Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри
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Читать онлайн книгу Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри страница 141

СКАЧАТЬ nickte ihm zu. Dann brachte sie ihre Botschaft vor. Seine blauen Augen wurden starr vor Entsetzen...

      »Das kann ich nicht, Gräfin. Wenn Sie meine Schwester gesehen hätten – mit ihr zusammen zu sein – an einem Tisch essen. Ist das ein Leben für mich? ... Ein Gefangenenhüter. Und meine eigene Schwester!«

      Ulrike erhob sich: »Dann muß eben das Kind entscheiden, wen sie heute noch ins Herz treffen will. Es ist hart für sie ...«

      Alfred fuhr auf: »Warten Sie noch, Gräfin. Tue ich ihr einen Dienst damit? Ich hätte noch eben gesagt: Ich liefe für sie in die Hölle. Sagen Sie selbst, ob es nicht ein Höllenleben gibt.«

      »Es wird nicht ewig währen...«

      »Ich weiß aber, was die paar Stunden heute waren ...«

      »Alfred, das Leben gibt Ihnen nun Gelegenheit, für die Menschen, die Sie lieben, etwas ganz Großes zu leisten. Etwas, was Ihnen unter gewöhnlichen Verhältnissen kein Mensch zumuten würde. Ich glaube Ihnen, daß Sie lieber um den Thorstein in der Sonne herumhängen würden und der lieben Frau Rosen schneiden und dem Heinz Buzemänner machen. Aber wenn Sie es versuchten! Nur einmal für die nächsten sechs Wochen, bis wir vielleicht weiter sehen! Gott, eine solche Last kann man nicht ewig mit sich herumtragen.«

      Alfred sagte: »Gehen Sie hinunter und sagen Sie, daß die Herrin über mich gebiete ...«

      Tante Ulrike schlug ihm auf die Schulter. Es war ein Ritterschlag.

      Dann ging sie hinunter und setzte sich ans Bett der Rose und half ihr durch die grimmige Leidensnacht hindurch.

      Am andern Morgen kam ein ganz seltsam veränderter Alfred zu seinem Schwager. Zuvor war er bei seiner Schwester gewesen. Die Unterredung gab ihm einen Vorgeschmack seiner künftigen Tätigkeit. Aber er hatte seine Schwester besiegt. Wie sie sah, daß er ihr mit dem Thorsteiner drohte, gab sie nach.

      Der Fürst war sehr erstaunt. »Ja, ein Aufenthalt in reiner Höhenluft wäre vielleicht gut. Aber sie wird nicht dazu zu bringen sein.«

      Es währt einige Zeit, bis er begreift, daß sich Alfred als Begleiter anbiete. Aber als er die Sache erst überlegt hatte, war er sehr erleichtert.

      Harro dagegen war erstaunt und fast ärgerlich.

      »Alfred, Sie sollten doch endlich am Müßiggang genug haben. Pflege! Die überlassen Sie doch den verschiedenen Weiblichkeiten. Sie hätten besser getan, mir hier Bretter zu streichen.«

      Nicht Zum geringsten in des armen Alfred Martyrium gehört es, daß er auch noch Harros Verachtung zu tragen hat.

      Aber ein einziges Mal wird es ihm doch noch gut. Er darf ganz allein an Rosmaries Chaiselongue kommen und neben ihr sitzen. Und sie sieht ihn so dankbar und so rührend an, daß es ihm das Herz erhebt.

      Sie sagt: »Ich danke Ihnen, daß ich nun ruhig sein kann. Ich bin aus der großen Angst nicht herausgekommen, daß Mama etwas Unvorsichtiges tut. Und wenn Mama wieder einmal von mir hören kann, so sagen Sie ihr, daß ich nun einsehe, wie ich sie oft gereizt und gekränkt habe. Es ist jetzt zu spät, das gut zu machen. Man kann ja nie etwas wieder gut machen. Aber ich möchte, daß es Mama erfahre, daß ich jetzt auch darüber traure. Ich habe ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen. Und ich habe auch keine Entschuldigung, denn ich habe Menschen gehabt, die mir sagten, was ich zu tun hätte und wie ich es machen könnte. Und ich bin seit Jahren schon so glücklich gewesen, und Mama haben wir in der Kälte sitzen lassen. Ich habe nichts getan, was sie kränken konnte, aber ich habe alles geschehen lassen, von dem ich wußte, daß es sie kränken würde. Alfred, Sie müssen Mama das genau sagen! Und daß ich jeden Tag an sie denke, und wie furchtbar es mir nun ist, daß sie ihr Leben so zerstört hat und daß ich auch meine Schuld daran trage. Und, lieber Alfred, ich bitte Sie, haben Sie mit Mama Geduld und halten Sie Ihre Liebe zu ihr fest!« »Liebe!« sagte der arme Alfred. »Ich wüßte nicht, wo ich irgendwo in mir noch einen Funken Liebe für sie auftriebe. Wer kann das jetzt noch? Das können nur solche Engel wie Sie, Cousine.«

      Rosmarie lächelte. »Fragen Sie Ihre Schwester, ob ich mich gerade so engelhaft gegen sie benommen habe.«

      »Ach, ihr verdreht sich ja alles.«

      »Das tut es gewiß, aber das glauben Sie doch nicht, daß sie ohne jeden Grund einen solchen Haß auf mich geworfen hätte! Einmal hat sie mir unrecht getan. Das kann ich auch jetzt nicht zurücknehmen. Als das schwere Gewitter war. Jetzt hätte es wirklich keinen Wert mehr, wenn ich noch lügen wollte. Der Blitz hat ja jetzt doch schon bei mir eingeschlagen. Und ich habe mich auch bitter zu schämen.«

      »Zu schämen, Cousine? Ich dachte. Sie würden vielleicht sagen, wenn Charlotte ihre Untat einmal zu bereuen anfinge, dann würden Sie ihr vergeben.«

      Rosmarie wurde dunkelrot: »Ach, Alfred, brauchen Sie doch keine so großen Worte. Vergeben. Das Wort ist so göttlich, das dürfen wir doch kaum in den Mund nehmen. Gott vergibt. Und das habe ich auch schon erfahren. Denken Sie doch an die beiden Schuldner. Wissen Sie die Geschichte nicht mehr? Dem einen ist von seinem Herrn die ungeheure Schuld erlassen, und nun stürzt er sich im Vorhof auf einen andern, der ihm eine ganz kleine Summe schuldet. Dieser Mann ist mir immer sehr gemein vorgekommen. Ein Gesinnungslump, sagt Harro. Zu dem möchte ich doch nicht gerade heruntersteigen. Das müssen Sie doch einsehen!«

      »Ja,« sagte Alfred, »ich sehe etwas ein.«

      »Und suchen Sie nach dem Funken Liebe, Alfred! Es muß doch einer da sein. In allen Ecken suchen Sie danach! Nicht wahr?«

      Sie streckte ihm die Hand entgegen, er beugte sich darüber und wollte sie küssen. Da faßte sie nach seinen Schultern und zog ihn sanft zu sich herab und küßte ihn auf die Wange.

      »Ich danke Ihnen, Alfred, was Sie mir tun, das wissen Sie gar nicht. Und was Sie für ein Opfer bringen, das weiß ich auch...« Einen Augenblick sah er noch in ihre Augen, das Herz schlug ihm bis zum Halse herauf. Dann sagte er:

      »Cousine, Sie machen noch einen Menschen aus mir,« und ging zu Tante Ulrike, die ihn an der Terrasse erwartete.

      »Gräfin, ich gehe ... Ich steige in den Schlangenkorb. Sie haben mir in sechs Wochen Ihre Schwester Marga versprochen. Sollte von mir bis dahin nichts Nennenswertes übrig sein, so begraben Sie meine Reste und suchen Sie Ihren Neffen zu überzeugen, daß es für einen Mann meines Kalibers doch keine so ganz unwürdige Leistung war. Leben Sie wohl und tausend Dank. Für die Lebensrettung im Augenblick zwar noch nicht, aber dafür, daß Sie mich dahin geführt haben, wo ich in den Himmel hineinsehen konnte.«

      In Brauneck ward Ruhe. Bis zum jüngsten Zimmermädchen atmete alles auf. »Ein wahrer Gottesfriede,« flüsterte Fräulein Berger ihrer Vertrauten, der Arbeitslehrerin Fräulein Kramer, zu: »Es war kein Leben mehr mit Ihrer Durchlaucht. Schon lange nicht mehr. Und seit sie krank war ...Ich weiß, Sie sind verschwiegen. Es war eine Schinderei. Die beiden liefen sich oben die Füße ab und wir unten. Und die Leute auf der Straße werden sich segnen, daß das schwarze Ungetüm mit seinem Geblök nicht mehr herumrast. Dem Krüger sein Fuß ist auf einmal wieder heil geworden. Der hat nur nicht hinten drein laufen mögen, und von dem kleinen Bergmann hat man nie gehört, daß er sich einen Rausch getrunken hatte. Der hat das Hintendreinlaufen auch nicht vertragen. Der Adolf hat gesagt, wenn das Spazierengehen an ihn käme, so ginge er lieber aus dem Dienst. Warum es ihnen aber so greulich war, das verrät keiner. Und das macht mir Gedanken, Karoline. Und das Geläufe und Treppenknarren. Natürlich den Mädchen gegenüber laß ich's nicht aufkommen, sonst bliebe mir keine – das hat mir auch Gedanken gemacht. Man hört ja immer so СКАЧАТЬ