriegsausgaben verfügbaren Mittel.

      Im Jahr 1940 empfahl John Maynard Keynes in How to pay for the war6 nicht nur Konsum und Investitionen, sondern auch Staatsausgaben mit ins Volkseinkommen einzurechnen, was auch noch der heutigen Definition des BIPs entspricht.

      Keynes entwickelte Clarks Methode zur Berechnung des Volkseinkommens in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des britischen Finanzministeriums James Meade und Richard Stone weiter, welche sich schließlich durchsetzen konnte. Wenig später entwickelten Meade und Stone auf der Grundlage Clarks und genauerer Definition Keynes ein Kontensystem zur VGR.

      Gleichzeitig wurde in den USA eine Methode entwickelt, wo der Staat selbst früh die Nützlichkeit der Volkseinkommensberechnungen erkannte. Der amerikanische Ökonom Simon Smith Kuznets, der sich hauptsächlich mit Determinanten des Wachstums beschäftigte und 1971 einen Nobelpreis für seine Forschungen zu Wirtschaftswachstum und Ungleichheit bekam, wurde zur Zeit der Great Depression 1931 mit der Berechnung der Volkseinkommen der Jahre 1929–1931 beauftragt. In diesem Zusammenhang handelte es sich um die erstmalige Einforderung der Daten durch eine Regierung.

      Nachdem er die Berechnungen durchgeführt hatte, wies Kuznets den amerikanischen Kongress auf die begrenzte Möglichkeit der Wohlstandsmessung durch diesen Indikator hin.

      Er betonte, dass die Erfassung des Volkseinkommens von dem gesellschaftlichen Konsens darüber, was unter wirtschaftlicher Aktivität verstanden wird, abhinge und sah neben seinen Potentialen die Gefahr der Überschätzung des Indikators.

      Von diesem Zeitpunkt an nahm das Department of Commerce regelmäßig die Berechnungen vor. 1936 bezog sich schließlich auch Präsident Franklin D. Roosevelt in seinem Wahlkampf auf die Steigerung des Volkseinkommens. 1934 führte der amerikanische Ökonom Clark Warburton weitere Berechnungen durch und sprach erstmals vom Bruttosozialprodukt, wodurch zum Ende des Krieges der Begriff des Volkseinkommens endgültig abgelöst wurde.

      Während des II. Weltkrieges diente die Berechnung des Bruttosozialprodukts auch in den USA der Folgenabschätzung von Rüstungsplänen sowie der Identifizierung wichtiger Kennziffern zur Inflationsbekämpfung. Doch auch nach dem Krieg war die Ermittlung statistischer Daten von hoher Bedeutung. Da das Bruttosozialprodukt während des Krieges fast zur Hälfte aus Staatsausgaben bestand, galt es nun, neue Arbeitsplätze außerhalb des Militärs und der Rüstungsindustrie zu schaffen und die Privatinvestitionen und -nachfrage anzukurbeln. Diese Umstrukturierung stellte durchaus eine Herausforderung dar, die ohne die regelmäßige Ermittlung des aktuellen Zustandes der Wirtschaft nur schwer zu bewältigen gewesen wäre.

      1944 trafen sich schließlich Vertreter der USA, Kanadas und Großbritanniens, um eine gemeinsame Grundlage zur Berechnung des Bruttosozialproduktes zu finden und einigten sich 1947 auf das Kontosystem nach Meade und Stone. Simon Kuznets äußerte stets Kritik an der Berechnung und wies auf die Gefahr der Durchsetzung eines falschen Wirtschaftsverständnisses hin. Zudem forderte er eine unterschiedliche Berechnung in Kriegs- und Friedenszeiten, da die wirtschaftliche Aktivität in beiden Fällen auf unterschiedlichen Zielen beruhe. Kuznets Kritik wurde jedoch keine Bedeutung beigemessen.

      Schließlich wurde die Methode der politischen Arithmetik nach Petty fast idealtypisch verwirklicht: Einem Datensystem zur Ermittlung der wirtschaftlichen Aktivität als Basis für politische Handlungsempfehlungen.

      Der britische Ökonom Angus Maddison ermittelte später sogar das BIP pro Kopf für einen Zeitraum von bis zu 2000 Jahren.

      Deutschland war im internationalen Vergleich, was die Erhebung des Volkseinkommens anging, später dran. Es wurden zwar im 19. Jahrhundert zahlreiche Volkseinkommensstatistiken aufgrund der Grundlage von Einkommensdaten der Steuerstatistik erstellt, diese wurden jedoch nur unregelmäßig erhoben und zudem inoffiziell durchgeführt. Bezweifelt wurde von deutschen Ökonomen die Brauchbarkeit der Zahlen.

      In dem Jahre 1913 wurde die erste umfassende Volkseinkommensschätzung für das Deutsche Reich vorgelegt, welche ebenfalls auf Analysen von Steuerschätzungen basierte. Allerdings erfolgte die Volkseinkommensschätzung nicht im staatlichen Auftrag.

      Eine starke politische Nachfrage nach statistischen Daten entwickelte sich erst gegen Ende des 1. Weltkrieges. Die Nachfrage lässt sich mit der Notwendigkeit dieser Daten und den daraus folgenden Informationen erklären.

      Der Zustand der Wirtschaft in der Nachkriegszeit war eine riesengroße Unbekannte. Es fehlten brauchbare Indikatoren für Inflation, sowie Handelsdaten, Arbeitslosenzahlen und Zahlen bezüglich der Produktion und Einkünften. Vorausgegangene Versuche, die Löhne und das Gehaltsniveau zu ermitteln, scheiterten am Widerstand der Industrie und der Unternehmer. Sie fürchteten, dass die Ergebnisse Argumente für die Sozialdemokraten liefern könnten. In einem aufwändigen Verfahren sollten diese Daten ermittelt werden. Dies erwies sich als schwierig, da die Großindustrie das Verfahren boykottierte und durch ihren Einfluss sogar politische Entscheidungen im Reichstag verschieben konnte. Die Gewerkschaften hingegen unterstützen die Erhebungen bezüglich des Lohnes und der Gehälter.

      Viele Städte hatten kurz nach dem Krieg einen eigenen Lebenshaltungsindex erstellt. Ein nationaler Index wurde erst im Jahre 1920 berechnet, der sogenannte Reichsindex. Dieser wurde seitdem regelmäßig erstellt, jedoch haben Wirtschaftsverbände versucht, ihn regelmäßig zu sabotieren. Erst ab Mitte der zwanziger Jahre gewann der Reichsindex an Bedeutung und konnte auch politisch für Aufsehen sorgen, da die politischen Parteien versuchten, die ermittelten Daten für ihre Zwecke zu nutzen.

      Mit der beginnenden Inflation im Jahre 1922 verloren alle bisher ermittelten Zahlen an Bedeutung und erst mit dem Ende der Hyperinflation konnten wieder aussagekräftige Statistiken erhoben werden. Die Erfassung der Einkommen stellte sich immer noch als schwierig heraus, da die Konzerne versuchten, wichtige Informationen bezüglich der Einkommen zu verschleiern. Für einzelne Industriezweige konnten aber Erhebungen vorgenommen werden, es zeigte sich eine riesige Lücke zwischen den verhandelten Löhnen und den tatsächlichen Löhnen.

      Die Gründung des Institutes für Konjunkturforschung im Jahre 1925 stellte einen entscheidenden Meilenstein in der Entwicklung der Statistik und der Volkseinkommensstatistik der Weimarer Republik dar. Das Institut sollte Arbeiten zur Theorie der Konjunkturbeobachtung und die Konjunkturzyklen mit empirischer Forschung verbinden. Das Institut war dem Reichsamt angegliedert und somit noch Teil der amtlichen Statistik. Die Ökonomie wandelte sich von einer politikfernen akademischen Disziplin zu einem für die politische Praxis relevantem Instrument. Erstmals sollte die Konjunkturforschung explizit der Wirtschaftspolitik dienen. Ab dem Jahre 1926 wurde die Berechnung des Volkseinkommens von dem Institut ausgewiesen. Die Daten dienten der Konjunkturanalyse, sie wurden aber nicht als offizielle Zahl des Reichsamtes veröffentlicht und stellten somit noch keine politische Steuerungsgröße dar. Das Volkseinkommen stellte nur dar wie sich Einkommen in den vergangenen Jahren entwickelt haben und taugte nicht zur Prognose oder Planung.

      Mit dem Beginn des Nationalsozialismus und der Übernahme der Regierung wurde das Institut vom Reichsamt getrennt. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges und der Wiederaufrüstung stieg der Bedarf an relevantem Zahlenmaterial an. Die Statistiken zum Volkseinkommen waren in der Politik der Nationalsozialisten eher unbedeutend auch in wirtschaftliche und wehrpolitische Entscheidungsprozesse wurden die Daten nicht einbezogen.

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