Lebensbilder. Оноре де Бальзак
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Название: Lebensbilder

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783955014735

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СКАЧАТЬ Ermordung übergeben hat, kommt alles an den Tag. Der Minister wird als Mörder verhaftet und nur insoweit begnadigt, als ihm der Fürst Gift in das Gefängnis mitgibt, an dem er wohl sterben wird.

      Diese Tragödie steht im vollen Widerspruche zu Schiffs sonstigen Anschauungen. Hier bricht seine antiromantische, demokratischeGesinnung wiederholt durch. Sogar der Minister hat demokratische Anwandlungen; müßte also darüber von Arnstein nicht belehrt werden. Eine Reihe von Fragen findet in dem Stücke keine Beantwortung. Warum muß Hugo Arnstein unschuldig sterben? Warum muß seine Braut Helene leiden, indem sie den Bräutigam verliert, sie, die doch gewiß nichts getan hat? Sie ist eine zweite Agnes Bernauer, nur daß nicht ihr Leben mit dem gewaltsamen Tode endigt, sondern das ihres Bräutigams, wie ja Schiff auch schon in der »Agnes Bernauerin« Albrecht sterben ließ. –

      Von dem Lustspieldichter Schiff läßt sich ebensowenig Erfreuliches berichten, wie von dem ernsten Dramatiker. Sein »Aprilmärchen« oder »Der gefährliche Harnisch« ist kaum ein Aprilmärchen, weit eher ein recht langweiliger Aprilscherz.

      Dieses weniger phantastische als parodistische Lustspiel, das mit Tieckschen Mitteln, aber nicht mit Tiecks Urkraft die Motive der spanischen Ritterstücke zu verspotten sucht, zeigt, wie Schiff zum Bühnendichter eigentlich alles fehlte. Er ist auch als Dramatiker Novellist, der endlose Reden für dramatisches Geschehen hält. Das Motiv des Stückes wäre nicht so übel. Es ist eine Parodie auf den Cidstoff, indem diesmal nicht ein toter Held den Mauren derartigen Schrecken einjagt, daß sie schon bei seinem Anblicke fliehen, sondern bloß die Rüstung eines siegreichen Heerführers, der sie aber einem feigen Seneschall umlegt, während er selbst zu einem Stelldichein mit einer sehr phantastischen Prinzessin eilt, in deren Dienst und zu deren Ruhm er alle seine Taten verrichtet. Manches ist in dem Stück lustig, und fast Shakespearischer Humor blitzt an ein paar Stellen auf. Aber wenn man auch über den Seneschall, das getreue Abbild des Shakespearischen Tobias von Rülp manchmal herzlich lachen kann, allmählich arten die beständigen Reden der Personen zu sehr ins Breitspurige aus, als daß man mit Behagen den Vorgängen folgen könnte. Wo Schiffs derber Humor durchbricht, ist das Stück am wirksamsten. Nur die fortwährenden Kopien der Manier Tiecks und Shakespeares werden lästig, und eine Schlußapostrophe, ganz nach dem Muster von »Was ihr wollt«, aber leider in etwas gezwungener Lustigkeit, erzeugt nur verstimmende Wirkung [* Szenen aus diesem Lustspiele erschienen 1831 im »Gesellschafter« (Nr. 196–197); das ganze Werk in Gubitz' »Jahrbuch deutscher Bühnenspiele« (11. Jahrgang, Berlin 1832)] . –

      Der Dramatiker Schiff übt, wie die Analysen seiner Stücke zeigen konnten, einen wenig erfreulichen Eindruck aus. Immer wieder bricht die epische Veranlagung des Dichters durch, und ihr ist er auch fortan – mit der einen Ausnahme der Bearbeitung eines französischen Dramas – immer treu geblieben.

      Daß Schiff sich zu der Übertragung dieses Dramas verstand, lag lediglich daran, daß ihm das Sujet, das Romantiker immer stark angezogen hatte, behagte. Es ist ein »Salvator Rosa« von Ferdinand Dugue, den Schiff überarbeitete. (Im Verlage des Hamburger Theateragenten C. A. Sachse in den Fünfzigerjahren (ohne Jahreszahl) erschienen.) Der Stoff des »Salvator Rosa« gehört in der Zeit der Romantiker zu den meist bearbeiteten [* Vgl. mein Lyserbuch, Seite 155ff, wo verschiedene Bearbeitungen besprochen werden] .Schiff mochte wohl eine innerliche Wesensverwandtschaft mit der Gestalt des »Salvator Rosa« fühlen, weshalb er die Bearbeitung des französischen Dramas unternahm. Allerdings scheint ihm auch diesmal ein theatralischer Erfolg versagt gewesen zu sein; eine Aufführung dieses »Salvator Rosa« ist nicht nachzuweisen.

      Dieser letzte dramatische Versuch Schiffs fällt schon weit außerhalb seines Berliner Aufenthaltes, der gegen das Ende des Jahres 1835 jäh abgebrochen wurde. Voran ging diesem unseligen Schritte eine heftige Polemik mit Christian Dietrich Grabbe. Beider Dichter äußeres Wesen sollte eine Gegnerschaft von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen. Wie vieles sie miteinander gemein hatten, ist schon früher gezeigt worden. Aber so sehr sie einander in ihrer Lebensführung glichen (auch die Sehnsucht beider, schauspielerisch zu wirken, verbindet sie), so wenig stimmten sie in ihren poetischen Anschauungen überein. Das offenbarte sich am schlagendsten darin, daß Schiff Grabbes Hohenstaufendramen im »Gesellschafter« (1830, Beilage Nr. 80) scharf angriff. Er warf ihm vor, daß er mit großen Stoffen leicht fertig werde oder sie leichtfertig behandle und daß er seine Kräfte überschätze. Doch verkannte er nicht, daß, »wer solche Gedanken und Verse habe, ein Dichter sei.« In seinem »Cid« nahm nun Grabbe eine wenig vornehme Rache. Die Entstehung dieser Satire muß man mit Oskar Blumenthal (Grabbes sämtliche Werke, Detmold 1874, IV. Band, Seite 90) sicherlich erst in die Dreißigerjahre verlegen. Für mich ist kein Zweifel, daß schon die Wahl des Cidstoffes, um darin verschiedentlich literarische Rache zu nehmen, einen Angriff auf Schiff bedeutet, der im »Aprilmärchen« denselben Stoff satirisch vorarbeitet hatte. Grabbe hätte gewiß ebenso gut irgendein anderes heroisches Thema als Grundlage seiner recht lose zusammenhängenden Verhöhnungen erwählen können, die übrigens, so weit sie Schiff betreffen, weder allzu wirksam noch allzu treffend sind.

      Von diesem einzigen Angriff abgesehen, verlief Schiffs Berliner Zeit ruhig und friedlich. (Grabbes »Cid« dürfte er wohl erst 1845 in Arthur Müllers »Moderne Reliquien« kennen gelernt haben, wenn ihm nicht vielleicht Immermann das Manuskript schon früher zeigte.) Dennoch begann ihm Berlin nicht zu behagen: seine Ruhelosigkeit scheuchte ihn fort. Die übergroße Nüchternheit, die Berlin in der Mitte der Dreißigerjahre erfüllte, mag den Entschluß, die preußische Hauptstadt zu verlassen, in ihm bestärkt haben. Von dem ungebundenen Wanderleben, wie es die Romantiker so oft verherrlicht hatten, erhoffte er sich die stärksten Impulse für seine Dichtung. Berlin bot seinem skurillen, phantastischen Dichtergemüte gewiß wenig Nahrung. Dort hatte neuerdings der Geist plattester Aufklärung um sich gegriffen, der Schiff unmöglich zusagen konnte. Und so verschwand er eines Tages und blieb monatelang völlig verschollen. Er fühlte nur zu gut, daß er in Berlin nichts mehr zu sagen hatte. Deshalb wollte er es versuchen, auf anderem Boden sein dichterisches Glück zu finden. Fehlgeschlagene Hoffnungen müssen es allein gewesen sein, die ihn dazu drängten; denn mit seinen literarischen Freunden stand er sich vortrefflich. Aber er lohnte ihnen nach seinem Ausmarsche aus Berlin ihre Zuneigung schlecht. Kaum hatte er ihnen den Rücken gekehrt, als er sie gänzlich ignorierte. Er ließ nichts mehr von sich hören, so daß man ihn allgemein für – – tot hielt. Willibald Alexis schrieb ihm sogar einen ausführlichen, warmen Nachruf, der die tiefsten Einblicke in Schiffs Wesen gewährt, und der wegen seiner Bedeutung ausführlich wiedergegeben werden muß.

      In dieser Charakteristik (»Der Freimütige«, 5.–7. November 1835, Nr. 220–222) heißt es: »Erinnerungen an Daniel (sic!) Schiff. Es war in den ersten Monaten dieses Jahres, als der talentvolle Doktor Daniel Schiff Berlin verließ, um seine Vaterstadt Hamburg zu besuchen. Er schied von seinen Freunden mit der festen Zusicherung, sogleich nach seiner Ankunft von sich hören zu lassen, und auch dem damaligen Redakteur dieser Blätter [* Willibald Alexis, der Ende 1835 die Redaktion an W. Albrecht übergeben hatte] hatte er sein Wort gegeben, noch vom Wege aus Mitteilungen zu senden. Er versprach sich, in seiner eigentümlichen Weise die Dinge zu betrachten, einen besonderen, humoristischen Genuß von der Art, wie er diese Reise unternahm; denn trotz des regnerisch-unbeständigen, kalten Frühjahrs, trotz der durchnäßten, schlechten Wege war es sein fester Wille, sie ganz zu Fuß zu machen. In einem schlechten grauen Überrock, ohne anderes Gepäck, als was er in die Taschen stecken konnte, einen großen Stab in der Hand, wanderte er, nicht ohne Besorgnis seiner Freunde, aus den Toren von Berlin. Aber er selbst vergnügte sich schon in Gedanken, wie er regentriefend am Abend in der ersten besten Dorfschenke einsprechen und neben den Stammgästen und Honoratioren einen Platz am brennenden Herde erbitten würde, wie er auf ihre Fragen antworten, Geschichten erzählen und Geschichten hören wollte. Er freute sich auf die Gesellschaft von Handwerksburschen, Kärrnern, Gendarmen und allenfalls Transporten von Strafgefangenen, mit denen er des Wegs ziehen und, eine Pfeife rauchend, Gedanken auszutauschen und Menschenkenntnis einzusammeln hoffte. Aber der moderne Seume und Arndt täuschte sich, wenn er, trotz seiner unverkennbaren dichterischen Gaben, die er zu haben meinte, sich in die Menschen zu finden und sie glauben zu machen, er gehöre zu ihnen, hoffte. Schiff konnte СКАЧАТЬ