In Purpurner Finsterniß. Michael Georg Conrad
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Название: In Purpurner Finsterniß

Автор: Michael Georg Conrad

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066116354

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СКАЧАТЬ blickten sie sich starr an.

      — Soundso?

      — Soundso. Und dieser Mensch, Minus, sollte er nicht des Schlimmsten fähig sein? Ist das nicht ein keimender Entartungstypus in unserem normalen Gemeinwesen? Ist das nicht ein stetig sich aufbauender Seuchenheerd in unserem musterhaft gesunden Land?

      — Ich ahne, Bim.

      — Schon damals. Meine unglaubliche Entdeckung des Urstoffs, alle Geister hat sie erschüttert, ihn hat sie kalt gelassen. Mehr noch: er hat sie still verhöhnt. Und er wagt Worte, wie Natur, Probleme, angenehmere Pflichten vor dem Oberpriester auszusprechen.

      — Und vor dem Oberpriester!

      — Und vor dem Oberpriester. Gerade vor dem, der meine unglaubliche Entdeckung mit dem höchsten Lob auszeichnete. Weißt Du noch?

      — Das Lob ja. Sehr ergreifend. Wie lautete doch gleich Deine herrliche Entdeckung? Die Worte sind mir nicht gegenwärtig.

      — O Minus, Hoheit: Urstoff! Die Materie, aus welcher die Atome bestehen, ist nicht qualitativ verschieden, sondern die verschiedenen Atome sind nur verschiedene Qualitäten derselben Materie, und diese Materie ist der Urstoff.

      Minus zog die Augenbrauen hoch, daß sie wie ein schwarzes Runzel-Dreieck über den erstaunten Augen standen. In seinem Sinne dachte er: O du blöder, aufgeblasener Frosch, mit deinem dummen Gequake — aber seinem Munde entschlüpften klügere Worte.

      — Herrliche Entdeckung, herrliche Definition. Ja, das sind Ideen, nicht Schall und Rauch. Davon wird eine neue Entwicklung ausgehen. Neue Probleme werden hervorsprießen, neue —

      Bim spreizte erschreckt die fünf Finger der linken Hand in die Höhe und legte die rechte dem Sprecher auf den Mund.

      — Oh! Oh! Wenn uns ein sterbliches Wesen gehört hätte, Minus, Hoheit! Oh! Entwi— Entwicklung, gehört das nicht auch zu den verpönten Worten unseres staatlichen Sprachschatzes, so gut wie neue Probleme? Stehen wir nicht auf dem Gipfel? Wohin mit Entwi— Entwicklung? Wäre das nicht Schwindel eines Schwarmgeistes? Wir bauen aus, wir vertiefen, wir fügen hinzu, aber entwickeln? Nein. Wir haben einen Standpunkt, unser erreichtes Ziel, da ist nicht Raum für etwas Zielloses, Unübersehbares. Entwicklung — wem schauderte da nicht? Sturz in’s Bodenlose — wem — — —

      Bim bekam schon wieder seinen Hustenanfall, daß die Halswirbel knackten.

      Minus hatte sich bei Bim’s emphatischer Strafpredigt langsam umgewendet. Jetzt drehte er ihm das Gesicht wieder zu, mit unerschütterter Ruhe:

      — Bim, ich bitte, wem sagst Du das? Mein Amt gestattet mir, mich auch einmal über meinen Standpunkt zu stellen, um — Andere zu prüfen. Du hast die Prüfung bestanden. Glänzend. Wie vorauszusehen. Der Mann des Geistes beglückwünscht den Mann der Körperlichkeit.

      — Der Ebenbürtige verneigt sich, Hoheit.

      Sein längliches Gesicht versuchte durch ein säuerliches Lächeln den aufsteigenden Aerger zu dämpfen.

      Nein, es ist mehr als Fopperei von diesem obersten Gelehrsamkeitsverwalter, es ist ein Stich in’s Boshafte, fast in’s Größenwahnsinnige dabei, dem nichtsahnenden Oberphysikus mit solchen Scherzen zu kommen. Man könnte sich ordentlich fürchten, wenn unter Kollegen solche Neigungen herrschend werden. Das ist kein glücklicher Ton im hohen Rath des glücklichsten Volkes. Einem meuchlings mit Prüfungen zu kommen, mit hinterlistigen Gesinnungs-Erforschungen! Und gerade ihm, dem tadellosen Bim, dem unersetzlichen Physikus, der die Wissenschaften mit Fünden und Entdeckungen weitreichender Art beglückt und dabei über die Gesundheit der Teutaleute mit solchem Eifer wacht!

      Was weht denn jetzt für ein Wind in den auserlesensten Köpfen, wenn ein Mann von der Gelehrsamkeit und Würde eines Minus Schabernack treibt? Kommt damit nicht eine gefährliche Unsicherheit in alle Beziehungen derer, die der Wille des Volkes auf die wichtigsten Posten gestellt?

      — Ja, ich beglückwünsche Dich, Bim! begann plötzlich der Oberlehrer wieder. Du bist ein Mann von hohen Gaben. Wie viele Jahre giebst Du mir noch? Damit ich dem würdigen Teutavolke mich nützlich erweise, der Weisheit meiner hohen Kollegen immer näher komme?

      — Wieso das?

      — Wir wissen, oder auch nicht, je nachdem, Bim, daß die Erde nichts ist als ein erstarrter winziger Sonnenabfall, ein kleiner Dreckspritzer, ein Sandkorn in der unendlichen Wüste der Welten. Wir wissen, welche Gase an der Fläche der fernsten Sterne glühen. Macht das Dein Herz größer? Dein Leben fröhlicher? Wir wissen, daß man vor tausend Jahren, bevor die Chinesenherrschaft in Europa triumphirte, Welträthsel zu lösen im Begriffe war, von denen wir heute keine Ahnung haben. Daß man damals fast das Problem gelöst hatte, aus dem Dunstkreis der Erde hinaus und in die Sphäre des Mondes hineinzufahren. Hat dieser Aufschwung gehindert, daß dennoch ganz Europa in die Brüche gegangen? Daß all’ die großen Reiche des Kontinents verschwunden und wir nur armselige Reste sind? Wie viele Jahre noch?

      — O, Hoheit.

      — Wie viele Jahre giebst Du mir und Dir noch?

      — Wie kommst Du auf solche Gedanken, Minus? Wir sind beide in guter Verfassung.

      — Wir sind zwar die ältesten Mitglieder noch nicht im hohen Rath, Bim. Bei der nächsten Musterung, wer weiß? Dem Volke schmecken mit einem Male die Alten nicht mehr, stell’ Dir das vor! Es geht wie ein Traum der Verjüngung durch die Herzen der kleinen Teutawelt. Meine Späher und Zeichendeuter wollen sich nicht geirrt haben. Hast Du noch nichts bemerkt?

      — Keinen Schimmer, hauchte der Oberphysikus ermüdet.

      — Fehlt Dir etwas, Oberphysikus? Deine Lippen zittern. Hast Du Zahnweh?

      — Aber, ich bitte.

      — Wie viele Zähne hast Du noch? Hast Du überhaupt noch Zähne?

      — Die sitzen noch ganz solide.

      — Sind Deine Kiefer noch stark genug, das Gebiß zu tragen?

      — Ich begreife nicht, Hoheit.

      — Richtig, ich vergesse, daß man in Deinen Jahren wohl auf diesen Zierat verzichtet.

      — Zierat, Minus? Zähne sind ein Instrument der Gesundheit. Erinnere Dich, daß ich einst ein vielgepriesenes Mittel erfunden, dieses Instrument zu schärfen.

      — Hast Du das, Bim? Ich erinnere mich nicht. Nach Dir kam aber einer, der Speiseformen erfand, wodurch die Arbeit dieses Instruments überhaupt überflüssig wurde. Haben die Teutaleute Deiner Erfindung Ehre erwiesen, wirklich, Bim?

      Der Oberphysikus biß die Zähne zusammen — es war keine vollständige Garnitur, und griff sich mit der Hand an die Stirn. Dann warf er einen hilflosen Blick auf den unbegreiflichen Frager.

      Der aber fuhr unerbittlich in seiner starren Weise fort:

      — Wie ein Traum der Verjüngung. Meine Späher und Zeichendeuter sind zuverlässig. Hast Du nie einen ähnlichen Traum geträumt?

      — Nie, Minus.

      — Hättest Du’s doch. Vielleicht hätte Dein Scharfsinn einen Sporn mehr erhalten. СКАЧАТЬ