Im Würgegriff der Staatsverschuldung. Michael Ghanem
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СКАЧАТЬ stehen Thomas Piketty und ihm verbundene Ökonomen, insbesondere Miriam Rehm und Dr. Matthias Schnetzer. Sie zeigen auf, dass in Europa und in Deutschland sowie besonders in Österreich die Verteilung der Vermögen in den modernen Gesellschaften sehr ungleich ist. Dabei spielen folgende wichtige Gründe eine Rolle: das Einkommen aus Kapitalerträgen und die Erbschaften. Folgendes Ergebnis ist erschreckend: Nach Analyse des „Household Finance and Consumption Survey“ (HFCS) besitzt das reichste Prozent der Deutschen etwa 25% des gesamten Privatvermögens. Tatsächlich dürfte der Anteil sogar höher sein. Nach einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung könnte sogar ein Drittel des Vermögens bei den 1% reichsten konzentriert sein. In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, dass während der Amtszeit von Angela Merkel als Vertreterin der neoliberalen Wirtschaftsordnung die Zahl der Milliardäre in Deutschland sich verdoppelt und die Zahl der Millionäre sich vervierfacht hat.

      Die Ungleichheit zwischen Topverdienern und Einkommensschwachen ist auf der ganzen Welt in den letzten 50 Jahren gestiegen. Die Mittelschicht hat dagegen kaum profitiert, auch wenn das Einkommen statistisch allen Menschen zugutegekommen ist.

      In Deutschland haben 10% der Bevölkerung ca. 40% des Gesamteinkommens. „Ihr Anteil ist seit Mitte der 90er Jahre erheblich gestiegen“, so Bartels vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. „Die unteren 50% haben in den letzten Jahren an Anteil verloren, in den 60er Jahren verfügten sie noch über etwa 1/3 des Gesamteinkommens. Wenn man zu den Nettoeinkommen die Sozialtransfers hinzurechnet, sieht das Ergebnis etwas besser aus. Die Mittelschicht hat nichts hinzugewonnen.“

      Die soziale Ungleichheit zwischen Spitzenverdienern und Einkommensschwachen ist gemäß Studien des DIW in den letzten Jahren größer geworden. Demnach hat sich das Einkommen des reichsten ein Prozent der Bevölkerung mehr als verdoppelt.

      Da große Mengen des öffentlichen Vermögens privatisiert wurden, verringerte sich der Spielraum der Regierungen, dieser Ungleichheit entgegen zu wirken. Die soziale Ungleichheit ist weltweit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Seit 1980 ist die Einkommensungleichheit in Nordamerika, China, Indien, Russland, Brasilien, Chile rasant gestiegen. Das geringste Gefälle hat jedoch Europa. Dort verfügten 2016 die obersten 10% lediglich über 37% des Nationaleinkommens, in Nordamerika 47% und im Nahen Osten sogar 61%. Laut DIW ist auch ein großer Unterschied in Deutschland festzustellen, denn die Hälfte der unteren Schichten hat anteilsmäßig am Gesamteinkommen verloren. Während in den 60-er Jahren diese Schichten noch über 1/3 des Gesamteinkommens verfügen konnten, sind das heute 16-17%.

      Das Forscherteam um Piketty empfiehlt, zur Bekämpfung dieser Ungleichheit eine globale Finanzdatenbank einzurichten wird, um mit deren Hilfe Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu erschweren. Zudem sollten progressive (reale) Steuersätze mit einer Mindestbesteuerung eingerichtet werden. Zudem müssen die Kinder der ärmeren Schichten unbedingt den Zugang zu Bildung und Weiterbildung erhalten, was eine Hauptaufgabe des Staates sein muss. Insbesondere in Deutschland muss ein Mindesteinkommen festgelegt werden, welches ein menschenwürdiges Leben (d.h. ohne Rückgriff auf soziale Systeme) ermöglicht. Zu dem Warenkorb gehört unbedingt Bildung, Weiterbildung und Kultur.

      Laut Marcel Fratzscher vom DIW sind die Löhne inflationsbereinigt bei den unteren 40% der Bevölkerung heute niedriger als vor 20 Jahren.

      2.2.10 Postkapitalismus - was nun?

      Das postkapitalistische System hat sich in den letzten Jahren unter dem Deckmantel der Globalisierung sehr verbreitert. Anhand des folgenden Beispiels wird gezeigt, dass Grundlagen der menschlichen Ethik völlig außer Acht gelassen worden sind. In Hamburg werden zurzeit immer mehr Teeproben-Partys mit dem weltweit besten Tee veranstaltet. Dieser Tee wird in den höheren Lagen in Indien in der Nähe des Himalayas gepflückt. Ein Kilo Tee wird in Hamburg zurzeit für 600 Euro verkauft. Dieser Tee wird angeblich von den Gütesiegeln Fair Trade und UTZ anerkannt und besiegelt. Dieser Tee wird sehr oft von Frauen und Jugendlichen oder Heranwachsenden gepflückt. Sie werden pro Tag bezahlt und müssen jedes Mal Berge mit bis zu 60 Grad Gefälle hoch und runter steigen. Ihr Tageslohn beträgt 1,20 Euro für acht Kilo Tee. Dazu erhalten sie 200 Gramm Reis für die Familie und wohnen in unbeschreiblichen Behausungen, die sie teilweise selbst reparieren. Fließend Wasser gibt es nicht, daher bauen die Bauern selbst Hilfsmittel mit Pumpen. Sie haben keine sanitären Einrichtungen und müssen mit Latrinen auskommen, die letztendlich in den Boden sickern und damit das Krankheitsrisiko der Bevölkerung erheblich erhöhen. Selbstverständlich haben diese Leute keinen Strom und keine Heizung. Die Dörfer haben keine richtigen Straßen und versinken jedes Mal bei den Monsunregenfällen. Die sogenannte faire Bezahlung mit Prämien kennen sie nicht, denn bei einem Betrieb von 1400 Mitarbeitern haben lediglich 13 Personen ein Fahrrad als Prämie erhalten. Dies stellt das faire Verhalten, das durch diese Institute bescheinigt ist, infrage. Ökonomisch heißt dies nichts anderes, als dass für 4800 Euro Endpreis des Tees der Lohn für die Pflücker lediglich 1,20 Euro beträgt. Angesprochen auf die Verhältnisse sagte der Produzent, dass diese Fairness-Untersuchung lediglich ein „Marketing-Gag“ wäre. Die Konsequenz hieraus: Immer mehr junge Leute aus diesen Bevölkerungsteilen wandern aus und die Ernten dieses so besonders guten Tees werden immer weniger. In der letzten Zeit wurde sogar von den Gewerkschaften der Teepflücker ein Streik organisiert, was wiederum zu erheblichen Produktionsausfällen führte. Eine Besonderheit dieses Tees ist, dass stets die jungen Blätter gepflückt werden müssen. Bei einer Verholzung der Blätter muss die gesamte Pflanze entfernt werden, was wiederum drei bis fünf Jahre mehr Produktionszeit in Anspruch nimmt, da eine neue Pflanze gezüchtet werden muss. In Hamburg jedoch wird dieser Tee sehr hochgepriesen, was mit einer „moralischen“ Herkunft versehen wird. Nicht nur, dass dies eine Lüge ist, es werden durch diesen Ur-Kapitalismus auch die Grundlagen für einen solchen Tee entzogen, denn immer weniger Pflücker wollen diese Tätigkeit überhaupt ausüben. Daher stellt sich die Frage an die Verfechter des Kapitalismus: Was soll das bringen, wenn letztendlich der Ast, auf dem sie selbst sitzen, abgeschnitten wird?

      Ein weiteres Beispiel stellt die Nahrungsherstellung in Deutschland und in Europa dar. Insbesondere die Discounter, die in ihrem Ursprung mit Sicherheit einen sozialen Aspekt hatten, entwickelten sich zum Paradebeispiel des Postkapitalismus. Das folgende Beispiel stellt die Extremsituation dessen dar. Es werden zum Beispiel Rosen aus Kenia nach Deutschland exportiert und der Bund von zehn Rosen für 2,50 Euro verkauft. Der Lieferant für diese Rosen erhält pro Rose lediglich 1 Cent, oder anders gesagt 10 Cent für diese zehn Rosen. Von diesem einen Cent muss er den Samen, die Mitarbeiter, das Wasser, die Verpackung und die Prüfung bezahlen. Für diese 2,50 Euro muss der Transport von Kenia nach Frankfurt, der Transport über die Straße und die Lieferung an den Standort bezahlt werden. Würde man hier eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aufstellen, so würde man sehen, dass die Verluste erheblich sind. Der Lieferant und der Bauer, die diese Produkte anbauen, können auf Dauer nicht zu diesen Preisen überleben, das heißt es ist überschaubar, wann der Lieferant, der Hersteller und der Bauer aufgeben werden. Hier gehen kurzfristige Gewinnmaximierungen meist vor langfristigen Lieferungssicherungen vor.

      Ein anderes Beispiel ist noch krasser. Ein Kilo Schweinefleisch lag im Jahr 2017 bei verschiedenen Discountern bei ca. drei Euro. Wenn man jedoch betrachtet, wie diese Schweine groß geworden sind und unter welchem Leid und Stress sie gelitten haben, wie beengt sie gelebt haben, welche Nahrung sie erhalten haben und wie sie geschlachtet wurden, so darf man sich nicht wundern, dass die Qualität dieses Fleisches mangelhaft ist. Hinzu kommt, dass die Exkremente und Gülle dieser Schweine auf den Felder der benachbarten Bauern verteilt werden, was wiederum zu Nitraterhöhungen des Grundwassers führt und die Wasserwerke zwingt, die Wasserpreise zu erhöhen. Die Frage stellt sich jedem Einzelnen und vor allem an die Teile der Bevölkerung, die mit wenig finanziellen Mitteln ausgestattet ist: Warum muss man sieben Tage lang Fleisch essen? Wie wäre es damit, dass die Fleischaufnahme lediglich auf zwei bis drei Tage die Woche beschränkt würde und man stattdessen Gemüse essen würde? Dies hätte zur Konsequenz, dass weniger Schweinefleisch produziert und die Qualität des Trinkwassers besser würde.

      Ein anderes Beispiel stellt abermals СКАЧАТЬ