Название: Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth
Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027226405
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EMANUEL
verbeugt sich ergriffen und küßt ihre Hand; eilt an den Tisch und erhebt sein Glas: Auf das Wohl, die Herren! Er leert sein Glas und schleudert es in den finsteren Hintergrund; es zerbricht klirrend.
ADA
Bravo! Bravo! Sie will rasch an den Tisch, bekommt einen Magenkrampf, hält angewurzelt und krümmt sich.
KARL
zu Ada: Plärr nicht! Sauf!
MÜLLER
Ich komme nach, komme nach, Herr Baron!
MAX
zu Müller: Es scheint Ihr Schicksal zu sein, alles zu versäumen?
ADA
stöhnt: Mein Leib, mein Leib –
KARL
zu Ada: Hinaus!
MÜLLER
zu Emanuel: Mein Bruder, Herr Baron, war der einzige Bürgerliche im Offizierkorps seines Regiments. Wäre nämlich ich der Älteste von uns Drillingen, wäre heute ich Rittmeister! Selbstredend a. D., Herr Baron! Man kann doch nicht dem Volke, wenn man im bunten Rock des Königs schwor –
KARL
Schwör nicht! Sauf! Du Drilling!
MÜLLER
Drillinge können auch saufen, Sie!
ADA
stöhnt, faßt sich plötzlich an den Kopf: Jetzt hab ich den Strasser vergessen!
EMANUEL
zu Müller: Ich bezweifle in keiner Weise, daß Sie nicht Talent zum bunten Rock hätten.
MÜLLER
Darf ich auf Ihr ganz Spezielles?
EMANUEL
Danke. Ich allerdings war zwar nur Fähnrich, schon aus Tradition, aber heute bin ich Pazifist. Die Geschichte meiner Bekehrung ist pittoresk: es sprach nämlich unlängst eine entzückende Person für den Pazifismus – ich habe noch nie solch durchgeistigte Hände gesehen.
MÜLLER
Herr Baron! Ich hasse den Militarismus! Mit meinem Bruder, dem Rittmeister, habe ich mich noch nie verstanden, obwohl wir doch Drillinge –
KARL
unterbricht ihn: Schluß mit der Viehzucht!
EMANUEL
zu Karl: Sie sind freilich verbittert; aber die Weltpolitik, gewissermaßen die kosmischen Zusammenhänge –
ADA
schreit: Wo ist der Strasser? Der Strasser! Dieser Strasser – Sie läuft erregt hin und her. Es kann ihn doch nicht die Erde verschlungen haben! Hat denn niemand den Strasser gesehen?
EMANUEL
hatte sich mit dem Rücken zu Ada gesetzt: Doch. Ich.
ADA
So sprich doch, ja?!
EMANUEL
Nein. Der Sekt steigt ihm allmählich zu Kopf. Es gibt nämlich Personen, die durch Bacchus zum Helden avancieren, aber ich bleibe Diplomat. Vorsicht soll nämlich die Mutter der Weisheit sein. Jener Weisheit, die schweigt. Er trommelt mit den Fingern fröhlich auf der Tischplatte. Ich traue mich nicht, ich traue mich nicht! Aber ich will es den Herren hier erzählen. Wollen sehen, wer der Mutigste ist!
KARL
Ich!
Emanuel flüstert.
ADA
Was soll das Getuschel?! Keine Geheimnisse! Unter uns!
KARL
imitiert einen Posaunenstoß: Der Strasser ist mit einer hübschen Blondine nach – hinauf.
Ada erstarrt.
EMANUEL
kichert: Mein Schwager Strasser hat besagte Blondine im Treppenhaus umarmt. Und geküßt.
KARL
Daß es knallte!
EMANUEL
Vor ungefähr einer Stunde.
MAX
Und seit dieser Stund wurd er nimmer gesehen.
Stille.
ADA
Ist das wahr?
MÜLLER
schadenfroh: Na Pupille! Pupille! Saufen.
ADA
hysterisch: Der Strasser, der Strasser – dieser Strasser, dieser Strasser! – Strasser! Strasser! Strasser!!
Strasser erscheint.
Ada stürzt sich zischend auf ihn und gibt ihm eine klatschende Ohrfeige; lacht. Hat es geknallt? Hat es geknallt?!
STRASSER
unbeweglich: Geknallt oder nicht geknallt. Es wird einem allmählich alles egal.
ADA
Dir! Aber mir nicht! Weder allmählich noch plötzlich! Nie! Kusch! Du bist mein Eigentum, du! Ich habe dich gekauft, und ich kaufe dich jeden Tag! Ich bezahle!
MÜLLER
Hört! Hört!
ADA
Ich bezahle. – Kannst du mich denn betrügen, wenn ich nicht will? – Wirf diese Person hinaus! Sofort! Oder ist das keine Hure?
STRASSER
Ja. Das ist eine Hure. Und ich hätte sie sogleich hinauswerfen sollen, aber ich habe ein goldenes Herz. Nicht wahr, Herr Müller? Er tritt an den Tisch, leert hastig ein Glas, setzt sich und vergräbt das Antlitz in den Händen. Ich bitte um Hilfe. Ich kann nicht mehr denken vor lauter Pech.