Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри
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Читать онлайн книгу Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри страница 140

СКАЧАТЬ die liebe Frau! Die Rose... Ich!«

      »Alfred, sind Sie verrückt?«

      »Ach, ich wollte, ich wär's. Ich werde es auch... es zerreißt mich.«

      Und er barg seinen Kopf in ihrem Schoß und sie legte ihre Arme um ihn und sagte:

      »Alfred, kommen Sie zu sich.« Sie fuhr ihm über die hellblonden Haare, die nun schon in weichen Wellen seinen schmalen Kopf bedeckten.

      Er hob sein tränenüberströmtes Gesicht und sagte: »Ich gäbe jeden Tropfen Blut für die Thorsteiner. Ich wäre zufrieden, wenn ich hier Märts Unterknecht wäre. Gräfin, meine Schwester, sie hat uns zusammen gesehen... sie hielt das Gewehr in der Hand. Eine Sekunde, Gräfin! Wie sie mich sah! Ich hatte ihr nie gesagt, wo ich war.«

      Ulrikes Augen wurden dunkelschwarz. »Die Fürstin...« sie atmete schwer. Alfred erhob sich schwankend... »So, nun lassen Sie mich hinaus!«

      Ulrike machte eine seltsame Handbewegung, als wenn sie nach etwas griffe, und blieb dann wie ein steinernes Bild sitzen.

      Es klopfte. Es war Harro. »Tante Ulrike, was ist's mit Alfred? Die Rose ängstet sich grundlos. Sie hat schon über hundertzwanzig.«

      Ulrike schüttelte sich und raffte sich mit eisernem Willen zusammen. Sie sagte: »Harro, er hat wieder einmal eine Dummheit gemacht und hat jetzt Fieber. Ich bringe ihn eben zu Bett.«

      Harro hörte man draußen etwas brummen. Dann stieg er hinunter.

      »Alfred, ich denke, Sie haben gehört, was Sie zu tun haben. Sich sofort ins Bett zu legen. Nicht zu sagen: ich kann nicht, ich will nicht! Das Unglück braucht nicht noch vergrößert zu werden. Soll die Rose um Ihretwillen noch Schmerzen ausstehen, und auf das Anlügen verstehe ich mich schlecht. Ich komme noch einmal herauf. Und wenn Sie können, dann beten Sie.«

      »Sie werden schweigen, Gräfin?«

      »Meinen Sie, dies werde mir auf die Zunge kommen! Oh, mein armer Harro.« Dann ging sie.

      Es war höchste Zeit, die Rose zu Bett zu bringen, die heftig fieberte.

      Harro unterdrückte mühsam seinen Zorn. »Ich schicke ihn morgen fort, wenn er so wenig die Dummheiten lassen kann. Nein, Rose, es ist nicht ernst. Er wird in Watte gewickelt und gehätschelt. Keine traurigen Augen machen, Rose.«

      Kein Mensch hätte ihr etwas angesehen, nur auf ihrer weißen, tieflinierten Stirn stand kleiner Perlenschweiß. Nun saß Tante Ulrike bei der Rose am Bett. Harro hatte gute Nacht gesagt und war gegangen. Da blieben die großen, grauen Augen an dem Gesicht Ulrikes hängen, ernst, forschend und traurig, daß Ulrikes Herz erbebte.

      »Alfred, o, wie er mir leid tut! Sage ihm, daß er dableiben soll, daß ich ihn darum bitte. Keinen Menschen hat er außer uns, der ihm hilft. Und er soll seine Schwester nicht verlassen. In ihrer Not. Sie ist doch seine Schwester, und sie liebt ihn.« Ulrike nahm Roses Kopf zwischen die Hände und küßte sie schweigend. Eine Sekunde sahen sie sich in die Augen. Dann flüsterte Rosmarie:

      »Harro, mein armer Harro! Du mußt noch schweigen, Tante, er erträgt es noch nicht. Und mein Vater! Nie soll er es wissen, nie! Es gibt ihm den letzten Stoß. Ach, kann man denn meinen Vater nicht schonen? Meinen lieben Vater mit seinem weichen, feinen Herzen! Er überlebt es nicht, Tante Ulrike. Und er muß von ihr befreit werden, Ulrike, und ich quäle mich darüber, du weißt, ich konnte mit niemand darüber sprechen. Mit dem Herrn Stiftsprediger hätte ich gern gesprochen. Er darf ja nie wieder sagen, was ihm die Leute beichten. Er hätte mir vielleicht einen Rat geben können. Aber ihr wolltet nicht.«

      Die Tante Ulrike hatte sich mit zitternden Knien gesetzt. »Du wußtest es, Rose, Du?«

      »Ach, vom ersten Augenblick an... Ich sah sie ja, in dem Augenblick, als sie schoß. Ihr Diamant blitzte. Und ich dachte zuerst, sie habe mich nicht getroffen, weil ich nur den Knall fühlte. Und dann wurden mir die Füße schwer, und dann weiß ich nichts mehr... Und darum hatte ich so furchtbare Angst; der schreckliche Mensch, der Landjäger, erforschte es auch, und der arme Vater! Mein armer Vater! Du verstehst doch, Tante Ulrike! Aber man darf sie doch nicht allein herumgehen lassen und im Auto fahren. Und der Herr Professor hat das alles verboten, und nun hat es ein anderer Herr erlaubt, und ich ängstige mich von neuem.«

      »Dann muß es Harro wissen, Rosmarie, und sie muß unschädlich gemacht werden. Der arme Alfred weiß es nun auch, und es hat ihm beinahe das Herz gebrochen.«

      »Geh zu ihm hinauf und tröste ihn, Tante Ulrike!«

      »Rosmarie, wenn du deinen Vater verschonen willst, so muß Harro es wissen. Einer von den Männern muß es wissen. Alfred ist nicht Manns genug, daß er mit ihr fertig wird. Entweder Harro oder dein Vater, Rosmarie. Es ist furchtbar, daß du das jetzt entscheiden mußt, und wir sollen alles Aufregende von dir ferne halten.«

      »Ach, Tante Uli, wenn ich dies überstehe, dann könnt ihr mich überhaupt aus meiner Haft entlassen. Ich muß sterben. Warum wollt ihr nun, so lange ich noch bei euch bin, mich da fern von euch halten? Tante Uli, du darfst nicht zu weinen anfangen, sonst fange ich auch an! Und wir können's gar nicht fertig beweinen, so traurig ist's. Und wir müssen den Kopf beisammen haben. Was hat Alfred heute mit Mama gehabt?«

      »Auf die Wiese muß sie ihn geschleppt haben und ihm vielleicht gesagt, er müsse morgen wieder mit ihr dahin. Er war halb verrückt vor Jammer. Wenn er Schuld hat, dann büßt er jetzt. Rosmarie, dein Harro! Das ist ein Wehe für ihn. Ihre Strafe können wir wahrhaftig unserem Herrgott überlassen. Die bekommt sie. Sie will nicht gelauert, sondern nur im plötzlichen Zorn losgedrückt haben. Ob man's ihr glaubt?«

      »Oh, wenn sie es sagt, gewiß. Furchtbar ist das ... Eine Sekunde und sie hat ihr ganzes Leben zerstört. Aber ihren Haß hatte sie schon vorher. Und ich habe auch meine Schuld daran, das sehe ich jetzt wohl ein. Mein Ring da. Ich hätte Vater zwingen müssen, ihn ihr wieder zu geben ... Nun leide ich und muß auch büßen. Vielleicht, wenn ich nicht so hartnäckig gewesen wäre! O Ulrike, mein armer Harro! ... Wenn Alfred ein Mann wäre ... wenn ... wir zwei Frauen allein!«

      »Ich möchte es dir ersparen, Rosmarie, daß du die Wahl treffen mußt.«

      »Aber Mama darf nicht wieder auf die Wiese gehen, daß es der Landjäger doch erfährt. Du weißt nicht, wie die sind, die Landjäger.«

      »Kind, was hast du ewig mit diesen Menschen zu tun?«

      »Es hat mir einmal eine arme Frau gesagt, wie sie es machen, sie gehen herum und spionieren aus. Glaubst du, daß Alfred nicht doch mit Mama fertig werden könnte? Wenn er das für uns täte. Für uns beide. Und wir brauchten Harro nicht den bittern Kelch zu trinken geben und nicht dem Vater.«

      »Dein Vater hat ein kleines Landhaus in der Schweiz. Er hat es immer vermietet. Weil niemand dort wohnen wollte und er es nicht gut verkaufen konnte. Wenn Alfred es zuwege brächte und die Fürstin mit ihm, sagen wir, zur Erholung ginge.«

      »Oh, geh hinauf, Ulrike. Sag ihm, ich flehe ihn an. Ich könnte es nicht übers Herz bringend, es Harro zu sagen.«

      Ulrike erhob sich. »Da kann er Buße tun, der Filou, das kann er. Schier zu hart ist's für ihn, Rose. Marga kann ihn vielleicht einmal ablösen. Aber warum soll er nicht auch einmal auf eine harte Nuß beißen! Wer weiß, wie lange es währt.«

      Sie ging hinauf und setzte sich an Alfreds Bett.

      Er hatte sich hinein СКАЧАТЬ