Название: Sewastopol
Автор: Лев Толстой
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066112196
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Wenn die Furcht sich einmal der Seele bemächtigt hat, weicht sie nicht bald einem anderen Gefühle. Er, der sich immer gebrüstet hatte, daß er sich niemals bücke, ging jetzt mit beschleunigten Schritten und fast kriechend den Laufgraben entlang. »Ach, schlimm! dachte er, als er stolperte, ich werde unfehlbar getötet,« er fühlte, wie schwer es ihm wurde, zu atmen, und wie der Schweiß an seinem ganzen Körper hervortrat, und wunderte sich über sich selber, versuchte aber nicht mehr, seiner Empfindung Herr zu werden.
Plötzlich ließen sich Schritte vor ihm hören. Schnell richtete er sich auf, hob den Kopf in die Höhe und ging, munter mit dem Säbel klirrend, nicht mehr mit den früheren schnellen Schritten einher. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Als er einem Sappeuroffizier und einem Matrosen begegnete und der erstere ihm zurief: »Duck dich!« indem er auf den leuchtenden Punkt einer Bombe zeigte, die immer heller und heller, immer schneller und schneller sich näherte und in der Nähe des Laufgrabens platzte, – bog er nur ein wenig und unwillkürlich, unter dem Einfluß des warnenden Schreies, den Kopf und ging weiter.
Sieh da, der ist tapfer! sagte der Matrose, der ruhig die fallende Bombe betrachtet und mit erfahrenem Blick sofort berechnet hatte, daß ihre Splitter in den Laufgraben nicht einschlagen konnten, er duckt sich nicht einmal!
Nur noch einige Schritte hatte Kalugin über einen kleinen Platz bis zur Blindage des Kommandeurs der Bastion zu gehen, als ihn wieder das dumpfe Gefühl und die thörichte Furcht von vorhin überkam; sein Herz schlug stärker, das Blut strömte ihm nach dem Kopfe, und er mußte sich zusammennehmen, um nach der Blindage zu laufen.
Warum sind Sie so außer Atem? sagte der General, als er ihm die Befehle überbrachte.
Ich bin sehr schnell gegangen, Excellenz!
Wollen Sie nicht ein Glas Wein?
Kalugin trank ein Glas Wein und rauchte eine Cigarette an. Das Gefecht hatte bereits aufgehört, nur die starke Kanonade dauerte auf beiden Seiten fort. In der Blindage saß der General N., der Kommandeur der Bastion und sechs Offiziere, unter ihnen auch Praßkuchin, und sprachen über verschiedene Einzelheiten des Gefechts. Als Kalugin in diesem behaglichen Zimmer saß, das mit hellblauen Tapeten ausgeschlagen war, das ein Sofa, einen Tisch, auf dem Papiere lagen, ein Bett, eine Wanduhr und ein Heiligenbild, vor dem eine Lampe brannte, enthielt, – als er diese Zeichen der Wohnlichkeit und die fast drei Fuß dicken Balken der Decke sah und die in der Blindage nur schwach tönenden Schüsse hörte, – konnte er gar nicht begreifen, wie er sich zweimal von einer so unverzeihlichen Schwäche hatte können übermannen lassen. Er war über sich selber erzürnt und sehnte sich nach der Gefahr, um sich von neuem zu prüfen.
Ich freue mich, daß auch Sie hier sind, Kapitän, sagte er zu einem Marineoffizier im Stabsoffiziersmantel mit einem starken Schnurrbart und dem Georgskreuz, der inzwischen in die Blindage gekommen war und den General bat, ihm Arbeiter zu geben, um zwei auf seiner Batterie verschüttete Schießscharten wieder herzustellen. Der General hat mir befohlen, mich zu informieren, fuhr Kalugin fort, als der Batteriekommandeur aufgehört hatte, mit dem General zu sprechen, ob Ihre Geschütze den Laufgraben mit Kartätschen beschießen können.
Nur ein Geschütz kann es, antwortete mürrisch der Kapitän.
Jedenfalls wollen wir hingehen und nachsehen.
Der Kapitän runzelte die Stirn und schrie zornig:
Schon die ganze Nacht habe ich dort gestanden und bin hierher gekommen, um nur ein wenig auszuruhen, können Sie nicht allein hinuntergehen? Mein Stellvertreter, der Leutnant Karz, ist dort, er wird Ihnen alles zeigen.
Der Kapitän kommandierte schon seit sechs Monaten diese Batterie, eine der gefährlichsten, wohnte sogar schon seit Anfang der Belagerung, da es noch keine Blindagen gab, ununterbrochen auf der Bastion und hatte unter den Seeleuten den Ruf der Tapferkeit. Daher setzte seine Weigerung Kalugin nicht wenig in Erstaunen und Verwunderung. »Was bedeutet der Ruf!« dachte er.
Nun, so werde ich allein gehen, wenn Sie gestatten, entgegnete er in etwas spöttischem Tone dem Kapitän, der jedoch seine Worte nicht weiter beachtete.
Kalugin bedachte aber nicht, daß er zu verschiedenen Zeiten alles in allem nur an fünfzig Stunden auf den Bastionen zugebracht, während der Kapitän sechs Monate dort gewohnt hatte. Kalugin trieb noch die Eitelkeit, der Wunsch zu glänzen, die Hoffnung auf Auszeichnungen, auf Ruhm und der Reiz der Gefahr; der Kapitän hatte all das schon durchgemacht: auch er hatte der Eitelkeit, der Tapferkeit, der Gefahr nachgestrebt, der Hoffnung auf Auszeichnungen und Ruhm, und hatte auch beide errungen, jetzt aber hatten alle diese Reizmittel ihre Macht über ihn verloren, und er betrachtete den Krieg mit anderen Augen: er erfüllte aufs pünktlichste seine Pflicht, war sich aber dessen wohl bewußt, wie wenig Aussichten ihm für das Leben blieben, und setzte darum nach einem Aufenthalte von sechs Monaten auf der Bastion diese Aussichten nicht ohne die dringendste Not aufs Spiel, so daß der junge Leutnant, der vor acht Tagen bei der Batterie eingetreten war, der sie jetzt Kalugin zeigte, sich mit ihm unnützerweise zur Schießscharte hinauslehnte und auf die Banketts kletterte, ihm zehnmal tapferer erschien, als der Kapitän.
Als Kalugin die Batterie besichtigt hatte und nach der Blindage zurückging, stieß er in der Finsternis auf den General, der sich mit seinen Ordonnanzoffizieren auf die Höhe begab.
Rittmeister Praßkuchin! sagte der General, gehen Sie gefälligst in den rechten Schützengraben hinunter und sagen Sie dem zweiten Bataillon des M.-Regiments, das dort auf Arbeit ist, daß es die Arbeit abbrechen, ohne Lärm abmarschieren und sich mit seinem Regiment vereinigen soll, das unten am Berge in Reserve steht ... Verstehen Sie? Sie werden es selbst zum Regiment führen.
Zu Befehl.
Und Praßkuchin lief im Trabe zum Schützengraben.
Das Feuer wurde stärker.
X
Ist dies das zweite Bataillon des M.-Regiments? fragte Praßkuchin, als er, an Ort und Stelle gekommen war und auf Soldaten stieß, die in Säcken Erde trugen.
Jawohl, Herr.
Wo ist der Kommandeur?
Michajlow war in dem Glauben, daß nach dem Kompagniekommandeur gefragt würde, kam aus seiner Grube herauf und ging, mit der Hand am Mützenschirm, an Praßkuchin heran, den er für einen Vorgesetzten hielt.
Der General hat befohlen, schnell ... und vor allem still zurückzugehen ... nein, nicht zurück, sondern zur Reserve, sprach Praßkuchin, indem er nach dem feindlichen Feuer schielte.
Als Michajlow Praßkuchin erkannt hatte, ließ er die Hand sinken und gab, nachdem er erfahren, worum es sich handelte, den Befehl weiter; das Bataillon hörte auf zu arbeiten, ergriff die Gewehre, zog die Mäntel an und setzte sich in Bewegung.
Wer es nicht kennen gelernt hat, kann sich die Freude nicht vorstellen, die ein Mensch empfindet, der nach einem dreistündigen Bombardement einen so gefährlichen Platz, wie ein Schützengraben СКАЧАТЬ