Название: Bis ihr sie findet
Автор: Gytha Lodge
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
Серия: Detective Chief Inspector Sheens ermittelt
isbn: 9783455006216
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Jonah hatte Benham genau beobachtet, und wo eine Reaktion hätte erfolgen sollen, hatte er nur eine Leere wahrgenommen. Benham saß ein paar Sekunden vollkommen regungslos da und bewegte nur seine Augen.
Das Schweigen wurde von einem einzelnen »Ah« unterbrochen.
Jonah betrachtete die Falten in Benhams Gesicht, schwieg jedoch weiter. »Können Sie bestätigen, dass die Drogen Ihnen gehörten?«, fragte er schließlich.
Benhams Gesichtsausdruck wirkte jetzt gequält. »Ich weiß nicht, ob ich … Welche Relevanz haben die Drogen? Sie sind nicht Gegenstand der Ermittlung, oder? Nein, ich glaube nicht … es geht um Aurora. Das wollen Sie doch wissen. Aurora. Oder?«
Hanson blickte unsicher zu Jonah.
»Die Drogen sind unmittelbar relevant für unsere Ermittlungen im Zusammenhang mit ihrem Tod«, sagte Jonah ruhig. Was das genaue Gegenteil dessen war, was er vor einer Stunde Brett erklärt hatte. Er spürte, wie Hanson ihn beobachtete.
»Verstehe.« Benham richtete sich ein wenig auf und schlang die Arme noch enger um den Körper. »Dann denke ich, ich sollte lieber warten, bis mein Anwalt zugegen ist. Meinen Sie nicht?«
Es klang seltsamerweise fast bedauernd. Aber unwiderruflich.
»Das ist Ihre Entscheidung«, erwiderte Jonah und erhob sich. »Ich bitte Sie, sich morgen um neun Uhr dreißig in der Polizeistation Southampton Central einzufinden. Sie sind nicht festgenommen, aber wenn Sie nicht kommen, wird ein Haftbefehl gegen Sie erlassen.«
Jonah spürte, wie er schlagartig von Müdigkeit übermannt wurde, als er auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Er wusste, dass er langsam in einen Zustand kam, in dem er nachlässig wurde. Er versuchte abzuwägen, was wichtiger war, alle noch heute Abend zu sehen oder effektiv zu arbeiten.
»Ich werde O’Malley sagen, er soll die Jacksons telefonisch über den neuesten Stand informieren«, meinte er schließlich. »Wir müssen da heute Abend nicht noch hinfahren. Connor und Topaz werden mittlerweile sowieso Bescheid wissen. O’Malley kann sie auf die Station bestellen, dann sehe ich sie morgen.«
»Okay«, sagte Hanson, und er hörte die Erleichterung in ihrer Stimme. Wahrscheinlich dachte sie ebenso sehnsüchtig an zu Hause und die Couch wie er. »Ich habe Coralie nicht auf dem Handy erreicht; sie ist Hunderte von Kilometern weit weg. Also bleibt für heute Abend nur noch … Jojo Magos.«
Jonah nickte. Bevor er das Telefon nahm, um O’Malley anzurufen, sagte er: »Ich möchte, dass Sie diese Befragung federführend übernehmen. Von Anfang bis Ende. Okay?«
Hanson lächelte, ein kurzes Aufblitzen von Zähnen in der Dunkelheit. »Okay. Danke.«
10. Aurora
Freitag, 22. Juli 1983, 20:00 Uhr
Sie bewegte sich lautlos durchs Wasser und stellte sich vor, sie wäre eine Schlange. Oder ein Aal. Sie hielt sich im Schatten und hoffte, dass sie so unsichtbar war, wie sie sich fühlte.
Sie konnte seine Stimme immer noch hören und jetzt sogar beinahe verstehen, was er sagte.
»… dich hier zu treffen.«
Der Fluss floss träge um eine Biegung, an deren Ende sich ein Stück offenes Ufer neben einer Buche erstreckte. Bis auf zwei Gestalten war es leer.
Aurora spürte ein Stechen im Bauch, als sie Topaz mit ihm sah. Er trug keinen Anzug, auch keine Sportsachen, sondern ein hellblau kariertes Hemd, das seine Bräune noch betonte. Jeans und Wanderschuhe, Sonnenbrille ins Haar geschoben, über den Schultern einen mittelgroßen Rucksack. Outdoor-Outfit, lässig attraktiv.
Topaz hatte die Arme vor der Brust verschränkt, eine Strandtasche über die Schulter geworfen, und lächelte. Sie hatte ihr Gewicht ganz auf ihr Standbein verlagert und ihr Spielbein locker angewinkelt, eine Pose, die beinahe spöttisch wirkte.
Aurora griff nach einer freigelegten Wurzel und hielt sich atemlos und ein wenig benommen daran fest, um nicht von der Strömung weitergezogen zu werden.
»Wir zelten. Das machen wir oft. Wollen Sie mein Zelt sehen?«
»Das ist sehr nett von dir, Topaz. Aber ich habe mein eigenes Zelt.«
Sie fragte sich, ob sie eine Spur von Sarkasmus in seiner Stimme gehört hatte oder ob er damit mehr andeuten wollte. War es eine Einladung? Sie konnte sein Gesicht nicht richtig sehen, aber wagte nicht, noch näher heranzuschwimmen oder die Wurzel loszulassen.
»Wo zelten Sie? In der Nähe?«
Er zuckte knapp mit den Schultern. »Ein paar Meilen von hier. Ich habe ein paar Stellen im Sinn.«
»Es wird bald dunkel«, sagte Topaz. »Sie könnten sich verirren.«
Aurora war sich sicher, dass er lächelte, als er sagte: »Ich kenne den Weg. Keine Sorge.«
Er bewegte sich auf sie zu und an ihr vorbei, obwohl Topaz nur halbherzig aus dem Weg ging.
»Sie sollten später auf ein Bier vorbeikommen«, sagte sie. »Wenn Sie Ihr Zelt aufgebaut haben. Unser Lager ist nur ein kleines Stück entfernt von hier.«
»Ich werd dran denken.«
»Wiedersehen, Mr Mackenzie!«
Er hob die Hand, drehte sich aber nicht noch einmal um. Er ging weiter und duckte sich unter der Buche. Im selben Moment erkannte Aurora den Baum. Vom Fluss sah er anders aus, und die tief hängenden Äste verbargen den Stamm und das Lager in dem Hohlraum vollkommen. Sie hielt kurz den Atem an und erwartete für einen Moment, dass er stehen bleiben und etwas sagen, dass er den Vorrat entdecken würde. Aber er kam auf der anderen Seite wieder heraus und ging am Ufer entlang zu einem weiteren Baum mit überhängenden Ästen.
Erst als er ein ganzes Stück weiter war, rührte Topaz sich. Sie löste die Arme aus ihrer Verschränkung und warf einen schnellen Blick in ihre Tasche. Dann hängte sie sie wieder über die Schulter und ging langsam zurück zu dem Zeltplatz.
Aurora sah ihr nach und strampelte eine ganze Minute lang auf der Stelle, bevor sie weiterschwamm, weg von der Sandbank auf die sich entfernende Gestalt in dem karierten Hemd zu.
11.
Es war schon dunkel, als sie sich von dem Navigationsgerät von Bishop’s Waltham zu Jojos kleinem, farbenfrohem Haus außerhalb von Fritham lotsen ließen. Jonah erinnerte sich an eine sehr viel jüngere Version von Jojo Magos und an eine neunzehnjährige Version seiner selbst in Uniform.
Er erinnerte sich an zwei Gestalten, die vom Scheinwerferlicht des Streifenwagens erfasst worden waren. An das nur halb fertig gesprayte Hammer-und-Sichel-Graffiti und den fetten Schriftzug an der Seitenmauer der Co-op. Daran, wie die beiden sich umgedreht hatten, zwei kurze Haarschöpfe im Scheinwerferlicht, eine schützend vors Gesicht gehaltene Hand.
Sein Sergeant hatte scharf gebremst. Als Jonah aus dem Wagen sprang, hatte er noch gesehen, wie die beiden alles fallen ließen und losrannten.
»Ich nehm den Größeren!«, hatte sein Sergeant gerufen. Jonah war СКАЧАТЬ