Der Kuss des Feindes. Titus Müller
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Название: Der Kuss des Feindes

Автор: Titus Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961224111

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СКАЧАТЬ Paradiesgarten … Er hätte seine Stute unter Tausenden Pferden erkannt. Die blassrote Farbe, als habe sie im Staub der Steppe gebadet, die vernarbten Flanken, der schlanke Hals, die Wölbung der Kruppe. Der Künstler hatte Layla an die Wand der unterirdischen Troglodytenstadt gemalt.

      Beobachteten sie ihn? Seine Ausritte, seine wiederholte Flucht in die Wildnis – hatten die Troglodyten ihn jedes Mal belauert? Er rührte mit den Fingerspitzen an die Wand. Die Farbe war klebrig, das Bild war noch frisch. Etwas von Laylas fahlrotem Fell blieb an seinen Fingerspitzen haften. Wenn der Künstler ihn und Savina gesehen hatte, als sie versucht hatte, auf Layla zu reiten, dann war das Mondmädchen in Gefahr.

      »Das dritte Mal diese Woche, dass die Archimedische Schraube klemmt«, sagte eine raue Stimme weiter hinten im Gang.

      Arif fuhr zusammen. Er blies das Licht der Öllampe aus. Trotzdem wurde es nicht dunkel. Ein heller Schein näherte sich.

      »Wer hat’s gemeldet?«

      »Die alte Eudokia. Sie sagt, sie hat nichts angerührt. Spielt keine Rolle, ob sie es war. Die Leute kurbeln, als wäre der Brunnen eine Handmühle. Sie vergessen, dass die Technik auch Grenzen hat.«

      Arif riss sich das Tuch vom Kopf. Sie erkennen mich, dachte er, sie erkennen mich trotzdem, niemand hier hat so dunkle Haut! Er sah sich um. Wo war der nächste Höhleneingang? Er hastete dorthin und schlüpfte durch den Fellvorhang.

      »Was hilft’s. Irgendwann müssen wir sie neu bauen«, sagte draußen die Männerstimme. »Das Ding taugt nichts mehr.«

      Arif verharrte in der Dunkelheit der fremden Höhle und hielt den Atem an. Es war eine schlechte Idee gewesen, in das Versteck der Christen einzudringen. Nicht einmal ein Held wie Utman hätte sich aus dieser Falle herausschlagen können, geschweige denn er, Arif. Wie sollte er gegen Tausende Troglodyten ankommen?

      Eine Kinderstimme fragte: »Wer bist du?«

      Arif schluckte.

      Das Kind sagte noch einmal: »Wer bist du?«

      »Ich bin Arif.«

      »Ist es schon Morgen?«

      »Nein.«

      »Ich kann nicht schlafen. Ich darf aber erst aufstehen, wenn es Morgen ist. Mama schimpft sonst.«

      »Schlafen deine Eltern hier bei dir?«, flüsterte Arif. »Dann müssen wir leise sein.«

      Das Kind redete unbeirrt weiter. »Es ist langweilig, wenn man nicht schlafen kann. Warum können Erwachsene immer schlafen? Schlafen ist blöd. Ich will spielen.«

      »Ich weiß ein Spiel.« Er dachte nach. »Willst du mit mir durch die dunklen Gänge schleichen, bis zum Ausgang?«

      »Gibst du mir deine Hand?«

      Er starrte in die Dunkelheit. »Wie alt bist du?«

      »Bald bin ich fünf.«

      So klein war das Kind noch. Dann würde es keine Hilfe sein. »Kennst du den Weg nach draußen?«

      »Da darf ich nicht hin. Draußen sind böse Männer. Aber zum Geburtstag war ich unter dem schönen großen Himmel. Ich hab Mama geholfen. Wir haben Weintrauben abgerissen – «

      »Nicht so laut! Du musst flüstern.«

      » – von den Strünken, aber die waren schon eingetrocknet, das war ein geheimer Platz, wo die Weintrauben zu Rosinen werden. Wollen wir Weintrauben essen? In der Vorratshöhle hängt Mama die auf und sie bleiben ganz lange lecker.«

      Er folgte der Stimme des Kindes. Nach wenigen Schritten stieß er mit dem Fuß gegen einen Strohsack. Er bückte sich und hob das Kind hoch.

      »Naschen wir Traubensirup?«

      Vom anderen Ende der Höhle tönte scharf eine Frauenstimme: »Mit wem redest du?«

      Der Kleine verstummte.

      Arif setzte ihn auf den Boden. Er schlich zur Türöffnung und spürte regelrecht, wie die Frau auf das Knirschen der Sandkörner unter seinen Füßen lauschte.

      Der Junge sagte leise: »Mit meinem Freund.«

      Zeit zu gehen, dachte Arif. Gerade wollte er durch den Fellvorhang schlüpfen, da dröhnte ein tiefer Ton durch den Gang, wie von einem Widderhorn. Arif bekam eine Gänsehaut. Draußen wurde es hell und Männerstimmen riefen: »Zu den Waffen! Araber in Korama!«

      Jonathan hastete die Gänge entlang. Als die Fackel in seiner Hand beinahe erlosch und es finster wurde um ihn herum, blieb er kurz stehen und drehte sie in der Hand, damit sich das Feuer wieder in das Holz fraß. Kaum flammte die Fackel auf, rannte er weiter. Savina war ihm als Erstes eingefallen, im Augenblick des Erwachens, während die Warnrufe der Wächter durch die Höhlenstadt gellten. Dort vorn war die Wohnung ihrer Familie. Er stieß den Fellvorhang beiseite und trat ein. Ihr Vater zog sich gerade die Schuhe an und fuhr erschrocken zum Eingang herum.

      Auch Savina erbleichte. »Jon! Wie kannst du uns so erschrecken!«

      »Das wollte ich nicht«, entschuldigte er sich. »Musste nur sehen, ob es dir … ob es euch gut geht.«

      Sie musterte ihn.

      Von ihrem Blick wurden ihm die Knie weich. Er war immer ein mutiger Mann gewesen. Während andere Händler auf sichere Routen ausgewichen waren, hatte er sich bis vor ein paar Monaten durch das Kriegsgebiet gewagt. Keiner war so oft wie er überfallen und ausgeplündert worden, und doch war er immer wieder losgezogen, auf neuen Wegen, um die Eingeschlossenen mit Waren zu versorgen. Aber Savina brauchte ihn nur einmal anzusehen, und er fühlte sich feige und dumm wie ein kleiner Junge.

      Sie schien seine Unsicherheit zu bemerken. Spöttisch lächelte sie ihn an. »Mach dir nicht in die Beinkleider, mir passiert schon nichts.«

      Er sagte: »Die sind skrupellos. Du hast sie nicht erlebt, Savina.«

      »Dann wird es Zeit.« Sie trat auf den Ausgang zu. »Ich helfe bei der Suche.«

      Die Schwester stellte sich ihr in den Weg und umfasste ein Schwert aus Luft, das sie sich ins Herz stieß. Ob sie ihr damit sagen wollte, du bringst mich noch um, oder ob sie Savina an ihren Onkel Maurikios erinnern wollte, den die Araber vor vier Monaten draußen erwischt und getötet hatten, wusste Jonathan nicht zu deuten. Aber die Taubstumme zeigte mit der freien Hand auf den Boden, als würde sie befehlen: Du bleibst hier. Dabei gab sie einen strengen Laut von sich.

      »Da draußen ist die Hölle los«, sagte Jonathan. »Sie haben ein arabisches Schwert gleich neben einem der Lüftungsschächte gefunden. Was, wenn es nicht bloß ein Spion ist, was, wenn ein Dutzend Araber in die Stadt eingedrungen sind? Und während wir hier reden, morden sie sich leise durch die Behausungen!«

      »Ein Spion wäre genauso schlimm.« Savina wies nach draußen. »Wenn wir den nicht fangen, bevor er entkommt und uns verrät, werden sie ganz Korama ausräuchern. Also lasst mich mitsuchen.«

      Savinas Schwester holte ein Schwert aus der Wandnische. Als sie es dem Vater reichte, malte sie Kreuze in die Luft, als würde er sich einem Heer Dämonen entgegenwerfen, sobald er aus der Wohnhöhle trat.

      Er nahm СКАЧАТЬ