Название: BLACK STILETTO
Автор: Raymond Benson
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Black Stiletto
isbn: 9783958351639
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Ich sah ihn an, als wäre er einfach nur verrückt geworden. Aber er redete weiter.
»Ich will dir nur helfen, weißt du? Ich könnte dir ein paar – Sachen beibringen. Dinge, die dein Freund mögen wird. Was meinst du?«
»Nein. Verschwinde.«
»Nun, Judy …«
Und dann schrie ich ihn an. »Verschwinde! Lass mich in Ruhe!« Ich schnappte mir eines der Bücher und warf es nach ihm. Es traf ihn mitten im Gesicht. Junge, Junge, das machte ihn wütend. Er lief rot an und stürmte auf mich zu, als wollte er mich windelweich prügeln. Doch dann hörten wir, wie die Haustür zuschlug. Frank rief, um zu sehen, ob jemand zuhause war.
»Frankie!«, schrie ich.
Douglas zog sich in den Türrahmen zurück und versuchte, locker zu wirken. Frank erschien und fragte: »Was macht ihr hier?«
»Nichts«, antwortete Douglas. »Ich wollte nur nachsehen, ob deine Schwester etwas zu Essen haben will.«
»Nun, ich könnte was vertragen«, sagte Frank. Er schöpfte keinen Verdacht.
Douglas funkelte mich böse an und zog dann mit Frank von dannen. Ich schlug die Tür zu. Unglücklicherweise besaß die Tür kein Schloss, um sie zu verriegeln.
Von da an wurde Douglas unleidlich. Er schrie meine Mutter oft an, und die beiden stritten viel. Mom gab für gewöhnlich schnell nach, besonders dann, wenn er sie schlug. Einmal passierte das, als wir drei Geschwister dabei waren. Wir waren entsetzt, und John baute sich vor dem Widerling auf.
»Hör auf, meine Mutter zu schlagen!«, sagte er, so bedrohlich, wie man mit achtzehn Jahren nur sein konnte. John hätte einen beachtlichen Gegner abgegeben, aber mein Stiefvater war ein großer Mann. Er hatte mit Sicherheit mehr Erfahrung in handfesten Auseinandersetzungen als John.
Douglas sagte ihm nur, dass er die Klappe halten sollte, und verließ das Haus. Mom fing an zu weinen, und wir versuchten, sie zu trösten.
»Du solltest ihn verlassen«, riet ich ihr.
Sie sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Was fällt dir ein?«, fragte sie. »Wie könnte ich so etwas tun? Wovon sollen wir dann leben? Wo kommt dann Geld her? Wir haben gerade erst geheiratet. Ich kann keinen Mann verlassen, den ich gerade erst geheiratet habe.«
Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern und starrte meine Brüder an. Die Blicke, die wir austauschten, verrieten, dass sie meine Meinung teilten. Aber sie würden sich nicht zwischen Mom und unseren Stiefvater stellen.
John hatte Glück. Er verließ uns, sobald er die High-School beendet hatte. Wie mein Dad ging er zum Militär, nur dass er sich bei der Army und nicht in der Navy einschrieb. Lieber freiwillig melden als eingezogen werden, sagte er. Der Korea-Krieg tobte, und er wollte wirklich dorthin und seinem Land dienen. Mom wollte nicht, dass er geht – das wollte keiner von uns, außer Douglas. Der Bastard war froh, dass er das älteste Kind loswurde. Ein Hindernis weniger auf seinem Weg zum Ziel – mir. John kam ins Ausbildungslager und wurde wohl von da nach Korea geschickt. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich keine Ahnung, was aus ihm geworden ist, ob er noch lebt oder nicht.
Wenn Douglas nicht gerade auf dem Ölfeld arbeitete oder meine Mom verprügelte, ballerte er draußen auf einem angrenzenden leeren Grundstück mit einem seiner Schießeisen herum. Er besaß mehrere Waffen – Pistolen und Gewehre – und er übte Zielschießen, relativ regelmäßig. Manchmal lief er mit einer Pistole ums Haus herum, tat so, als wäre er ein Cowboy und versuchte, die Waffe so schnell aus seinem alten Holster zu ziehen wie die Revolverhelden. Er vergötterte John Wayne und die anderen Cowboys aus den Filmen und hielt sich selbst für einen Gesetzlosen oder so etwas in der Art. Es machte mich krank.
Mit der Zeit machte Douglas meinem Bruder und mir das Leben zur Hölle. Wenn Mom nicht gerade als Prellbock für seine Aggressionen herhalten musste, dann war Frank an der Reihe. Mein Stiefvater behandelte ihn wie Dreck. Deshalb blieb Frank so oft und so lange es nur ging von zuhause weg. Er hatte in der High-School zu tun, hatte Freunde und einen Aushilfsjob im Drugstore. Wir bekamen Frank kaum zu Gesicht.
Als ich sie gebraucht hätte, war keiner meiner Brüder da, um mir zu helfen.
Es passierte schließlich in der Nacht an Halloween, 1951. Ich besuchte die achte Klasse der Odessa Junior High-School. Mein Geburtstag war nächste Woche, und ich hatte mich für eine Kostümparty, die ein paar Kids veranstalteten, als Hexe verkleidet. Es gab eine Kirmes, und da ging man eben hin. Ich hatte nicht wirklich Lust darauf, aber genauso wenig wollte ich daheim bleiben. Frank war mit seinen Freunden aus, also waren nur Mom und Douglas zuhause, als ich nach Mitternacht heimkam.
Mom schlief in ihrem Schlafzimmer. Wahrscheinlich im Vollrausch. Ich bemerkte die beinahe leere Flasche Jack Daniels auf der Küchenanrichte. Douglas saß im Wohnzimmersessel und tat nichts. Wir hatten keinen Fernseher. Niemand, den ich damals kannte, hatte einen Fernseher. Douglas war ebenfalls betrunken, aber zumindest noch so weit bei Verstand, um mir ein lüsternes Grinsen zuzuwerfen, als ich durch die Tür kam.
»Na, sieh mal einer an, wen wir da haben«, sagte er. »Die böse Hexe des Westens.«
Ich antwortete nicht. Ich wollte einfach nur auf mein Zimmer, dieses alberne Kostüm ausziehen und ins Bett gehen. Ich war müde, und in keiner guten Stimmung.
»Hast du Süßigkeiten für mich, Liebling?«, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf und ging zum Kühlschrank, um nachzusehen, ob da noch etwas anderes außer Wasser drin war. Während ich den Kopf hineinsteckte, merkte ich, wie er plötzlich hinter mir stand.
»Warst du nicht Sammeln?«
»Nein«, antwortete ich, mit dem Rücken zu ihm. »Ich war auf einer Party. Ich bin zu alt für Süßes oder Saures.«
»Oh, das glaube ich nicht. Du bist genau im richtigen Alter dafür. Dein Geburtstag ist doch nächste Woche, oder?«
Ich ignorierte ihn. Ich schloss die Kühlschranktür und versuchte, an ihm vorbeizukommen. Er versperrte den Weg aus der Küche.
»Ich würde gern auf mein Zimmer gehen, bitte«, sagte ich.
»Warte kurz, Süße. Wir spielen ein wenig Süßes oder Saures.«
Ich wollte etwas zu ihm sagen, dass ich von Kindern in der Schule gehört hatte. Du weißt schon, das F-Wort. Aber damals benutzte ich das Wort nicht. Ich schwieg lieber.
Dann streckte er den Arm aus und streichelte mit der Rückseite seiner knorrigen Hand meinen Hals.
Ich zuckte zurück und fauchte: »Fass mich nicht an!«
Da loderte ein Feuer in seinen Augen auf und er flüsterte: »Was fällt dir ein, so mit deinem Vater zu reden! Du hast gefälligst etwas Respekt zu zeigen, verstanden?«
»Du bist nicht mein Vater.«
»Ich bin dein Stiefvater. Das ist das Gleiche.«
»Nein, ist es nicht.«
Sein Gesicht bekam dieses widerwärtige Grinsen, und er leckte sich über die Lippen. »Sieh an, wir sind wohl von der temperamentvollen Sorte, wie? СКАЧАТЬ