Название: Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden (ab 600) Box
isbn: 9783740930004
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Wie lange würde Marius Campens Sterben dauern, und wie würde Pamela damit fertig werden? Er wollte sie so gern davor bewahren, da er sie gerade erst gefunden hatte. Er hatte jedoch kein Recht, sie umstimmen zu wollen. Es wäre anders, wenn er immer die Verantwortung für sie getragen hätte. Jesco war in einer völlig zerrissenen Stimmung.
*
Marius war gereizt, als Pamela zurückkam. Es war das erste Mal, daß er ungeduldig fragte, warum es so lange gedauert hatte.
»Es war ein besonderer Anlaß«, erwiderte sie herzklopfend. »Ich habe meinen Vater kennengelernt.«
Er sah sie konsterniert an, seine Mundwinkel bogen sich abwärts.
»Jetzt brauchst du keinen Vater mehr, jetzt hast du mich«, sagte er.
Sie zuckte zusammen.
»Ich wollte aber wissen, wie er ist«, sagte sie leise.
»Und wie ist er? Wie ist ein Mann, der sich nicht um sein Kind gekümmert hat?«
»Meine Mutter hat es verhindert.«
»Das ist nur eine Ausrede. Ich kenne so was von der Firma her, wenn die Gehälter gepfändet werden, weil Väter keinen Unterhalt für ihre Kinder zahlen. Du ahnst nicht, mit was für dummen Ausreden sie kommen. Sag nur nicht, daß du ihm gleich um den Hals gefallen bist.«
»Ich möchte ihn gern näher kennenlernen. Vielleicht ist dir sein Name schon bekannt. Er heißt Jesco von Bartoli.«
Jetzt war Marius doch überrascht. »Der Historiker, das ist ja interessant. Aber er hätte doch wirklich Möglichkeiten gehabt, für dich zu sorgen.«
»Nicht, wenn meine Mutter es verhindert hat. Ich konnte mich nicht lange mit ihm unterhalten. Ich möchte ihn abends im Hotel aufsuchen, wenn du schläfst. Ich hoffe, daß du es mir erlaubst.«
»Das werde ich wohl müssen. Aber ich will dich nicht mit ihm teilen, Pamela, versteh das bitte und mach ihm das klar. Wir haben unsere Pläne, und die werden wir durchführen. Ich werde Anfang kommender Woche die Klinik verlassen. Hier wird es doch nicht besser. Ich muß wieder frei atmen können.«
Ein stechender Schmerz durchzuckte sie. Frei atmen? Wann würden sie das können?
»Was hat dein Vater noch gesagt?« fragte er mit einem spöttischen Unterton, der sie verletzte, aber sie hatte die Entschuldigung für ihn, daß er auch auf ihren Vater eifersüchtig war. Sie ahnte, daß er insgeheim spürte, daß er nicht mehr lange leben würde, wenn er es auch überspielte und Zuversicht zur Schau trug. Aber sie sah ihn jetzt doch als einen sehr kranken Mann, dessen äußere Veränderung ihr auffallen mußte, und sie spürte, daß das Mitgefühl immer stärker wurde. Sollte das alles sein, was von der Liebe blieb?
Nein, so sollte es nicht sein. Sie beugte sich zu ihm und küßte ihn auf die Wangen.
»Du bist mir nicht böse, daß ich mit meinem Vater sprechen möchte? Er würde dir bestimmt auch gefallen.«
»Ich kenne zwei Bücher von ihm. Ja, er ist ein interessanter Mann. Ich bin froh für dich, daß du ihn akzeptieren kannst, aber mir wäre es lieber, es wäre dabei geblieben, daß kein Vater existiert.«
Jedenfalls erreichte sie doch, daß sie am Abend zum Hotel NOVARO fahren konnte, ohne sich heimlich davonzustehlen.
Jenny Behnisch staunte, daß sie es durchgesetzt hatte. Forschend betrachtete sie das zarte Gesicht. Findet Pamela aus einem romantischen Traum in die Wirklichkeit zurück? überlegte sie. Sie selbst hoffte es so sehr, weil sie am allerbesten wußte, daß Marius’ Leben sehr schnell zu Ende gehen konnte, was allerdings für den Kranken das Beste sein würde.
Jenny sah das keineswegs sachlich und nur vom ärztlichen Standpunkt. Sie war sehr betroffen, wenn ein Mensch wie Marius Campen, der noch viel hätte leisten können, leiden und sterben mußte, während andere, die nur Leid und Unglück über Mitmenschen brachten, sich bester Gesundheit erfreuten. Es gab nach Jennys Meinung zuviel Ungerechtigkeit auf der Welt, aber sie hätte es auch als ungerecht empfunden, wenn dieses zarte Geschöpf, das sich einer so aufopferungsvollen Tätigkeit widmete, an dem Mitleiden zerbrechen würde. Sie hoffte von Herzen, daß Pamela Halt bei ihrem Vater fand.
Sie tat das ihre dazu, daß Marius ziemlich früh schlafen konnte und gab ein etwas stärkeres Beruhigungsmittel in die Infusion, das einen tieferen Schlaf garantierte. Eigentlich hätten sie ihm auch schon weitaus stärkere Schmerzmittel geben können, aber sie wollte das noch so lange wie möglich hinauszögern, weil er sie später bestimmt brauchen würde.
Er war ein Mann, der jetzt noch mit Schmerzen leben und sich genügend beherrschen konnte, um es Pamela nicht spüren zu lassen. Aber die Lymphographie hatte gezeigt, daß sich die Metastasen schon überall ansiedelten und ausbreiteten, so daß man es tatsächlich als ein Wunder betrachten konnte, daß er noch in der Lage war, klar zu denken und deutlich zu sprechen.
Welch ein Wille, welche Energie war dazu nötig! Seine Mutter und seine Brüder billigten seine Absicht, Pamela zu heiraten, wenngleich sie auch besorgt waren, ob Pamela nicht zu sehr leiden würde. Besonders Nicolas machte sich ernste Gedanken.
Er war maßlos überrascht, als er am Abend zur Klinik kam und Pamela diese gerade verlassen wollte.
»Du darfst tatsächlich mal weggehen?« entfuhr es ihm. Es war der ausdrückliche Wunsch von Marius, daß Pamela sich mit allen Familienangehörigen duzte, um ihr gleich das Gefühl zu geben, daß sie zu ihnen gehörte. Es hatte niemand etwas dagegen. Mary hatte sie liebevoll aufgenommen.
Pamela war sehr verlegen geworden, als Nicolas so plötzlich vor ihr stand.
»Ich habe heute meinen Vater kennengelernt und darf ihn mit Marius’ Erlaubnis im Hotel aufsuchen.«
»Ich bringe dich hin«, bot sich Nicolas sofort an.
»Das ist doch nicht nötig, vorn ist ein Taxistand.«
»Ich nehme an, daß Marius schläft, also kann ich dich hinbringen«, erklärte Nicolas energisch. Sogar seine Stimme war der von Marius ähnlich.
»Okay, ich nehme es dann dankend an.«
Er half ihr, ganz Kavalier, in den Wagen. Als er sich neben sie ans Steuer setzte, sagte er: »Du solltest dich Marius gegenüber ruhig behaupten, Pamela. Du bist keine Befehlsempfängerin.«
»Er meint es nicht so. Er ist krank und sehr empfindlich.«
»Und sehr eifersüchtig. Aber er kann nicht von dir verlangen, daß du ständig nur um ihn bist. Du gehst ein, wenn du nicht unter gesunde СКАЧАТЬ