5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу 5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen - Alfred Bekker страница 10

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      *

      Der Sturm rüttelte an der Hütte des Jägers Tracy Johnson. Libbie, seine sechzehnjährige Tochter, kauerte vor dem Kamin und löschte das Feuer.

      Tracy, ein nicht sehr großer, aber kräftiger Mann mit grauem, sehr kurz geschnittenem Haar, lehnte neben der Tür. Er hielt sich am Pfosten fest, humpelte dann von der Tür weg zum Tisch, der mitten in der Hütte stand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ er sich nieder, legte sein rechtes Bein auf die Bank, so dass der Schein der Sturmlaterne auf den dicken Verband aus grauer Baumwolle fiel, der um Fuß und Unterschenkel gewickelt war.

      „Der Sturm hat mir im Knochen gesteckt, sage ich dir!“, polterte Tracy Johnson. „Ich wette, es kommt noch viel mehr, Libbie! Wer jetzt draussen herumrennt, der wird sein blaues Wunder erleben. Libbie, bring mir die Decke, ich friere.“

      Das Mädchen drehte sich um und sah ihn an. Der Lampenschein ließ ihr blondes Haar wie gesponnenes Gold erscheinen. In ihren blauen Augen blitzte es, als würden Edelsteine angeleuchtet.

      Libbie war nicht gerade wunderschön, aber sie war hübsch und gewann durch ihre Art. Ein bisschen Kind noch, eine sichtliche Portion Frau. Der Vater sah das Kind in ihr und glaubte, die Entwicklung übersehen zu müssen, die dieses Mädchen unaufhaltsam erlebte.

      „Pa, warum legst du dich nicht ins Bett?“

      Sie deutete auf den Anbau hinten, der durch eine Wand vom übrigen getrennt war. Dahinter stand Vaters Bett, auch das von Mutter, aber dafür hatten sie momentan keine Verwendung. Mutter war im letzten Herbst gestorben.

      „Ja, vielleicht hast du recht. Ich fühle mich miserabel.“

      Er stemmte sich von der Bank, angelte sich seinen Stock und humpelte auf den Verschlag zu, zog sich im Vorbeigehen eine Flasche vom Bord und verschwand in seinem Schlafzimmer, das im Grunde nur ein relativ kleiner Raum war.

      Libbie zuckte zusammen, als sie hörte, wie er den Korken aus der Flasche zog, und sie hörte es bis hier draußen gluckern, als Vater trank. Dann wurde die Tür mit dem Stock zugestoßen. Danach hörte Libbie nur noch den Sturm wieder toben, der eben noch ein kleines bisschen zur Ruhe gekommen schien.

      Aus dem Lärm, den der heulende Wind und das Prasseln losgerissener Zweige an den Hüttenwänden vollführten, wurde infernalischer Krach. Der Sturm nahm zu.

      Libbie hockte sich fröstelnd hinter die Lampe, als könnte Licht sie vor schlimmen Überraschungen bewahren.

      Einmal meinte sie, ihren Vater gehört zu haben. Sie ging nach nebenan, aber er lag auf seinem Bett, die halbgeleerte Flasche noch in der einen Hand. Sie wusste, dass er seit seinem Unfall mit der Axt, die ihm in den Fuß gefahren war, sich das Trinken angewöhnt hatte, um Schmerzen zu überwinden. Der Fuß war mittlerweile ganz gut verheilt, nässte nur noch an einer Stelle. Aber Vater trank umso mehr. Sie lebten ärmlich genug, Vorräte an Salzfleisch machten sie zur Zeit nicht, denn Johnson konnte nicht jagen. Was er wirklich schoss, das musste schon direkt an der Hütte vorbeikommen, dass er es vom Fenster aus erwischen konnte. Mit Glück war ihm das sogar ein paarmal gelungen.

      Jetzt hatte ihn der Alkohol eingelullt. Die Mengen, die er vertilgte, wurden immer größer. Neuerdings schüttete er eine halbe Flasche in einem Zug in sich hinein.

      Er schlief fest, und Libbie war froh darüber, denn so spürte er wenigstens keine Schmerzen. Hatte er welche, konnte er sehr gemein werden. Auch das war neu an ihm, aber sie wusste, dass ihn der Schmerz erheblich zu quälen schien. Dann wurde er gereizt, nervös, unduldsam. Aber sobald der Schmerz nachließ, zeigte er sich so liebevoll und väterlich wie früher.

      Sie schloss leise die Tür, als hätte das angesichts des tobenden Sturmes mit seinem Lärm einen Sinn. Als sie gerade im Zimmer stand und sich wieder hinter die Sturmlaterne setzen wollte, polterte etwas an die Tür.

      Sie glaubte erst, es müsste ein Ast oder etwas anderes sein, das der Wind losgerissen hatte. Aber da wiederholte es sich, und es klang so methodisch, dass jeder Zweifel ausgeschlossen war: dort draußen stand ein Mensch.

      Libbie hatte Angst. Jedesmal, wenn Fremde kamen, hatte sie Angst. Dabei träumte sie oft genug von einem jungen Mann, von einem Prinzen, der sie besuchen käme, einen riesigen Strauß bunter Frühlingsblumen im Arm.

      Sie riss sich von ihren Gedanken los, nahm die Lampe, ging zur Tür und rief: „Wer ist da?“

      Draußen antwortete eine Männerstimme, die sie nicht erkannte und auch in dem Geheul und dem Prasseln nicht verstand.

      Sie hängte die Lampe seitlich an den Türpfosten, nahm Vaters Parkerflinte, spannte sie und nahm sie in die Rechte, den Finger um beide Abzüge. Dann stieß sie mit der Linken den Riegel der Tür auf.

      Kaum war das geschehen, flog die Tür auf. Sofort war Libbie einen Schritt zurück und richtete die Flinte auf einen Mann, der in der Türöffnung stand und etwas auf dem Arm trug. Ein junger Mann, dessen Gesicht ihr irgendwie bekannt vorkam. Sein Haar war klitschnass, die Kleidung ebenfalls, und Schmutz klebte überall an seiner Jacke. In seinem Arm aber hielt er einen jungen Hund, wie Libbie meinte.

      Der Sturm trieb Blätter und Zweige ins Zimmer, und die Laterne drohte zu erlöschen.

      „Kommen Sie!“, rief sie und senkte die Flinte, als ihr einfiel, dass der junge Mann bei Webster in Musselshell gearbeitet hatte. Ja, von daher war er ihr bekannt.

      Er trat ein, ging an ihr vorbei und lehnte sich an die Wand, beugte sich vor, um den vermeintlichen Hund abzusetzen, und sie sah, wie muskulös er war. Irgendwie sah er ganz anders aus als der Prinz in ihrem Traum. Er hatte statt der Blumen auch einen Hund..

      Sie wollte die Tür schließen, schaffte es gegen den Wind nicht. Da kam der junge Mann, half ihr wortlos, sah sie dann im Lampenlicht an und fragte: „Ist Ihr Vater nicht da, Libbie? Sie sind doch Libbie Johnson, nicht wahr?“

      Sie nickte, schluckte, weil sie keinen Ton herausbekam und war mit einem Mal so verlegen wie ein kleines Schulmädchen.

      „Der ist aber süß!“, sagte sie schließlich, nachdem sie Sam angesehen hatte, als sei der das erste Tier, das sie im Leben sah.

      Sam war noch nie in einem Haus gewesen. Diese so überaus stark und fast penetrant nach Mensch riechende Höhle mit so merkwürdigen Gegenständen in ihrem Innern flößte ihm erneut Angst ein. Er suchte instinktiv Schutz und sauste zum Kamin, dessen Feuer erloschen war. Doch die Steine gaben noch viel Wärme ab, und Sam spürte das, als er fast in das Loch gekrochen wäre, das sich direkt neben der Feuerstelle in der Wand befand und wo sich Tracy Johnson im Winter die Pantoffeln wärmte oder wo die von der Jagd nassen Socken getrocknet wurden.

      Schließlich fand Sam ein Versteck hinter der Mehlkiste, und hier verkroch er sich und ließ sich nicht mehr sehen.

      „Ich habe ihn gefunden“, sagte Tom, der sich heiß wünschte, Libbies Vater sollte auftauchen. Denn er war in einem Alter, wo man einem Mädchen wie Libbie nicht mehr so ganz unbefangen gegenüberstand, zumal Tom Mädchenbekanntschaften nur selten gehabt hatte. Viele der anständigen Mädchen lehnten ihn ab, so gut er ihnen auch gefiel, weil er eben der Sohn von Indianer-Hennie war.

      Libbie kannte diese Geschichte mit seiner Mutter auch. Aber er war ihr trotzdem sympathisch, und da sie hier in der Wildnis an andere Menschen sowieso ganz andere Maßstäbe anlegte als die Leute in der Stadt, störte sie das nun überhaupt СКАЧАТЬ