Название: Klienten kennenlernen – Diagnosen dynamisch utilisieren
Автор: Krzysztof Klajs
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Hypnose und Hypnotherapie
isbn: 9783849782092
isbn:
Den Klienten kennenzulernen ist eine faszinierende Reise mit dem Ziel, therapeutische Veränderungen herbeizuführen und einen Weg einzuschlagen, der zu Gesundheit, Wachstum und Entwicklung führt. Ich hoffe, dass dieses Buch dabei helfen kann, zum Ziel zu gelangen und wünsche eine angenehme und interessante Reise.
Krzysztof Klajs Łódź, im März 2017
1Psychotherapia von Stanislav Kratochvil.
1Die Diagnose
»Er erhielt zahlreiche Diagnosen. Es hat ihm nichts geholfen.«
Joe Wright: Der Solist
1.1Was ist eine Diagnose?
Der Begriff Diagnose unterliegt einer ständigen Reflexion, sowohl auf theoretischer Ebene als auch in seiner Funktion als nützliches Werkzeug des Therapeuten. Hierbei geht es auch um die Frage, ob es eine Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit gibt und ob diese Bereiche deutlich voneinander getrennt sind. Die Ansichten hierzu sind sehr unterschiedlich. Jerzy Aleksandrowicz (2013) etwa meint, dass
»man mehr oder weniger krank sein kann, diese Kategorie scheint abstufbar zu sein, Gesundheit dagegen wird eher als Zustand definiert und zwar als nicht abstufbarer Zustand«.2
Die Behauptung allerdings, dass
»ein Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit existiert«,
bezeichnet Aleksandrowicz als Irrtum.
Andere Ansichten betonen dagegen, dass der Übergang zwischen Gesundheit und Krankheit fließend sei, oder, anders ausgedrückt: Jeder ist ein bisschen gesund und ein bisschen krank. Wichtig ist jedoch, an welchem Ende des Kontinuums (Gesundheit oder Krankheit) die Person näher ist, mit der wir arbeiten, in welche Richtung sie sich bewegt, ob sie gesund wird oder ob ihre Gesundheit leidet (Klajs 2011).
Es lohnt, sich mit der Frage zu befassen, was der Begriff Diagnose bedeutet und welchen Zielen er dient. Bogdan de Barbaro (2013) unterscheidet fünf Funktionen der Diagnose. Dementsprechend stellt die Diagnose Folgendes dar:
•Sie ist Ausgangspunkt für ein Gespräch zwischen Therapeuten und hilft ihnen, sich untereinander zu verständigen. Die Diagnose stützt sich auf die Beschreibung der Symptome.
•Sie drückt die Macht desjenigen aus, der sie stellt. Wer eine Diagnose stellt, verfügt über Wissen, womit auch Macht einhergeht (Foucault 1987). Eine qualifizierte Person stellt eine Diagnose bei einer weniger qualifizierten Person. Eine Person, die als gesund gilt, stellt eine Diagnose bei einer erkrankten Person.
•Die Diagnose übernimmt die Funktion eines Vermittlers zwischen dem Klienten und den Institutionen, die für die Vergabe von Sozialleistungen verantwortlich sind, wie z. B. Rentenstellen, die über Berentung oder Arbeitsunfähigkeit entscheiden oder Institutionen, die über besondere Prüfungsbestimmungen oder sonderpädagogische Förderung entscheiden.
•Sie dient der medizinischen Statistik und vereinfacht die Planung im Gesundheitswesen.
•Bei der Funktion der Diagnose spielt auch eine Rolle, dass die Einteilung in gesund und krank festgelegt und in der Kultur verankert ist und sich darüber hinaus in Abhängigkeit von Ort und Zeit verändert.
Es mag überraschen, dass unter den hier angeführten Funktionen nicht auch auftaucht, dass die Diagnose zu einer Verbesserung der Verständigung zwischen Therapeut3 und Klient führen sollte. Diese Funktion der Diagnose ist wohl eher Wunschdenken als Realität (Dyga i Opoczyńska 2015a).
Die Diagnose ist also sowohl für den Therapeuten als auch für den Klienten von Nutzen. Auch für Institutionen, die zwischen Therapeuten und Klienten vermitteln, ist die Diagnose wichtig. Eine Diagnose zu stellen ist in dem Sinne also wie ein unverzichtbares Ritual. Das Gesundheitssystem beginnt zu handeln, und der Therapeut erhält von der vermittelnden Behörde das Honorar für seine Arbeit. Im Prinzip ist dies eine logische Abfolge: Ohne Diagnose gibt es keine Krankheit, ohne Krankheit keine Behandlung und ohne Behandlung kein Gehalt. Das mag zwar ganz vernünftig erscheinen, es stützt sich jedoch auf die zweifelhafte Annahme, dass so etwas wie Verhaltensstörungen oder leichte depressive Episoden tatsächlich auch existieren. Dabei sind das nur theoretische Begriffe, in Wirklichkeit gibt es nichts dergleichen, zumindest nicht in dem Sinne, in dem man beispielsweise präzise einen Bruch des Oberschenkelknochens oder Darmkrebs diagnostizieren kann. Die Diagnose dient also dazu, den Klienten für administrative und statistische Zwecke zu klassifizieren.
Eine andere Frage ist die, ob die Beschreibung des Klienten und die diagnostischen Betrachtungen ein Erkennen der Wahrheit oder zumindest eine Annäherung daran ermöglichen sollten – der Wahrheit in Bezug auf Mechanismen und Ursachen der Störung. Dienen diagnostische Untersuchungen auch dazu, Lösungen und anwendbare Möglichkeiten zu finden, die im Therapieprozess hilfreich sein können? Wie Adamowicz (2014) betont, sollte die »natürliche Sensibilität des Begriffs Wahrheit« diesen Begriff nicht aus der Psychotherapie verbannen, sondern zu einer sorgfältigen und umsichtigen Unterscheidung zwischen der Sprache und der mithilfe der Sprache beschriebenen Wirklichkeit führen.
Auch über die Konsequenzen, die ein Erweitern des Bereichs der psychiatrischen Diagnose nach sich zieht, sollte nachgedacht werden. Dieses Phänomen wird seit Jahren beobachtet. Die neuen Ausgaben des Klassifikationssystems für psychische Störungen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – DSM) zählen immer mehr Seiten und enthalten immer mehr Krankheitsbilder – ein Ausdruck der Medikalisierung des Lebens, die metaphorisch zuweilen auch als »psychiatrischer Imperialismus« bezeichnet wird. Eine viel diskutierte negative Folge dieses Phänomens ist das Relativieren und Minimieren des Bereichs des Bösen, verursacht dadurch, dass man das Böse in den Kategorien einer Krankheit beschreibt. Eine weitere Folge besteht darin, dass Verhaltensweisen in Kategorien der Pathologie beschrieben werden, die in früheren Zeiten einfach als Charaktereigenschaften einer Person galten. Was heute beispielsweise soziale Angst genannt wird, war früher einfach Schüchternheit.
Krankheitsbilder in der Psychiatrie sind nichts anderes als theoretische Konstrukte, die willkürlich von einer ausgewählten Gruppe von Spezialisten angenommen und in Kategorien und Unterkategorien eingeteilt wurden. Die Einteilung ist festgelegt, und die Klassifizierungen ändern sich alle paar Jahre. Neue Krankheitsbilder tauchen auf, andere wiederum werden von der Liste gestrichen. Bei dieser festgelegten und in bestimmten Zeitabständen korrigierten Liste von Krankheitsbildern handelt es sich wohl eher um eine in einem bestimmten Kreis von Fachleuten getroffene Vereinbarung, um eine Übereinkunft, die definiert, wie gewisse Erscheinungen in den folgenden Jahren beschrieben und benannt werden sollen.
Allerdings droht es, gefährlich zu werden, wenn willkürlich definierte Begriffe als Wirklichkeit angenommen werden. Im Kontext der im ericksonschen Ansatz verwendeten Termini wäre dies eine Halluzination – die Idee wird mit der Wirklichkeit verwechselt. Für die Klienten aber entstehen hierdurch СКАЧАТЬ