Der Kuss des Feindes. Titus Müller
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Название: Der Kuss des Feindes

Автор: Titus Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961224111

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СКАЧАТЬ den Aprikosenhainen. Dort durchschnitt der Halys das Land, der längste und mächtigste Fluss Anatoliens.

      Nuh sagte: »Was, wenn der Sturm ein Zeichen Allahs ist? Al-Qabih gehört zum Stamm wie wir, er ist doch unser Blutsverwandter, wenn man es genau nimmt.« Der Regen lief ihm in Strömen über das schwarze Gesicht und sein Kraushaar klebte an der Stirn.

      »Dein Blutsverwandter ist er schon mal nicht«, stellte Marwan klar.

      Nuhs Mutter war eine schwarzhäutige Sklavin aus Afrika, sie diente Marwans Vater. Der Koran duldete es, dass das Familienoberhaupt auch den Sklavinnen beiwohnte. Die Kinder einer solchen Verbindung waren freie Muslime, sie wurden nicht zu Sklaven wie ihre Mutter. Allerdings schaute man auf sie herab, weil ihre Mutter nicht arabischer Herkunft war, und Marwan versäumte keine Gelegenheit, Nuh spüren zu lassen, dass er in seinen Augen aufgrund der schwarzen Haut weniger wert war.

      Nuh rollte die Augen. »Du weißt genau, was ich meine. Wenn wir al-Qabih im Halys ersäufen, habe ich die nächsten Monate jede Nacht Albträume. Steht nicht im Koran in der fünften Sure geschrieben, wenn jemand einen Menschen tötet, dann ist es, als habe er die ganze Menschheit umgebracht?«

      »Das betrifft nur die Gläubigen.«

      »Aber al-Qabih ist gläubig.«

      »Ach ja?« Marwan beugte sich im Sattel nach vorn. »Bist du gläubig?«

      Al-Qabih wimmerte.

      »Siehst du«, sagte Marwan, »er ist nicht gläubig. Außerdem, was soll aus ihm werden? Stell ihn dir in zehn Jahren vor! Ein Wickelkind in Erwachsenenkleidern wäre er, ein erbärmliches Geschöpf.«

      »Wir tun Haroun einen Gefallen, wenn wir ihn umbringen.« Nuh wischte sich das Wasser von der Nase. »Der Schandfleck verschwindet von seiner Familie. Das ist doch nicht, was wir wollen! Man wird vergessen, dass er diesen Krüppel gezeugt hat.«

      Yusuf antwortete anstelle von Marwan. »Haroun wird alt, vergiss ihn. Arif ist die größere Gefahr.«

      Marwan nickte und sagte grimmig: »Genau deshalb muss al-Qabih sterben.«

      »Und wie schaden wir ihm, wenn wir al-Qabih ersäufen?«, fragte Nuh.

      Marwan sah auf den Gefesselten vor sich. »Wir sagen, wir hätten die beiden heute Morgen am Fluss gesehen.«

      Nuh und Yusuf wechselten mit großen Augen einen Blick. »Das heißt«, raunte Yusuf ehrfurchtsvoll, »wir stellen Arif als den Mörder seines Bruders hin?«

      Marwan lächelte.

      7

      In der Vorratskammer türmten sich Fladenbrote auf einem Brett in Kniehöhe, daneben befand sich ein Berg von Rosinen. »Ist das alles?«, fragte er. Savina hob die Lampe höher und die wabernden Schatten verkrochen sich in die Ecken. Jetzt konnte er die gesamte Kammer überblicken. Auf ein Tuch am Boden waren gedörrte Apfelscheiben gehäuft. Trockenfleisch hing an einer Schnur. Er sah Kürbisse, Melonen, einen Getreidesack. In der Ecke standen vier Krüge. »Was ist da drin?«

      Savina zeigte auf den ersten. »Traubensirup.« Ihr Finger wanderte weiter. »In Essig eingelegte Gurken. In dem ist Käse. Und darin sind Kichererbsen.« Sie sah ihn an. »Dein Plan ist zu riskant, Arif.«

      »Machst du mit oder nicht?«

      »Du solltest dich lieber verstecken und warten.«

      »Die geben nicht auf. Irgendwann finden sie mich.« Er öffnete den Krug mit den Essiggurken und steckte sich eine in den Mund. Dann öffnete er den Käsekrug. Er enthielt weißen, getrockneten Krümelkäse. Arif stopfte sich etwas davon in den Mund. Er nahm einige Apfelscheiben dazu und kaute, ohne herunterzuschlucken.

      Savina reichte ihm ihr Tuch. »Ich muss verrückt sein. Wenn herauskommt, dass ich das getan habe … Und wieso vertraue ich dir überhaupt?« Sie sah ihn besorgt an. »Zieh es dir tiefer ins Gesicht.«

      Er bedeckte mit dem Tuch seinen Kopf und zog es so weit über der Stirn nach unten, dass es die Nasenspitze berührte. Das Tuch kratzte ihn, es war aus schlechter Wolle. Aber es duftete betörend nach Savina.

      Sie ging voran. Ihren zügigen Schritten zu folgen, war nicht leicht. Er würgte an dem widerlichen Brei, der seinen Mund füllte. Ohne dass er es wollte, schluckte er, und ein Teil des Breis wanderte seine Speiseröhre hinunter.

      Wenn jemand nahte, drückten sie sich in Winkel. Manchmal mussten sie eine halbe Ewigkeit mit jagendem Herzen so verharren. Sie stiegen Treppen und abschüssige Gänge hinauf. Dann endlich erblickte er das Tageslicht. Es erhellte den vor ihnen liegenden Weg. Wasser floss ihnen auf dem Felsboden entgegen und vor dem Höhlenausgang troff Regen wie ein Vorhang herab. Die Hoffnung weitete Arifs Brust. Vielleicht schafften sie es und er würde leben.

      Savina lief schneller. Sie zerrte ihn mit sich.

      Bevor sie den Ausgang erreichten, traten ihnen aus einer Seitenöffnung Männer in den Weg. Sie hielten blanke Schwertklingen vor sich und ihre fettigen Bärte glänzten. »Wo wollt ihr hin? Niemand verlässt Korama!«

      Savina sagte: »Mein Cousin kotzt uns die Höhle voll, wir müssen nach draußen.«

      Der vordere der Männer musterte Arif misstrauisch.

      »Er hat verdorbenes Gemüse gegessen«, erklärte Savina.

      »Keine Ausnahmen. Der Rat sucht einen Eindringling.« Ein Schwarzbärtiger näherte sich Arif. »Wie kommt’s, dass dein Cousin so dunkle Haut hat? Vielleicht ist er – «

      Arif beugte sich vor und spie den Brei auf den Boden, den er im Mund gehabt hatte. Er würgte Speichel hinterher und hustete, als würde gleich mehr kommen.

      »Verflucht.« Sie machten Platz. »Schaff ihn raus! Und lass ihn ja nicht beim Ausgang kotzen, sonst zieht die stinkende Suppe mit dem Regenwasser rein und verpestet uns den Gang!«

      Sie stützte ihn und brachte ihn hinaus. Regen prasselte auf ihre Köpfe nieder, er benetzte das Gesicht, er rann über den Nacken und den Rücken hinunter. Das Regenwasser war kalt, aber Arif hätte das Unwetter umarmen mögen.

      Sie schlitterten einen glitschigen, schmalen Pfad hinab. Als sie durch eine Biegung außer Sicht kamen, blieben sie stehen. Arif sah Savina in die Augen. Sie lächelte und auch er musste lächeln.

      »Danke«, sagte er.

      »Du hast noch Käse am Kinn.«

      Er wischte sich mit dem Arm über das Gesicht. »Allah war bei uns.«

      »Das habe ich auch gerade gedacht.«

      »Wenn sich alles beruhigt hat, möchtest du dann einmal mit mir in die Steppe reiten? Layla kann uns beide tragen.«

      Savina zögerte. Schließlich sagte sie leise: »Ja, gerne.«

      »Wann werden sie die Suche abbrechen?«

      »In zwei, drei Tagen vielleicht.«

      »Treffen wir uns in drei Tagen, vor Sonnenaufgang, dort, wo wir uns das erste Mal gesehen haben?«

      Sie strich die nassen Haare aus ihrem Gesicht. »Ich werde da sein, mein arabischer СКАЧАТЬ