Realpräsenz Jesu Christi - Band 1: "Dies (ist mein Leib" ... "Dies ist mein Blut". Christoph Göttert
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СКАЧАТЬ „Hauptstück und gleichsam Mittelpunkt der christlichen Religion"67. Nach Johannes Paul II. (1978-2005) hat die Kirche in der Eucharistie ihren Ursprung und ihr Lebenszentrum.68 Papst Benedikt XVI. (2005-2013) bezeichnete die Eucharistie im Anschluss an das letzte Konzil als „Mitte und Ziel des gesamten sakramentalen Lebens"69.

      Eucharistie feiern bedeutet, sich als Gemeinschaft der Gläubigen wie sonst nirgendwo zu verwirklichen, das Kirchenvolk bedankt sich gleichzeitig für das in ihm begonnenen Heils. Die Eucharistie ist das zentrale Sakrament der Christusbegegnung. In der Eucharistie ist Christus auf vielfältige Weise gegenwärtig: präsent in der versammelten Gemeinde, genauer in deren Gebet,

      im Vortrag des Gotteswortes der Heiligen Schrift und in der Person des Priesters, der der Feier der Eucharistie leitet.

      In einzigartiger· Weise ist der Messias mit seinem Leib und seinem Blut gegenwärtig in den Zeichen von Brot und Wein. Denn im „Brot des Lebens" und im „Kelch des Heils" nehmen wir das für uns dahingegebene und durch die Auferweckung von den Toten verwandelte Leben Christi in uns auf als selig machende Gnade und Antizipation des himmlischen Paradieses. Insofern nannte die Tradition das eucharistische Brot auch „Arznei der Unsterblichkeit".70

      Nachhaltige Impulse für die Liturgie- und Eucharistietheologie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwirklichten sich in der Mysterientheologie des Benediktiners Odo Casel (1886-1948) aus. Ziel seiner Lehre von Gott, also seiner Theologie, war es, die Feier des Heilsgeheimnis Jesu Christi wieder in das Zentrum christlicher Existenz und Spiritualität zu rücken. Die Wiederentdeckung der Einheit von Glaubensgeheimnis und gemeinschaftlicher Kulthandlung ist bis heute das Hauptverdienst der Theologie Casels. Das Geheimnis, das Mysterium, prädiziert Casel zunächst mit dem heiligen Gott selbst, sodann das Mysterium des menschgewordenen Sohnes Gottes, das im Paschamysterium kulminiert, schließlich das Mysterium der Kirche und das Kultmysterium. Wenn dieser Theologe vom christlichen Kult- und Opfermysterium spricht, geschieht dies in Analogie zu den antiken Kultmysterien; eine religionsgeschichtliche Abhängigkeit hierzu behaupteter nicht. Casel hat die Differenz zwischen den antiken Kultmysterien und dem christlichen Kultmysterium aber nicht klar genug erkannt. So tendiert er zu einer Entgrenzung und Entzeitlichung des Paschamysteriums Christi.

      Dies hängt damit zusammen, dass bei Casel der volle biblische Begriff des Gedächtnisses Gottes und seiner Heilstaten und damit das Verhältnis von geschichtlicher Heilstat und Gedächtnis der zur Liturgie versammelten Gemeinde weithin unbedacht bleiben.71

      Das Paschamysterium Christi ist zu verstehen als eine Realität, die nicht aus dem Raum der Vergangenheit, sondern vielmehr aus der Zukunft Gottes kommend im christlichen Kult gegenwärtig wird. Denn es ist der immer schon mit dem Vater liebend kommunizierende Christus, der erhöhte Herr, der für uns in seiner Lebenshingabe gegenwärtig wird durch den Hl. Geist. Am Tisch des Wortes und im Sakrament des Altares lädt Christus die in seinem Namen versammelte Gemeinde ein, sich in die Gegenwart Gottes emporheben und hineinversetzen zu lassen.. Die Gegenwart der Offenbarung gründet in der Gegenwart des erhöhten Herrn.

      Katholische Liturgie beruht auf der „durchlittenen Passion eines Menschen", der mit seiner Existenz „in das Mysterium des lebendigen Gottes selbst hineinreicht"72 als wahrer Gott und wahrer Mensch. Sie vermittelt „die irdische Zeit in die Zeit Jesu Christi und ihre Gegenwart hinein"73 Liturgie ist Feier des Paschamysteriums Christi, ritueller Vollzug des Erlösungswerkes Christi in seiner Kirche- gemäß der Aussage Papst Leos des Großen (440-461): „Was an unserem Erlöser sichtbar war, ist in die Mysterien übergegangen."74 In einer Oration (Anrede) des Priesters zur Darbringung der Opfergaben heißt es:

      „Allmächtiger Gott, nimm die Gaben an, die wir nach deinem Willen darbringen. Vollende in uns das Werk der Erlösung und der Heiligung durch die Geheimnisse, die wir zu deiner Verherrlichung feiern. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn." 75 Durch ihre historisch-theologische gewachsene Feierstruktur hat die Eucharistie Anteil an der Herrlichkeit der Offenbarung Gottes.76 Denn in der Liturgie der Kirche kommuniziert der Logos Jesus „selbst zu uns" und kommt zu uns „mit Leib und Seele, Fleisch und Blut, Gottheit und Menschheit", um uns „mit sich zu vereinigen, zu einem ‚Leib' zu machen"77

      Insofern darf die Eucharistie gleichsam als erste Theologie gelten vor aller wissenschaftlichen Bemühungen, den Glauben zu reflektieren und angemessen zu formulieren.

      Seit ihren Anfängen gehören Liturgie und Glaube eng zusammen. Der christliche Gottesdienst hat nicht nur die Entstehung des Kanons der neutestamentlichen Schriften, der primären Offenbarungsurkunde des christlichen Glaubens, entscheidend beeinflusst, sondern ebenso die Entstehung des christlichen Credo, das seinen Ort selbstredend und zu allererst in der Liturgie des christlichen Einsetzungssakramentes (Katechumenat, Taufliturgie) besitzt.

      Die Liturgie war auch eine entscheidende Quelle der Theologie. In dem aus der Zeit der Patristik stammenden „adagium lex orandi - lex credendi“, das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens, wird die Koexistenz, das Zueinander von Liturgie und Glaube, verbal zum Ausdruck gebracht. Das Adagium geht auf Prosper Tiro von Aquitanien (gest. nach 455) zurück. Die ungekürzte Fassung lautet legem credendi lex statuat supplicandi - das Gesetz des Betens stellt ein Gesetz des Glaubens dar.78

      Der historische Hintergrund des Adagium lex orandi - lex credendi ist die Frage nach der Bedeutung des fürbittenden Gebets der Messliturgie für das rechte Verständnis des Zueinanders von Freiheit und Gnade. Die Fürbitten des Litaneigebets, das von Prosper auf apostolische Überlieferung zurückgeführt wird, lehren, angemessen über die Gnade Gottes und die Freiheit des Menschen zu denken79. So wird im Fürbitten-Gebet des Priesters, das dieser stellvertretend für die Gläubigen vor dem eucharistischen Opfer spricht (und in dem er um die Gnade des Glaubens für jene bittet, die noch nicht zur Erkenntnis Christi gelangt sind), kommt für Prosper die Überzeugung der Kirche zum Ausdruck, dass auch der Glaube von Gott als Geschenk empfangen wird.

      Gemäß 1 Tim 2,1-4, demzufolge für alle und alles zu beten ist, auch für den Glauben jener, die noch nicht zu Christus gefunden haben, macht deutlich, dass selbst der Anfang des Glaubens als Geschenk Gottes zu betrachten ist.80 Denn was haben wir, so fragt Prosper mit dem Apostel Paulus, was wir nicht von Gott empfangen hätten (vgl. 1 Kor 4,7)?

      Dem Adagium (Hinbringen der Gaben wie die gesamte eucharistische Messe) wuchs im Laufe der Zeit eine grundsätzliche Bedeutung für das Verhältnis von Liturgie und Theologie zu. Es kristallisierte sich heraus, dass die Liturgie die primäre Voraussetzung der theologischen Reflexion ist oder doch zumindest sein sollte.81 Auf der anderen Seite erschließt sich die Feier der Eucharistie in ihrer ganzen Wirklichkeit sowie in ihrem diachronen und synchronen Verständnis nur dort, wo auch die authentische Lehrtradition der Kirche, die mit der Liturgieentwicklung in Verbindung steht, berücksichtigt wird. Liturgie und Dogma gehören untrennbar zusammen.

      Prosper Gueranger (1805-1875) sah in der Liturgie die „Tradition in ihrer machtvollsten und feierlichsten Gestalt"82 Die dogmatische Konstitution „Dei Verbum" (1965) über die Offenbarung des Zweiten Vatikanischen Konzils zählt den öffentlichen Kult der Kirche zur sacra traditio, zur heiligen Überlieferung der Kirche. 83 Als Quelle und zugleich Höhepunkt des kirchlichen Lebens verdient die Eucharistie die ganze Aufmerksamkeit der Theologie. Dies gilt nicht nur für die Frage der sakramentalen Feier, sondern ebenso für das Verstehen derselben. Eine theologische Betrachtung und Analyse des Inhalts der Messe darf nicht nur ihren auch historischtheologiegeschichtlichen geprägten Sinn erheben und klarstellen, sie muss auch ihre Feiergestalt in den Blick nehmen. Da Sakramente ihrem Wesen zufolge liturgische Feiern sind, kann die Eucharistie nicht ohne die Elemente ihrer Feiergestalt verstanden werden. Die Erschließung und theologische Reflexion der Sakramente hat immer den „Kontext der gefeierten Handlung"84 zu berücksichtigen. Oft ist in der akademischen Theologie bis heute ein trennender Abgrund zwischen liturgiewissenschaftlicher und СКАЧАТЬ