In Purpurner Finsterniß. Michael Georg Conrad
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Название: In Purpurner Finsterniß

Автор: Michael Georg Conrad

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066116354

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СКАЧАТЬ so strenges Gesetz, daß sich Keiner den Bart darf sprossen lassen. Alle sind dem gleichen Willen unterthan, bartlos zu gehen mit glattgeschabtem Gesicht.

      — So sieh’ doch, jetzt sproßt mir der Bart. Ich habe nichts mehr mit der glatten Gleichheit Teutas zu schaffen. Und ich eile meinem Weibe nach. In Teuta sind die Weiber Allen gemeinsam. Keiner darf dort der Ausnahme sich rühmen, eines eigenen Weibes eigener Mann zu sein länger, als die Zeit der Begattung währt.

      — Köstlich, wie du Bescheid weißt!

      — Gut, ich habe Dir, dem Fremden, meine Sache gesagt. Nun hindere mich nicht länger.

      — Willst du Gewalt gegen unsere Wißbegierde brauchen? Setz’ Dich zu uns und belehre uns. Wir sind Forscher. Wir ziehen auf Kundschaft aus nach seltenen Sitten. Du hast eine geläufige Zunge und einen lahmenden Fuß. Dein Fuß kann in unserem Fahrzeug ruhen, Deine Zunge sich behaglich in Allem ergehen, was uns wissenswerth. Du bist uns ein guter Fund.

      — Aus welchem Lande kommst Du, daß Du eine solche Sprache zu mir, dem Freien, wagst?

      — Angelos sind wir, wie Du bald erfahren sollst, und Du — ein Freier gewesen.

      Nach kurzem Ringen war Grege überwältigt, gefesselt und in die Gondel gelegt.

      Im Nu stieg das Fahrzeug in die Luft wie ein Geier.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Winde schliefen. Kein Laut in der Luft. Müdes Flimmerlicht.

      Was am warmen Boden knisterte, war der feinkörnige Sand, unter Jalas Sandalen, so oft sie den Fuß hob und senkte in wachsender Ermüdung. Es waren keine Schritte mehr. Die Gelenke zitterten vor Ueberanstrengung.

      Jala war heute mehr Meilen gewandert, als gestern und ehegestern, von jagender Sehnsucht gepeinigt, endlich an’s Ziel zu gelangen.

      Grege, der Getreue, warum war er um Hochmittag zurückgeblieben? Bis zum Abend versprach er sie einzuholen, wenn er seine Wunde gepflegt. Jala konnte ja des Weges nicht fehlen, in der geraden Linie des übersandeten Kanales mit der leichten dünenartigen Böschung auf beiden Seiten. War das nicht seine feste Meinung?

      Nun kam ihr doch der Gedanke, sie möchte irre gegangen sein. Ihr tastender Stab fühlte keinerlei Erhöhung mehr am Wege.

      Jala hielt an, lauschend, den Kopf zurückgelegt, das Gesicht in der Richtung der scheidenden Sonne, die Lider tief über den blinden Augensternen. Keines Dinges wurden ihre Sinne im Verweilen inne, außer ihrer brechenden Müdigkeit.

      So beschloß sie, zu rasten, bevor volle Erschöpfung sie zwänge, und Grege’s, des Getreuen, zu harren.

      Ausgestreckt, in seitlicher Lage, die aufeinandergepreßten Handflächen unter die linke Wange geschoben, ruhte sie am Wege, wie entseelt.

      Auf ihre Schulter senkte sich, leicht wie ein Hauch, mit bebenden Flügeln ein gelber Schmetterling.

      — Wenn Grege jetzt mich so fände, seine muthige Jala! dachte sie. Dann verwehte ihr Bewußtsein, bis sich’s wieder verdichtete im Traum.

      Ihr lichtgraues Wanderkleid, überstaubt, hatte die Farbe des Sandbodens, ihr aschblondes Haar, in ungeordneten Locken aus der Kapuze hervorquillend, die Farbe der verdorrten Gräser und Halme.

      Das Gesicht, sonst mattweiß, hatte auf der langen Wanderung in freier Luft und Sonne sich ins Bernsteinfarbige gedunkelt. Um die weichen Umrisse der Nase, des Mundes und des Kinns wie über die geschmeidige Fläche der Wange schwebte ein Lächeln der Ergebenheit jungheißer Leibeslust in den leidvollen Sieg der Seele, gemischt mit der Erinnerung an die tiefwühlenden, schauerlich-süßen Wonnen, die sie im Zauber ihrer ersten wildfreien, sich selbstbejahenden Liebe genossen.

      Immer tiefer, immer inniger schien der ausgestreckt rastende Körper in den warmen Boden zu versinken, abgeflacht zu Schemen und Schatten.

      Wie eine große, selige Mattigkeit war die Dämmerung über die Welt gekommen, wie ein tiefausholendes Verschwingen in langen, lauen Rhythmen.

      Am Horizonte das Meer in weingelben Streifen, veilchenblau geädert, letzte, verklingende Liebkosung aus der strahlenfeurigen Zärtlichkeit der versunkenen Sonne.

      Jala sah es im Traum, ganz so. Und ihr Herz erfüllte es wie heiliger Rausch beim Kusse des Geliebten. Und wie von stummer Musik getragen, schwebte sie mit Grege im lichten Gefilde, zwischen feierlichen Sonnenblumen, um deren hohe Stengel zierliche Schlingrosen rankten, in süßen Düften die seidenweiche Luft gebadet.

      Nun sah sie dies: Heilig, aus nächtiger Finsterniß tauchend, die Insel, das Ziel der Pilgerschaft, die Heimath, das freie, ungetrübte Glück, Grege’s Himmelreich und das ihre.

      Ausland und Fremde war ihr die weite, feste Erde gewesen, wo die Vielzuvielen und Zusammenhängenden wohnen, der dichte, drückende Schwarm der Gleichmäßigen, die traurigen Völker, verblödet im Glück des Niemalsunglücklichseins und des stumpfgewordenen Willens.

      Nie, seit sie wußte, hatte sie sich Mensch mit solchen Menschen gefühlt.

      Wie war das gekommen, daß sie anders war? Ein Trotz für sich und ein Widerspruch allen Anderen? Ein drohendes Aufbäumen in ihrem Fürsichsein und eine beständige Gefahr? Ein Verdacht, der zur herrischen Ueberzeugung wuchs, daß die Ordnung rings nur ein feiges Elend sei, dem ein Held erstehen müsse, der Alles erlöse, indem er Alles aus den Fugen schlägt? Und sie die Heldin des Helden?

      Wie war das gekommen?

      War’s eine verborgene Erbschaft aus ihrem Stammlande Friska, die jetzt in gesammelter Kraft aus ihrem stillen Herzensschrein hervorbrach, ihre Gedanken zu feurigen Pfeilen spitzte, ihre Empfindungen mit sprengenden Elementen lud?

      Oft hatte Jala nach Zeichen gesucht, sich’s zu deuten in gegenständlichen Bildern, da die erklärenden Worte versagten.

      War es ihre Blindheit, darin sie das neue Sehen fand?

      War das eine Deutung, daß in jener Sturmnacht des jauchzenden Frühlings, als die Reife des Weibes im Wunder der Liebe ihren Leib verwandelte, das Licht aus ihren Augen floh und die Seele so hellsichtig wurde, als schwämme sie in Blitzen?

      Schuf Grege, der Heiße, Treue, Unvergleichliche, den Unterschied zur dauernden Gestalt, daraus die neue Menschheit wachsen mußte? Konnte sie darum nimmer von ihm lassen?

      — Auf der Insel die Erfüllung! seufzte Jala im Traume.

      So verging die Zeit.

      Plötzlich erwachte Jala in süßer Erschütterung.

      Langsam richtete sich ihr Oberleib vom Boden auf.

      — Nicht versinken, nicht unter die Erde! In die Höhe! Grege! Grege!

      Was war das Alles? Was?

      Ihre Hand tastete nach dem Stabe. Sie zog sich daran empor, sie straffte ihren Körper zu voller Höhe. Fremd. Allein.

      — Grege! Grege!

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