Klienten kennenlernen – Diagnosen dynamisch utilisieren. Krzysztof Klajs
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СКАЧАТЬ vorhanden sind, können aber auch während der Therapie genutzt werden, denn wenn der Klient dank dieses Mechanismus ein traumatisches Ereignis überstanden hat, kann man sich in der Therapie auf eben diese Erfahrungen berufen und mit Trance arbeiten. Die Trancearbeit basiert auf den Fähigkeiten des Klienten, an zwei Orten oder in zwei zeitlichen Dimensionen gleichzeitig zu existieren und einen angemessenen Abstand (in Raum und Zeit) von den dramatischen Ereignissen zu finden. Hier eignen sich verschiedene Techniken oder Tranceprozeduren, wie beispielsweise die Kristallkugel-Technik (cristal ball technique, Hammond 1990). Darüber hinaus kann man sich auch auf das Potenzial berufen, das aufgrund des Überlebenskampfes und der damit verbundenen Erfahrungen beim Klienten vorhanden ist. Untersucht der Therapeut, auf welche Weise es der Klient geschafft hat, die traumatische Situation zu überstehen (denn dass er sie überstanden hat, ist schließlich ein Fakt), kann er zu Bildern und Symbolen vordringen, die sich der Klient während des Traumas im Inneren vorgestellt hat (z. B. Engel, Schutzheilige oder andere Geisteswesen), kann das Gefühl der Verbundenheit des Klienten mit diesen Bildern erkennen und sie dann auf symbolische Begriffe, wie »unerschütterlicher Kern«, »innere Weisheit« oder »Seele« zurückführen. Dieser Bezug sollte auf den inneren Erfahrungen des Klienten beruhen und im Einklang mit dessen Wertesystem stehen.

      Im Film Jenseits der Angst (Fearless) von Peter Weir (1993) wird ein Fall von Dissoziation als Folge eines Flugzeugunglücks gezeigt. Die Hauptperson Max ist einer von wenigen Überlebenden des Unglücks. Nach diesem Ereignis verändert er sich, kann weder Angst noch Traurigkeit mehr spüren. Sogar seine Erdbeerallergie, die ihm früher Atembeschwerden bereitet hatte, verschwindet.

      Die metaphorische Geschichte eines Klienten, der an einer enormen assoziativen Störung leidet, zeigt Woody Allen in seinem Film Zelig (1983). Der Titelheld hat das Problem, dass er sich immer der Person angleicht, mit der er gerade zusammen ist. Und nach einigen Therapiesitzungen verwandelt sich Zelig dann natürlich in seine Therapeutin.

       3.2.1Dissoziation – Assoziation in Familien

      Das hier beschriebene Phänomen der Dissoziation tritt nicht nur individuell auf, sondern kommt auch in Familien vor. Manchmal gewinnt der Therapeut beim ersten Treffen den Eindruck, »so eine nette Familie« sei zur Therapie gekommen. Später erfährt er dann, dass sich die jugendliche Tochter unlängst geritzt hat, davor einen Suizidversuch unternommen hatte, dass sie ohne wichtigen Grund viele Wochen weit entfernt vom Wohnort der Familie stationär behandelt worden war und dass in der Familie ein hohes Maß an Aggression und Gewalt herrscht. Es scheint, als wären alle Familienmitglieder von ihren Emotionen abgeschnitten, vor allem die Eltern scheinen weit von den Emotionen ihrer Kinder entfernt zu sein.

      Eine Form der Abtrennung ist auch aus dem kurzen Gespräch eines Therapeuten mit seiner 20-jährigen Klientin herauszuhören.

      Die Klientin benötigte Unterstützung, da bei ihrem jüngeren Bruder eine Tumorerkrankung festgestellt wurde. Die vierköpfige Familie, Mutter, Vater und die beiden Kinder, wohnten in einer gemeinsamen Wohnung.

      Die Klientin berichtete: »Meine Mutter leidet furchtbar … das hat sie so mitgenommen, sie ist fix und fertig, sie tut gar nichts mehr. Und der Mann meiner Mutter, der kommt schon gar nicht damit zurecht.«

      Der Therapeut fragte: »Ist das Ihr Vater?«

      Die Klientin antwortete: »Ja, ja, ich habe doch eben erzählt, dass er mit der Situation gar nicht zurechtkommt, er flüchtet sich in Arbeit, oder er schläft.«

      Dass die Klientin ihren Vater als den Mann ihrer Mutter bezeichnete, zeigt ganz deutlich den emotionalen Abstand zwischen Vater und Tochter.

      Auch in der Therapie von Herrn und Frau H. war der Bereich Assoziation – Dissoziation wesentliches diagnostisches Element.

      Herr und Frau H. begannen ihre Ehetherapie aus Gründen, die sie selbst als »Probleme mit der Kommunikation miteinander« bezeichneten. Sie waren bereits seit über 30 Jahren verheiratet, hatten zwei Kinder und drei Enkel. Beide waren sie berufstätig und konnten berufliche und finanzielle Erfolge verzeichnen. Die Kinder hatten eine gute Ausbildung genossen und führten ihr eigenes Leben. Herr und Frau H. waren elegant gekleidet und attraktiv, sie bedienten sich einer schönen und gewählten Sprache. Ihre Worte wählten sie mit Bedacht, zeigten ein würdevolles Auftreten und hielten einen angemessenen Abstand zueinander. In der allgemeinen Wahrnehmung würden sie wohl als gesellschaftliches Musterbeispiel gelten. So nahm auch der Therapeut das Ehepaar wahr. Ziemlich lange hatte er das Gefühl, nicht zu wissen, warum Herr und Frau H. überhaupt zu ihm gekommen waren. Die beiden sprachen von der Absicht, ihre Kommunikation verbessern zu wollen. Während der ersten Sitzungen schienen sie ein ideales Paar zu sein, nur dass sich ideale Paare eben nicht in einer Therapie wiederfinden. Den Therapeuten quälte ein wachsendes Gefühl von Unbehagen. Auch beunruhigte ihn der immer wiederkehrende Gedanke, dass hier etwas nicht stimmen konnte. Nach einigen Sitzungen sagte Frau H., sorgfältig die Worte abwägend, dass sie das unbestimmte Gefühl habe, sich aber nicht völlig sicher sei, dass ihr Mann sie seit 15 Jahren betrüge. Sehr langsam und schrittweise enthüllte das Ehepaar einen Teil der bis dahin verschwiegenen langjährigen schmerzhaften Erfahrungen, die sie als »Probleme mit der Kommunikation miteinander« bezeichnet hatten. Sie hatten sich gegenseitig betrogen. Körperliche Gewalt, Grenzüberschreitungen, Aggression sowie Missbrauch von Alkohol und Marihuana herrschten seit Jahren zwischen ihnen. Sie kannten sich so gut, dass es ihnen gelang, sich konsequent und wirkungsvoll gegenseitig zu verletzen. Und das taten sie seit Jahren. Dieser leidvolle Bereich war abgetrennt, wurde ignoriert und war unzugänglich, und das nicht nur in den Erzählungen während der anfänglichen Therapiesitzungen. Er wurde auch vor der Außenwelt versteckt. Herr und Frau H. galten in ihrem Umfeld als Muster für eine harmonische und stabile Ehe. Obwohl ein Bereich der Beziehung überhaupt nicht zum anderen passen wollte, so waren doch beide Bereiche fester Bestandteil der langjährigen Erfahrungen der Familie H.

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