Tief eingeschneit. Louise Penny
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Название: Tief eingeschneit

Автор: Louise Penny

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall für Gamache

isbn: 9783311700852

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      »Es gab eine Massenschlägerei?«, fragte Beauvoir ungläubig. In diesem Zusammenhang konnte er sich allenfalls eine Massenflucht vorstellen.

      »Ich vermute, dass jemand einen guten Stein gespielt hat«, sagte Lemieux.

      »Lieber keine Vermutungen«, sagte Gamache ruhig.

      »Ja, Sir.« Lemieux senkte den Kopf und versuchte, angesichts des milden Tadels nicht allzu niedergeschlagen dreinzusehen. Er wollte nicht wie ein übereifriger Schuljunge erscheinen. Er befand sich in einer heiklen Lage. Er musste unbedingt den richtigen Eindruck hinterlassen.

      »Als die Leute begriffen, was los war, versuchten sie, Madame de Poitiers wiederzubeleben. Es waren ein paar Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr da.«

      »Ruth Zardo auch?«, fragte Gamache.

      »Woher wissen Sie das?«

      »Ich habe sie während meiner letzten Ermittlung hier kennengelernt. Sie leitet also noch die freiwillige Feuerwehr von Three Pines?«

      »Ja, Sir. Sie war mit ein paar anderen hier. Olivier Brulé, Gabri Dubeau, Peter und Clara Morrow …«

      Die Namen ließen ein Lächeln auf Gamaches Gesicht erscheinen.

      »… sie haben mit Wiederbelebungsversuchen begonnen, dann haben sie das Opfer auf einen Pritschenwagen gelegt, der in der Nähe stand, und haben sie nach Cowansville gebracht, wo ihr Tod festgestellt wurde.«

      »Woher wusste der Arzt, dass sie durch einen Stromschlag getötet wurde?«, fragte Beauvoir.

      »Verbrennungen. Ihre Hände und ihre Füße sind verbrannt.«

      »Und das hat während der Wiederbelebungsversuche keiner bemerkt?«, fragte Beauvoir.

      Lemieux war klug genug, nichts darauf zu erwidern. Nach einer kurzen Pause fuhr er mit seinem Bericht fort.

      »Madame de Poitiers hinterlässt einen Ehemann und eine Tochter. Sie waren dabei und sind mit ihr ins Krankenhaus gefahren. Ich habe Namen und Adresse notiert.«

      »Wie viele Leute haben es gesehen?«, fragte Gamache.

      »Etwa dreißig, vielleicht auch mehr. Bei dem Curling-Wettkampf handelte es sich um ein alljährlich stattfindendes Ereignis. Vorher fand ein Gemeindefrühstück in der Legion Hall statt.«

      Überall um sie herum waren jetzt die Tatortermittler an der Arbeit, die sie hin und wieder kurz unterbrachen, um Gamache eine Frage zu stellen oder eine Beobachtung mitzuteilen. Beauvoir entfernte sich, um die Suche nach Beweisstücken zu beaufsichtigen, und Gamache stand eine Weile da und sah seinen Leuten bei der Arbeit zu, bevor er sich in Bewegung setzte und gemächlich den Tatort zu umrunden begann, gemessenen Schrittes, die behandschuhten Hände auf den Rücken gelegt. Agent Lemieux, der ihn dabei beobachtete, schien es, als würde sich der Chief Inspector in eine eigene Welt zurückziehen.

      »Kommen Sie bitte mit.« Der Chief Inspector war stehen geblieben und drehte sich so unvermittelt um, dass Lemieux sich von Gamaches lebhaften braunen Augen dabei ertappt sah, wie er ihn anstarrte. Eilig stapfte er durch den Schnee zu ihm und ging neben ihm her, wobei er sich fragte, was jetzt wohl von ihm erwartet wurde. Nach ein oder zwei Minuten kam er zu dem Schluss, dass er dem Mann vielleicht einfach nur Gesellschaft leisten sollte. Also legte auch Lemieux die Hände auf den Rücken und ging langsam im Kreis um den Tatort herum, immer wieder, bis sie mit ihren Stiefeln einen kreisrunden Pfad in den Schnee getreten hatten, in dessen Mitte ein kleinerer Kreis, wie das Schwarze einer Zielscheibe, die Stelle markierte, an der CC de Poitiers zu Tode gekommen war.

      »Was ist das?«, fragte Gamache schließlich und deutete auf das Metallgebilde, das wie ein kleiner eingefrorener Atompilz über dem Tatort aufragte.

      »Das ist ein Heizstrahler, Sir. So was wie eine Lampe, nur dass sie Wärme abgibt.«

      »Ich kenne etwas Ähnliches von den Terrassen in Québec«, sagte Gamache in Erinnerung an das eine oder andere Glas Weißwein auf den alten steinernen Terrassen in Vieux Québec und an die Heizstrahler, die es den Gästen ermöglichten, bis in den frühen Herbst hinein ihr Abendessen im Freien zu genießen. »Aber die waren viel kleiner.«

      »Die meisten sind auch kleiner. Das hier ist Industriegröße. Man setzt sie im Winter auf Baustellen ein und bei irgendwelchen Sportveranstaltungen. Ich glaube, der hier wurde vom Jugend-Eishockeyverein in Williamsburg ausgeliehen. Die spielen meistens im Freien, deshalb haben sie vor ein paar Jahren eine große Spendenaktion auf die Beine gestellt, um Geld für eine Tribüne und irgendeine Heizung für die Zuschauer zusammenzubekommen.«

      »Stammen Sie aus der Gegend?«

      »Ja, Sir. Ich bin in St. Rémy aufgewachsen. Meine Familie ist weggezogen, aber ich wollte nach der Polizeischule hierher zurück.«

      »Warum?«

      Warum? Die Frage überraschte Lemieux. Das hatte ihn noch nie jemand gefragt. War das ein Trick von Gamache, wollte er ihn auf die Probe stellen? Er blickte den großen Mann an und kam zu dem Schluss, dass das vermutlich nicht der Fall war. Er wirkte nicht wie jemand, der Tricks nötig hatte. Trotzdem war es wohl am besten, eine diplomatische Antwort zu geben.

      »Ich wollte zur Sûreté, und ich dachte, dass es von Vorteil für mich wäre, wenn ich hier arbeite, weil ich so viele Leute kenne.«

      Gamache sah ihn einen Augenblick schweigend an. Einen unbehaglichen Augenblick lang, dann wandte er sich wieder der Betrachtung des Heizstrahlers zu. Lemieux’ Anspannung ließ ein wenig nach.

      »Der wird wohl elektrisch betrieben. Der Strom, der Madame de Poitiers umgebracht hat, kam wahrscheinlich von diesem Heizstrahler. Trotzdem ist sie an einer ganz anderen Stelle zusammengebrochen. Könnte es sein, dass er nicht richtig angeschlossen war und Madame de Poitiers irgendwie damit in Berührung gekommen ist und es geschafft hat, noch ein paar Schritte zu gehen, bevor sie zusammengebrochen ist? Was meinen Sie?«

      »Darf ich eine Vermutung äußern?«

      Gamache lachte. »Ja, aber erzählen Sie Inspector Beauvoir nichts davon.«

      »Die Leute hier in der Gegend benutzen ständig Generatoren, um Strom zu erzeugen. Jeder hat einen. Ich halte es für möglich, dass sie jemand an einen davon angeschlossen hat.«

      »Sie meinen, jemand hat ein Überbrückungskabel genommen und die beiden Klammern an den Enden an ihr festgeklemmt?« Er bemühte sich, nicht allzu ungläubig zu klingen, aber es fiel ihm schwer. »Glauben Sie nicht, dass sie das gemerkt hätte?«

      »Nicht, wenn sie beim Curling zugesehen hat.«

      Der junge Lemieux und Chief Inspector Gamache hatten offenbar unterschiedliche Erfahrungen, was Curling anging. Gamache fand genug Gefallen daran, um sich die Landesmeisterschaft im Fernsehen anzusehen. Das war in Kanada praktisch eine Pflichtveranstaltung. Aber es war nichts, worüber er alles andere vergaß. Er bekäme es ganz sicher mit, wenn Reine-Marie plötzlich einen Generator anwerfen und zwei riesige gezahnte Klemmen an seinen Ohren befestigen würde.

      »Irgendwelche anderen Vorschläge?«

      Lemieux schüttelte den Kopf und bemühte sich um einen Gesichtsausdruck, in dem sich angestrengtes Nachdenken widerspiegelte.

      Jean Guy Beauvoir hatte sich von der Spurensicherung СКАЧАТЬ