In Purpurner Finsterniß. Michael Georg Conrad
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу In Purpurner Finsterniß - Michael Georg Conrad страница 2

Название: In Purpurner Finsterniß

Автор: Michael Georg Conrad

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066116354

isbn:

СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Dann reichte er ihr noch eine Handvoll Surro in die Tasche, ein Zehrungsmittel seiner eigenen Erfindung, das in Nußgröße die Kraft des Brodes und Weines und die labende Frische der Quelle barg, und ließ sie ziehen.

      Er wußte, wie wohl und sicher ihr war, wenn sie uneingeschränkt ihren Willen hatte. Er wußte auch, daß in ihrer Einsamkeit seine Seele mit ihr war.

      So legte er sich zur Ruhe nieder. Die Augen fielen ihm zu, das Bild der Wandernden einschließend. Er entschlummerte. Ein lebhaftes Jucken seiner Wunde erweckte ihn, er mußte doch eine geraume Zeit durchschlafen haben.

      — Jala wird sich um mich bangen. Ach, die weite Landschaft, endlos! Aber er war so schlaftrunken und in seinen Gliedern erschlafft, daß er sich nicht zu erheben vermochte. Nein, sie hatte recht, Ruhe thut nicht gut. Er wird sich jetzt doppelt anstrengen müssen, sie einzuholen. Wer weiß, wie groß der Vorsprung ist, den sie bei der ausdauernden Stetigkeit ihres Schrittes vor ihm gewonnen, die rastlose Pilgerin.

      Und in Gedanken malte er sich ihr einsames Dahinschreiten aus, ihre hoheitsvolle Haltung in der grenzenlosen Schweigsamkeit dieser unendlichen, sonnenhellen, weißen Landschaft mit der hochgewölbten Himmelskuppel. Eine schwebende Seele, die nur im Banne des Leibes mit der Fußsohle die Erde berührt. Die verkörperte Sehnsucht nach den höchsten Räthseln des Lebens und deren eigenpersönlichster Lösung. Eine wandelnde Flamme mit eigenem Gluthherd, aus sich selbst ihre Nahrung schöpfend zu immer stärkerem Glanze, unfaßbar allem Gemeinen.

      — Jala, Jala, ich verbrenne an der Sehnsucht nach Deiner Schönheit, wenn ich länger säume.

      Und er schnellte auf, schwang seinen Stab hoch und zwang sich, mit schmerzendem Fuße ihren Spuren zu folgen.

      Er erinnerte sich genau aus alten Schilderungen, durch welche seltsamen Gegenden ihn jetzt sein Schicksal führte, die große Befreiung.

      Alles in der Welt war seither ein Abstreifen, ein Tiefer-Zwingen, ein Unterdieerdebringen.

      Was lag rings unter dem Sande gebettet? Städteleichen über Städteleichen. Für blühende Gemeinwesen haben sie sich gehalten, und ihre Blüthe war eine Wurzelfäule. Ihr Aufstreben war ein maskirter Niedergang. Eine Kraft schlug die andere, eine Kraft fraß die andere. So wurde immer weniger Kraft, bis sich Alles in platte Gleichheit und Unkraft wandelte und unter den Erdboden kroch. Ein unterirdisches Geschlecht. Ein naturscheues Geschlecht. Was übrig geblieben war von alten Kulturen, Künsten und Herrlichkeiten, eine Kuriosität für die Gaffer, ein Hohnlachen für die Wissenden, ein Spott für die Langeweile der Feiertage.

      Aber ihr Gewimmel giebt ihnen die erstickende Macht. Ihre Vielzahl erdrückt den Einzelnen. Da winde sich Einer heraus, wenn ihm Hunderte gleich an den Beinen und Armen hängen!

      — Jala, Du freilich bist ein solches Wunder! Du schreitest über Köpfe und Tröpfe weg. Du hast auch mich schreiten gelehrt. Was haben diese Nichtse aus Niemandsland und Niemandsgeschlecht aus mir gemacht, dem Sprossen alter Könige? Heiliger Gott Bimbam, ist’s denn glaublich? Und erst eine Blinde mußte mir die Augen öffnen? Ein Kind Ao’s, des frommen Komödianten, mußte mir Ernst beibringen und Selbstachtung? So oder so, jetzt stell’ ich meinen Mann.

      Er vergaß seiner Wunde und der endlos sich dehnenden Länge des gleichförmigen Weges in diesen bald stillen, bald lauten Selbstgesprächen. Er zog die leichte Kapuze tiefer in’s Gesicht, die Sonnenstrahlen abzuwehren, die mit den Reflexen der Sandfläche sich verbündeten, ihn desto heißer zu stechen.

      Ermüdet ließ er endlich den Kopf sinken, schloß die Augen und tastete sich mit dem Stabe weiter. Sollte er’s besser haben als Jala, sein Weib, die blinde Seherin? Ueberwindet sie nicht alles Ungemach im Purpurglanze der Finsterniß, im hellen Muthe des Alleinseins, die starke Pilgerin?

      Greges Ohren summten.

      Er blieb plötzlich stehen. Er bog sich nieder und befühlte seine Wunde an der Ferse. Kein Blut mehr. Aber in den Zehen und in der Wade fühlte er schmerzenden Krampf von dem ungleichmäßigen Auftreten. Instinktiv war er die lange Zeit her nicht mit der ganzen Sohle des wehen Fußes, sondern nur mit den Zehen aufgetreten. Er hinkte.

      Hörte er nicht eine Stimme? Wer rief?

      Er fuhr auf, spähte geradeaus, lauschend. Es war nicht Jala’s Ton.

      Er schlug die Kapuze zurück, wendete sich betroffen um.

      Zwei Männer entstiegen ihrem Luftschiff, einer altmodischen Schwinggondel, zweimal Stabeslänge kaum, hinter ihm.

      Es durchzuckte ihn.

      Fremdlinge zum Glück, ganz offenbar, ihrer Tracht nach. Also wenigstens keine Häscher aus Teuta.

      — Wer bist du, Hinkender? Wohin des Weges in dieser Wüste?

      Das gab ihm die Fassung wieder. Er stützte sich auf seinen Stab und blickte die Fragenden scharf an.

      Hochaufgeschossene Gesellen mit schlanken Knochen, durchgearbeiteten Muskeln und Sehnen, keine Spur von Fett, mit blonden Bärten, kalten, festen Augen mit herrischem, unerbittlichem Blick gleich Stoßvögeln.

      Er antwortete nicht. Mit vorgestrecktem Arm machte er eine abweisende Bewegung in dem Sinne: Was kümmert’s Euch? Laßt mich! Ich will nichts mit Euch zu schaffen haben.

      — Ist Dein Mund so krank wie Dein Fuß? Hinkt auch Deine Zunge?

      Und sie lachten kalt.

      Der Eine näherte sich ihm, während der Andere mit dem Fuße den Anker, mit der Hand das Steuer der Schwinggondel festhielt.

      — Du kannst mit uns ziehn. Unser Fahrzeug trägt drei.

      Das sprach der Aeltere. Genau hingesehen, hatte er nicht ein Gesicht wie ein Todtenkopf? Wahrhaftig. Und wie er grinste! Hing sein Bart nicht leblos, wie angeklebt?

      — Du gehst in die Irre, scheint es, wir bringen Dich zurück.

      — Du kannst uns von Nutzen sein, wenn Du gefällig den Mund öffnen willst. Wir grüßen Dich!

      Aber es klang nicht wie Gruß.

      Grege biß die Zähne zusammen, ärgerlich, daß er nicht schnell den rechten Entschluß fand. Wie würde Jala handeln?

      Da lachte er auf: — Ich erwidere Euren Gruß. Nun laßt mich in Frieden. Ich suche mein Weib.

      Er stieß seinen Stab auf und wollte sich zum Gehen wenden.

      — Er sucht sein Weib in dieser Wüstenei! lachten jetzt die Fremden.

      Sie wechselten rasch verständige Blicke. Sein Weib? Wäre das auch mitzufangen? Eine doppelte Beute? Das Fahrzeug hat Raum und Tragkraft auch für vier. Oder macht er nur Flausen? Fragt sich überdieß, ob das Weib nicht eine Katze, die schwer zu bändigen. Sicher ist sicher. Schließlich ist der Teutamann doch die Hauptsache.

      Nach wenigen Schritten fühlte sich Grege angehalten. Der eine Fremde, der jüngere vertrat ihm den Weg.

      — Höre, Mann aus Teuta!

      — Woher weißt Du das?

      — Ferner sind alle bewohnten Länder. In deinem Zustande СКАЧАТЬ