Klienten kennenlernen – Diagnosen dynamisch utilisieren. Krzysztof Klajs
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СКАЧАТЬ (Short, Erickson a. Erickson-Klein 2005, p. xx).

      Mehr als fünfzig Jahre lang arbeitete Erickson mit Klienten. Er formulierte keine eindeutigen diagnostischen Kriterien, sondern hob die Eigenschaften einer Person hervor, die für die therapeutische Behandlung von Bedeutung sind. Er berief sich dabei mehr auf praktische therapeutische Erfahrungen als auf Theorien. Seine Herangehensweise gilt als heuristisch und pragmatisch, konzentrierte er sich doch hauptsächlich darauf, Lösungen zu finden, nicht nach Ursachen eines Leidens zu fahnden.

      Erickson war der Meinung, dass

      »eine Therapie, wenn sie durch theoretische Vorgaben eingeschränkt wird, das Individuum und dessen innere Ressourcen nicht respektiert. So versuchte er, eine einzigartige Therapie für jeden Klienten, in Abhängigkeit von dessen konkreter Situation, zu entwickeln« (Zeig i Munion 2005, s. 51).

      Er ordnete Klienten niemals in eine willkürlich übernommene Struktur theoretischer Konstrukte ein. Er formulierte keine eindeutigen diagnostischen Kriterien, um Eigenschaften des Klienten die für die Therapie wichtig sind, festzuhalten. Der hier unternommene Versuch, beim Klienten solche Eigenschaften zu bestimmen, zweifelt dieses Prinzip nicht an, sondern bemüht sich vielmehr, Grundlagen dieser Therapie in zugänglicher Weise zu vermitteln. Darüber hinaus soll hiermit auf die Forderung von Jay Haley und Madeleine Richport-Haley eingegangen werden,

      »ein diagnostisches Modell zu entwickeln, das nützliches Werkzeug für den Therapeuten (und nicht für die Verwaltung im Gesundheitssystem) ist, sodass Therapeuten praktische und gut verständliche Anweisungen nutzen können, die zu erfolgreichen Aktivitäten führen« (Haley a. Richport-Haley 2003, p. 6).

      Die ericksonsche Therapie ist ein strategisches Konzept, bei dem die angestrebte Therapierichtung alle weiteren Arbeitsschritte vorgibt. Die Diagnose dient dazu, eine Strategie für Veränderungen aufzubauen, und wird eher mit einem bestimmten Ziel als aus einem bestimmten Grund gestellt. Der Therapeut wählt den Bereich aus, in dem er die Diagnose stellt und den Klienten beschreibt. Als Ziel einer solchen Strategie soll nicht etwa eine objektive Wahrheit festgelegt werden, vielmehr sollen mehrere mögliche Bereiche für ein gesundheitsförderliches Zusammenwirken gefunden werden, sodass der Klient, bewusst oder unbewusst, einen dieser Bereiche für die Zusammenarbeit auswählen kann.

      Beschrieben werden hauptsächlich die aktuelle Aktivität des Klienten sowie der Bereich etwaiger Veränderungen. Wichtig ist nicht so sehr, welchen Einfluss vergangene Ereignisse auf das aktuelle Funktionieren des Klienten haben, sondern vielmehr, dass ein Verständnis für die aktuellen, individuellen und familiären Bedingungen vorhanden ist. Bestimmt wird sowohl, wie der Klient tatsächlich ist, als auch, wie er sein könnte. Es werden Hypothesen dazu aufgestellt, wie die Person (die Familie) eine gute Zukunft, mehr Lebensfreude und Zufriedenheit für sich schaffen kann, wie Krankheitssymptome abklingen können und wie der Klient wieder gesund wird. Die Vergangenheit des Klienten ist nur dann wichtig, wenn sie Informationen dazu liefert, was berücksichtigt werden muss, damit es nicht zu Rückfällen oder zum Weiterführen dessen kommt, was problematisch war (Rossi, Erickson-Klein a. Rossi 2008b). Außerdem kann auch das Kennenlernen der Vergangenheit des Klienten nützliche Informationen zu seinen Ressourcen liefern.

      Im hier vorgestellten Modell umfasst die Diagnose in der ericksonschen Therapie fünf Bereiche:

      •Diagnosekategorien

      •Trancephänomene

      •Systemreflexion

      •Ressourcen

      •Motivation

      Einige dieser Bereiche können mehr und andere weniger ausgebaut werden, das hängt sowohl vom jeweiligen Klienten als auch von den Vorlieben des Therapeuten ab. Auch innerhalb jedes dieser fünf Bereiche ist es notwendig, dass der Therapeut auswählt, was Gegenstand der Beschreibung werden soll. Bei seiner Auswahl richtet er sich danach, was für die Psychotherapie, die durchgeführt werden soll, nützlich ist.

       1.5Zusammenfassung

      Die Diagnose erfüllt also viele unterschiedliche Funktionen. Für den Therapeuten ist dabei am wichtigsten, welche anwendbaren Hinweise die Diagnose bezüglich der therapeutischen Arbeit liefert. Vom Klienten wird die Diagnose oft als Suggestion wahrgenommen, weshalb der Therapeut darauf achten sollte, dass die Diagnose Hoffnung beinhaltet und als gesundheitsförderlich, statt als Einschränkung oder Behinderung, empfunden wird. Im ericksonschen Ansatz wird die Diagnose in beschreibender Form angegeben. Das hier vorgestellte Modell umfasst fünf Bereiche: die Diagnosekategorien, die Trancephänomene, die Systemreflexion, die Beschreibung der Ressourcen sowie das Bestimmen der Motivation des Klienten. In diesen Bereichen kann sowohl bei einzelnen Klienten als auch bei einer in Therapie befindlichen Familie eine Diagnose gestellt werden.

      2Wo deutsche Übersetzungen bereits vorlagen, wurde daraus zitiert. Zitate, die aus englisch- oder polnischsprachigen Quellen entnommen sind, wurden im Zuge der Übersetzung dieses Werkes mitübersetzt.

      3Bei der Verwendung des Begriffs Therapeut beziehe ich mich im gesamten Buch auf den Beruf des Therapeuten, unabhängig vom Geschlecht der Person, die diesen Beruf ausübt. Ebenso verwende ich hier den Begriff Klient bzw. Patient für Hilfesuchende unabhängig ihres Geschlechts.

      4Die diagnostischen Aspekte anzuführen, die für eine Psychotherapie sprechen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und eine eigene Abhandlung erfordern.

       2Ausgewählte Diagnosekategorien

       2.1Einführung

      Die von Jeffrey K. Zeig (1991) vorgeschlagenen diagnostischen Kategorien umfassen mehrere Ebenen. Die meisten dieser Kategorien können zwischen zwei entgegengesetzten Polen verortet werden. An einem Ende des Kontinuums befindet sich die maximale und am anderen Ende die minimale Ausprägung einer bestimmten Eigenschaft. Andere Kategorien wiederum sind beschreibend und spiegeln die Folgen wichtiger Lebenserfahrungen des Klienten wider. Die diagnostischen Kategorien nach Zeig beziehen sich auf wesentliche Aspekte des intra- und interpersonellen Funktionierens des Klienten. Sie sind ein Anhaltspunkt, der sowohl dabei hilft, eine Strategie aufzubauen, als auch dabei, verschiedene Interventionen zu formulieren, um eine gute Zusammenarbeit zu erreichen. Zeig schlägt vor, beim Beschreiben des Klienten etwa ein Dutzend Kategorien zu berücksichtigen. Dennoch kann jeder Therapeut seine eigene Liste mit den Bereichen erstellen, die er bei der Arbeit mit einer konkreten Person oder einer Familie für wichtig erachtet. Die Anzahl der Kategorien kann beliebig hoch sein, für gewöhnlich reduziert der Therapeut sie jedoch und wählt zwei oder drei Bereiche aus, in denen er die Diagnostik, und später die therapeutische Arbeit, durchführt. Der Therapeut richtet sich hierbei nach den Besonderheiten der Probleme seines Klienten sowie nach seinen eigenen therapeutischen Erfahrungen. Bei der therapeutischen Arbeit mit einer Adoptivfamilie beispielsweise ist es sehr wichtig, was die Eltern glauben, wie viel Einfluss sie auf die Erziehung ihres Adoptivkindes haben können. Adoptiveltern, die davon überzeugt sind, dass Genetik hierbei eine entscheidende Rolle spielt, werden sich anders verhalten als Eltern, die von der wirksamen Kraft der Liebe zu ihrem Kind überzeugt sind. Für die Arbeit mit Adoptivfamilien könnte man demzufolge eine diagnostische Kategorie verwenden, an deren einem Pol die Überzeugung der Eltern steht, alles sei genetisch vorherbestimmt, am anderen Pol dagegen der pädagogische Optimismus. Auch folgende Bereiche können СКАЧАТЬ