Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge
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Название: Mami Staffel 6 – Familienroman

Автор: Claudia Torwegge

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Mami Staffel

isbn: 9783740926427

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СКАЧАТЬ Vater ist von uns weggegangen, bevor du geboren wurdest. Er weiß nichts von dir. Wie sollte er dich also kennen – und liebhaben und sich um dich kümmern?«

      Amelie schwieg eine Weile, als müßte sie die Worte ihrer Mutter in sich hinein sickern lassen.

      »Aber – ich möchte auch einen richtigen Vater haben – so wie Inge!« sagte sie dann, und ihre Lippen zitterten verdächtig, als ob sie gleich anfangen wollte zu weinen. »Einen richtigen, echten Vater!«

      »Ich weiß, Liebling«, sagte Nina sanft. Sie streichelte über die Locken der Kleinen und fuhr fort: »Aber sieh mal, wenn ein Kind nun wirklich keinen richtigen Vater hat – so wie du, dann kann auch jemand anderer die Vaterstelle übernehmen. Vorausgesetzt natürlich, er hat das Kind sehr, sehr lieb und kümmert sich liebevoll darum.«

      Amelie sah ihre Mutter mißtrauisch an.

      »So einen will ich aber nicht«, sagte sie bockig.

      Nina seufzte leise auf. Wenn Amelie ihren Dickkopf aufsetzte, dann war es schwer, sie umzustimmen.

      »Und wenn er ganz lieb zu dir ist? Wenn er sich um dich kümmert, mit dir auf den Spielplatz geht oder Fahrrad fährt, mit dir spielt, dich vom Kindergarten abholt, dir Kakao kocht und ein Butterbrot zurecht macht?«

      Amelie schüttelte so heftig den Kopf, daß ihre Löckchen flogen.

      »Auch dann nicht«, sagte sie entschieden. »Entweder einen richtigen Vater oder gar keinen.«

      »Schade«, meinte Nina, und konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. »Einen richtigen Vater kann ich dir leider nicht bieten.«

      Dann müssen wir beide eben weiterhin alleine bleiben, dachte sie bitter, sprach es aber nicht aus. Ihr war traurig zumute. Sie sehnte sich nach menschlicher Wärme, nach Liebe, nach Zärtlichkeit, nach einem Menschen, der zu ihr gehörte – nach Matthias. Es hätte alles so schön sein können, wenn, ja, wenn Amelie Matthias nicht rundheraus ablehnen würde.

      Sie ging zum Fenster und sah bekümmert hinunter auf den hübsch mit Blumen und Büschen bepflanzten Platz vor der Klinik. Leute kamen den Weg herauf, die wohl ihre Angehörigen im Krankenhaus besuchten, und andere gingen wieder. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Aber der Mann, nach dem sie sich mit allen Fasern ihres Herzens sehnte, war nicht dabei.

      Matthias, lieber, lieber Matthias, dachte sie. Da habe ich einen lieben und netten Mann gefunden, der mich liebt und der sogar meine Tochter akzeptieren und gern haben würde. Wir könnten miteinander glücklich sein, aber Amelie will nichts von ihm wissen.

      Nina sehnte sich nach ihm, nach seiner Liebe und seiner Zärtlichkeit – und sie wußte doch, daß sie um Amelies willen auf ihr Glück verzichten mußte. Sie schlug die Hände vors Gesicht, und tief in ihrer Brust tat etwas entsetzlich weh.

      »Mami, weinst du?« kam Amelies verzagte Stimme. »Mami, bitte weine doch nicht.«

      Sie stieg aus dem Bett und huschte mit bloßen Füßen zu ihrer Mutter hinüber und schmiegte sich an sie. Nina schluckte tapfer die Tränen hinunter, die in ihr aufsteigen wollten.

      »Nein, Liebling, ich weine nicht«, sagte sie betont munter, obwohl es ihr schwerfiel. »Ich war nur eben ein bißchen müde. Ich hatte heute viel Arbeit im Büro.«

      Amelie war auf die Fensterbank geklettert, hatte den Arm um Ninas Hals gelegt und schaute nun auch hinunter zu all den Leuten, die unten vor der Klinik zu sehen waren.

      »Schau mal, Mami, schau mal!« rief sie plötzlich ganz aufgeregt und deutete hinunter auf einen hochgewachsenen Mann, der offensichtlich zum Parkplatz ging. »Der Mann dort, das ist mein Onkel Doktor! Du, der ist furchtbar nett!«

      Ninas Blick folgte Amelies Zeigefinger – und ein eisiger Schreck durchfuhr sie. Der Mann, auf den die Kleine deutete, erinnerte sie an jemanden, den sie einmal gut, allzu gut gekannt hatte. Es war – daran gab es keinen Zweifel – Ulf. Unverkennbar Ulf. Seine hochgewachsene Gestalt, sein Gang, seine Kopfform, sein dichtes

      Haar.

      »Das gibt es doch nicht…«, sagte sie tonlos. Doch nun blieb er stehen, drehte sich für einen Moment um, und sie konnte sein Gesicht erkennen. Es war tatsächlich Ulf, unverkennbar Ulf.

      »Mami, denk mal, er war heute lange bei mir, und wir haben miteinander geredet«, sagte Amelie voller Wichtigkeit.

      Alles, alles, alles hätte ich vermutet, dachte Nina, nur das nicht. Nur das nicht, daß Ulf hier an der Klinik arbeitet. Ich habe ihn irgendwo im Ausland, in weiter Ferne vermutet – und bestimmt nicht hier in der Stadt…

      »Mami, weißt du was? Am Ende hat er mir sogar einen Kuß gegeben!« kicherte Amelie. Nina fuhr herum. Sie war blaß geworden.

      »Was – was sagst du da?« stieß sie hervor.

      »Er hat mir einen Kuß gegeben«, wiederholte die Kleine.

      »Seit wann geben die Ärzte ihren Patienten einen Kuß!«

      herrschte Nina ihre Tochter an. »Das hast du dir sicher nur ausgedacht!«

      Amelie sah ihre Mutter aus großen erschrockenen Augen an. War die Mami jetzt böse? Und warum eigentlich?

      »Nein, Mami, das habe ich mir bestimmt nicht ausgedacht!« versicherte sie. Nina packte ihre Tochter bei den schmalen Schultern und schüttelte sie.

      »Sag mal, hast du ihm deinen Namen verraten, Amelie? Hast du ihm etwa verraten, daß du Amelie Mertens heißt?« wollte sie wissen.

      »Aber Mami, das weiß er doch sowieso! Das steht doch ganz groß auf meiner Karte und an meinem Bett!« entgegnete die Kleine. Nina nickte betreten. Daran hatte

      sie in ihrer Erregung nicht gedacht.

      »Natürlich«, sagte sie, und ihre Lippen waren steif. »Natürlich, daran habe ich nicht gedacht. Dein Name steht ja groß und breit auf der Karte und am Bett…«

      Ulf war also Arzt an dieser Klinik. Ulf behandelte Amelie und besuchte sie sogar. Der Name Mertens mußte eine Erinnerung in ihm geweckt haben, und wenn er die Kleine ansah, dann hatte er die Ähnlichkeit mit ihr, mit Nina, entdecken können – falls er sich noch an sie erinnerte.

      »Er war ganz, ganz lieb zu mir«, sagte Amelie.

      »Das glaub ich dir«, war Ninas geistesabwesende Antwort, denn sie war tief in Gedanken. Sie sah Ulf förmlich vor sich, wie er in seinem weißen Arztkittel bei Amelie am Bett saß und das Kind geschickt ausfragte. Die Namen, die Ähnlichkeit, das Geburtsdatum – er hatte nur zwei und zwei zusammenzählen müssen, um festzustellen, daß Amelie höchstwahrscheinlich seine Tochter war. Denn wie sonst könnte sie sich diesen Kuß erklären, von dem Amelie erzählt hatte…

      »… und er hat nach dir gefragt«, sagte die Kleine noch. Nina fühlte, wie ihr Herz schnell und unregelmäßig schlug. Am liebsten hätte sie ihr Kind genommen und wäre mit ihm aus dem Krankenhaus geflüchtet – weg von hier, nach Hause, weg, weit weg von Ulf…

      Wie gehetzt lief sie zum Schrank, in dem Amelies Kleider lagen, und riß ihn auf. In diesem Moment ging die Tür auf, und die Oberschwester kam herein. Mißbilligend sah sie erst auf Amelies kleine Gestalt in ihrem Nachthemdchen, dann auf ihre nackten Füße, und dann erst auf Nina.

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