Taiga. Sergej Maximow
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Название: Taiga

Автор: Sergej Maximow

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783963114489

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СКАЧАТЬ das Amen in der Kirche. Die Hände sind doch das Wichtigste für einen Musiker. Ich hatte einen Kumpel, der konnte Bajan spielen, wie nix! Dann haben sie ihn bei Waldarbeiten eingesetzt, und er hatte keine Lust zu der Arbeit, hat sich selbst an der linken Hand drei Finger abgehackt. Wie er dann wieder spielen wollte, ging’s nicht, war nichts zu machen.«

      Wir mussten lachen.

      »Ich bin zwar ein Dieb«, fuhr Mitjka-Pan fort, »aber so ’ne Willkür kann ich nicht ausstehen. Jefimytsch zum Beispiel, der sollte auch von der Arbeit an der Ramme befreit werden … Nicht wahr, Jefimytsch?«

      »Der Herr wird uns alle befreien«, sagte der Alte leise.

      »Mitjka, Sie sind zwar ein Dieb, aber ein guter Mensch, besser als andere, die keine Diebe sind«, meinte Wsjewolod Fjodorowitsch. »Nur sollten Sie nicht dauernd mit dem Zehnerleiter streiten.«

      »Den mach ich irgendwann einen Kopf kürzer«, versprach Mitjka-­Pan. »Hörst du, Zehnerleiterchen?«

      »Ich höre dich«, erwiderte Golubew, während er seinen Dorsch vertilgte. »Pass nur auf, dass ich dich nicht zuerst zu fassen kriege … Los, Jungs, weiter geht’s!«

      »Oh, du Blutsauger!«, rief Mitjka-Pan. »Gönn doch den Leuten wenigstens eine Atempause.«

      Er sprang auf. Sein bis zum Gürtel zerrissenes Hemd entblößte eine kräftige tätowierte Brust und einen Bauch voller Narben, die von Messerstichen stammten. Die blauen Augen im bleichen Gesicht blitzten voller Wut und Hass. Eine Sekunde noch, und Mitjka-­Pan würde wahr machen, was er seit langem schon angedroht hatte; plötzlich aber wandte er sich auf dem Hacken um, ging als Erster zum Göpel und ergriff den Schwengel. Ich sah, wie seine Kaumuskeln sich spannten und bebten.

      Am Abend konnte ich Wsjewolod Fjodorowitsch überreden, mit mir gemeinsam zum Leiter unseres Teillagers zu gehen.

      Der Kommandant wollte uns zuerst partout nicht aus der »Zone« herauslassen, winkte dann aber doch ab und befahl einem Wachmann, uns zu begleiten.

      Sulimow, der Lagerleiter, wohnte in einem kleinen Häuschen ein wenig abseits des Lagers, das von einem Stacheldrahtzaum umgeben war. Wir standen etwa fünfzehn Minuten im Eingangsbereich und warteten darauf, dass er uns empfing.

      Dann traten wir ein.

      Sulimow lag ausgestreckt auf einer Liege und gab seinem riesigen Schäferhund Zuckerstückchen. Der Kragen seiner Feldbluse mit den blutroten Kragenspiegeln war geöffnet, den Riemen hatte er abgelegt und die oberen Knöpfe seiner blauen Reithose geöffnet.

      »Nun, was wollen Sie?«, fragte er, ohne uns anzublicken, und beschäftigte sich weiter mit seinem Hund.

      Wir drucksten unentschlossen.

      »Nun?«, fragte er erneut.

      »Wissen Sie … verzeihen Sie …«, begann Wsjewolod Fjodorowitsch schüchtern.

      »Nun?«

      »Wir … ich bin, im Grunde genommen, aufgrund einer persönlichen Angelegenheit …«

      »Nun?«

      »Ich bin Pianist …«

      »Ein bekannter Moskauer Pianist«, warf ich ein. Sulimow hob eine Augenbraue und warf mir einen schrägen Blick zu.

      »Sie reden später … Nu-un?«

      »Verstehen Sie, Bürger Lagerleiter«, fuhr Wsjewolod Fjodorowitsch fort. »Ich verrichte seit zwei Jahren ausschließlich körperliche Arbeit. Meine Hände … sehen Sie doch, was aus denen geworden ist.« Er streckte beide Hände nach vorn. »Wenn die Hände nicht mehr zu gebrauchen sind, dann … dann kann ich nicht mehr spielen, dann hab ich keinen Broterwerb, wenn ich aus dem Lager entlassen werde, ich kann nur das, etwas anderes kann ich nicht …«

      »Nun, und … Runter mit dir!«, schnauzte Sulimow den Schäferhund an, der mit den Vorderpfoten auf den Rand der Liege gesprungen war. »So was aber auch, vergisst sich vor lauter Freude! Und, weiter?«

      »Ich möchte Sie sehr bitten, mir eine andere Arbeit zu geben.«

      »So, so«, sagte Sulimow scharf. »Und Sie, was wollen Sie?«

      »Ich bin nur mitgekommen«, erwiderte ich. »Ich möchte nur bestätigen, dass die Arbeit an der Rammwinde tatsächlich zu schwer ist für ihn.«

      »Und die Schubkarre wollen Sie beide nicht schieben?«, fragte Sulimow lächelnd. »Nach welchem Artikel sind Sie verurteilt?«

      »Achtundfünfzig, Punkt zehn«, antwortete Wsjewolod Fjodorowitsch.

      »Ah, ja … Nein, eine andere Arbeit habe ich für Sie nicht … Wie gesagt, die Karre kann ich Ihnen anbieten. Nicht gut genug?«

      Wir schwiegen.

      »Abführen!«, befahl Sulimow dem Wachmann.

      Als Mitjka-Pan von unserem Misserfolg erfuhr, meinte er, am besten sei es, abzuhauen, wenn es im Lager nicht mehr auszuhalten sei. Er bot an, mit ihm gemeinsam zu fliehen. Wir lehnten ab.

      Am folgenden Tag standen wir wieder an der Winde. Jefimytsch musste immer häufiger husten und sich für kurze Zeit neben der Ramme hinsetzen.

      »Zeit für den Sarg, Jefimytsch, Zeit für den Sarg«, tröstete Golubew ihn.

      »Weiß ich selbst, dass es an der Zeit ist«, bestätigte der Alte. »Nur will mich der Herr wohl noch nicht zu sich holen, ich weiß auch nicht warum.«

      »Die Zeit zum Sterben kommt schon noch.« Der Gruppenleiter schnitzte weiter an seinem Stock. »Ich bin jetzt schon das achte Jahr hier, solche wie dich hab ich viele gesehen, die haben alle nach und nach den Löffel abgegeben.«

      »Und wie viele davon hast du auf dem Gewissen, Golub?«, erkundigte sich Mitjka-Pan.

      »Wer weiß«, entgegnete Golubew spöttisch.

      Bis zum Mittag hatten wir drei Rammpfähle eingebracht. Nach dem Essen stiegen wir alle zum Fluss hinab und schleppten neue Pfähle zur Ramme hoch. Es hatte in der Nacht zuvor geregnet und das Wetter blieb den ganzen Tag über düster. Der nasse Boden wollte nicht trocknen.

      Alle neun, einschließlich Kolja, schleppten wir einen schweren Balken hinauf. Vier neue Pfähle lagen schon oben. Mit einer solchen Last hochzusteigen, war sehr anstrengend. Wir alle spannten unsere letzten Kräfte an. Mitjka-Pan gab das Kommando.

      »Gut … Gut so, Jungs! Ein bisschen noch … Jefimytsch, nicht aufgeben. Oder besser: Geh unterm Balken weg beiseite, zum Teufel, ist egal, schaffst ja eh nicht viel. Wsjewolod, die andere Schulter, sonst reißt’s dir die Birne ab, wenn wir ihn hinschmeißen … Iwan, tricks nicht rum, hoch die Schulter! Wir schleppen alle, also streng dich an! Ein gesunder Kerl, aber will sich auf unsre Kosten ausruhn, guck dir Jefimytsch an, der kratzt bald ab, aber schleppt mit. Vorsichtig, zum Teufel … Und abwerfen! Eins! Zwei! Drei!«

      Der Balken flog von den Schultern.

      Wsjewolod rutschte auf dem feuchten Lehm aus und stürzte mit weit ausgestrecktem Arm. Seine rechte Hand landete auf einem der Pfähle. Der Balken krachte herab und quetschte Wsjewolods Finger.

      »Oh-och!«, СКАЧАТЬ