Boat People. Sharon Bala
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Название: Boat People

Автор: Sharon Bala

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

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isbn: 9783963114441

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СКАЧАТЬ Dann der wöchentliche Gang auf den Markt. Später zu seinen Eltern, wo es ein großes Mittagsmahl für die ganze Familie gab, wo die Frauen kochten und die Männer über Politik sprachen und Zoten rissen. Mit gefüllten Mägen ging es zurück nach Hause, um dort den heißesten Teil des Tages zu verschlafen. Sein Leben lang würde Mahindan diese schläfrigen Nachmittage, das Surren des Deckenventilators, das gedämpfte Licht durch das Moskitonetz, als Bilder von Glück, von erfüllter Zufriedenheit im Gedächtnis tragen.

      Sie überquerten den Spielplatz hinter dem hinduistischen Mädchen-College, wo zwei Frauen ein Transparent mit der Aufschrift Willkommen Zurück aufhingen. In der Nähe des Eingangs zog ein Mann ein erschreckendes rotes Schild mit Totenkopf und zwei darunter gekreuzten Knochen aus der Erde. Es war vier Jahre her, dass die Tamil Tigers die Garnison der sri-lankischen Armee aus Kilinochchi vertrieben hatten, aber ihre Abschiedsgeschenke – Landminen und Minenfallen – wurden immer noch gefunden und beseitigt.

      Mahindan und Chithra parkten ihre Fahrräder in einer Seitenstraße und gingen zu Fuß auf den Markt. Fahrradrikschas warteten auf Fahrgäste, geparkte Motorräder auf ihre Besitzer. Menschen liefen geschäftig mit ihren Einkaufssachen und Kindern vorbei, alle grüßten freundlich und winkten in entspannter Wochenendheiterkeit einander zu.

      How machan?

      Komm doch heute Abend zu uns. Die Jungs spielen wieder Cricket.

      Meenakshi! Wie oft muss ich dir sagen, dass du nicht auf das Ding klettern sollst!

      Die Betreiberin des Internet-Cafés stand angelehnt an die Hintertür ihres Ladens. Sie war uralt, ihr Gesicht übersät mit Pockennarben und zerfurcht von zu viel Betelgenuss. Die in ein Betelblatt gewickelte Arecanuss, an der sie mit energischem Unterkiefer kaute, wölbte ihre rechte Wange. Als sie den Mund aufmachte, konnte Mahindan ihre geröteten Zähne und die Lücken dazwischen sehen.

      Wie läuft’s mit dem Internet?, sagte er.

      Sie drückte einen Finger in Chithras Bauch. Noch keine Babas? Dann mit anzüglichem Grinsen zu Mahindan: Zwei Jahre verheiratet. Weißt du eigentlich, was man da machen muss?

      Je älter die Jungfer, desto länger die Nase, zischte Chithra, als die Alte sie nicht mehr hören konnte.

      In ihrem Freundeskreis waren Mahindan und Chithra die Ersten gewesen, die geheiratet und einen Hausstand gegründet hatten. Ein Kind wollten sie vorerst noch nicht haben, die politische Lage war zu unsicher. Aber seit den Feuerpausen im Dezember und jetzt dem endgültigen Waffenstillstand im Februar wurde dieses Thema wieder aktuell.

      Die Frauen wollten ihre Babys zur gleichen Zeit haben, und er konnte sich nichts Besseres vorstellen, als die Kinder in einem Schwarm von Cousins und Kusinen aufwachsen zu sehen, wo jede Tante auch eine Mutter und jeder Onkel auch ein Vater war. ­Chithra wollte mindestens vier Kinder haben, drei Jungen und ein Mädchen. Man muss schon eine gute Anzahl haben, sagte sie. Um jeden Verstorbenen zu ersetzen.

      Der Markt war ein heruntergekommenes Gelände. Die Läden und Verkaufsstände waren dicht zusammengedrängt, die Käufer mussten schreien, um gehört zu werden, die Verkäufer taten ihr Bestes, sie alle zufriedenzustellen. Kinder und Hunde krochen ihnen zwischen den Beinen herum. Über dem ganzen Trubel dröhnte das rhythmische Klack-Klack der Hackmesser, mit denen die Männer Kothu zubereiteten. Um die Hüften hatten sie ihre Sarongs gebunden und stellten ihre Bäuche zur Schau. So standen sie da und zerschnitten Roti über heißen Platten, Rauchwolken vermischten sich mit Schweiß und Fliegen, mit den Gerüchen von gebratenem Gemüse und Chili-Pfeffer.

      Mahindan konnte sich gut daran erinnern, wie der Markt während der Militärbesatzung ausgesehen hatte. Noch unverheiratet, hatte er bei seinen Eltern gewohnt und seine Mutter auf den Markt begleitet, vorgeblich um ihr die Taschen zu tragen. Die meisten Stände waren in diesen Tagen leer gewesen. Die wenigen Einwohner, die nicht geflohen waren, eilten mit gesenktem Blick ein und aus, möglichst schnell an den bewaffneten Patrouillen vorbei. Jedes Mal, wenn Mahindan und seine Mutter einem dieser Soldaten näher kamen, krallte sie sich ein wenig fester in seinen Arm.

      Jetzt aber platzte der Markt förmlich aus den Nähten, und das Geschäftsgewimmel schwappte in die Seitenstraßen über. Hühner in engen Käfigen erwarteten ihr Schicksal. Girlanden hingen von den Dachbalken der Läden herab. Chithra ging schnurstracks auf einen Fischstand zu und Mahindan blieb hinter einem Lieferjungen stecken, der sein Fahrrad mit einem Büschel aus hunderten von reifen Bananen beladen hatte und es mühsam durch die Menschenmasse schob.

      Chithra sah sich die Makrelen an, prüfte mit zwei Fingern ihre Festigkeit. Die Fische lagen wie ein glänzendes Band aus schillernden Schuppen und schwarz glänzenden Augen aufgereiht auf einem stabilen Holztisch. Anchovis und Sardinen wurden in Plastikeimern feilgeboten.

      Der Fischer trug einen Sarong, seine wohlbeleibte Frau einen blauen Polyester-Sari. Sie nahmen die Fische in ihre bloßen Hände, hielten ihren Kunden zur Begutachtung eine gelbe Flosse oder ein riesiges Auge unter die Nase. Die Frau hatte sich einen Behälter mit Garnelen wie ein Wickelkind um den Bauch gebunden. Mit der freien Hand zählte sie dem Kunden das Wechselgeld ab.

      Jetzt bin ich dran, sagte Chithra und schubste einen Mann zurück, der sich vordrängeln wollte.

      Der Mann gab Mahindan einen vorwurfsvollen Blick. Der verbiss sich das Grinsen und zuckte nur mit den Achseln, was so viel heißen sollte wie: Was kann ich da schon machen?

      Der Fischer legte Chithras Makrele auf die Waage. Dreihundert Rupien.

      Nein?!, rief sie halb fragend laut aus. So viel?

      Aber sehen Sie doch, wie frisch die ist. Der Fischer steckte einen Daumen in die rosa Kiemen und wies mit der anderen, halb geballten Hand beschwörend gen Himmel: Dieser Bursche ist vor ein paar Stunden noch lustig herumgeschwommen.

      Chithra hob den Kopf und stemmte eine Hand in die Hüfte. Ah, aber das ist ja ein Winzling von einem Fisch, sagte sie. Wie wär’s mit zweihundert?

      Packpapier kam auf den Tisch. Der Fisch wurde eingewickelt.

      Zweihundert, sagte der Fischer. Wie kann ich denn für so wenig verkaufen?

      Ich bin eine arme Frau, ich muss mein Geld zusammenhalten, sagte Chithra.

      Alle müssen ihr Geld zusammenhalten, sagte er. Zweihundertfünfzig.

      Sie gab ihm das Geld, ehe er es sich noch anders überlegen konnte, und der Fischer schüttelte grinsend den Kopf. Ihr Frauchen ist ganz schön clever, versicherte er Mahindan.

      Als sie zum Gemüsestand kamen, sagte Chithra, dass sie Kool machen wollte, eine Fischsuppe. Sie kauften grüne Bohnen, Spinat, Maniok, Karotten, Kürbis und eine weiße Aubergine. Die Paprikaschoten gefielen ihr nicht.

      Die sind nicht frisch genug, erklärte sie der Frau.

      Zwei für den Preis von einer, gab die Frau zurück. Haben Sie meine Eier gesehen?

      Mahindan wollte sie gerade daran erinnern, dass sie keine Eier mehr hatten, aber Chithra warf schnell ein: Wir brauchen keine Eier.

      Nur zwanzig Rupien, sagte die Frau.

      Beladen mit ihren Einkäufen gingen sie weiter. Chithra musste über die Eier lachen.

      Wie schön, alles billiger zu bekommen, frotzelte er.

      Wieso billiger? Die Aubergine war viel zu teuer.

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