Название: BLACK STILETTO
Автор: Raymond Benson
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Black Stiletto
isbn: 9783958351639
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Im Herbst 1950, als ich noch zwölf Jahre alt war, trug sich etwas zu, dass vielleicht ausschlaggebend für meine Entscheidung gewesen war, später eine kostümierte Verbrechensbekämpferin zu werden. Ein Ereignis, an dem all diese Sinne zusammentrafen und in mir die Ahnung auslösten, dass ich anders war und die »Kräfte« einsetzen könnte, um Menschen zu helfen.
Es war Wochenende, weshalb ich nicht zur Schule ging. Ich mochte es, allein zu den Ölfeldern raus zu laufen. Meistens nahm ich den Bus aus der Stadt und ging dann einfach zu Fuß. Ich mochte es, den Ölpumpen zuzusehen, wie sie vor und zurück wippten. Die Kräne wirkten majestätisch und ragten wie riesige Wächter vor dem flachen Horizont auf. Es war abgeschieden und auf gewisse Weise tröstlich. Es war ein Ort, an den ich mich von der Unbehaglichkeit zuhause zurückziehen konnte.
Egal, ich wanderte also gedankenverloren vor mich hin, als ich etwas hörte, dass wie ein schreiendes Baby klang. Ich spitze die Ohren, und das meine ich wortwörtlich, denn ich spürte, wie sich die Muskeln an den Seiten meines Gesichts spannten. Draußen in den Feldern war es für gewöhnlich schwer, herauszufinden, woher ein Geräusch kam. Wegen dem Wind und weil alles so flach war, schienen die Geräusche von allen Seiten gleichzeitig an einen heran zu dringen. Aber nicht für mich. Ich wusste genau, wo sich das Baby befand. Der Säugling war über hundert Yards entfernt, in der Nähe einer der Pumpen.
Was machte ein Baby auf den Ölfeldern?, fragte ich mich. Hatte einer der Arbeiter sein Kind mit zur Arbeit gebracht und es unbeaufsichtigt gelassen? Ich war zu jung, um zu begreifen, dass jemand sein Kind tatsächlich aussetzen könnte. Das kam mir nicht in den Sinn.
Jedenfalls rannte ich dem Geräusch entgegen. Meine Augen waren starr auf eine Gruppe von Mesquitebüschen gerichtet, und ich wusste, dass das Kind dort sein würde. Mein ganzer Körper fühlte sich so lebendig an wie noch nie zuvor, meine Haut kribbelte. Es war die Aufregung der Entdeckung, das Wissen, dass ich genau ausmachen konnte, wo das Kind war, und jeder Nerv in meinem Körper lenkte mich, es zu retten. Ich konnte nichts dagegen tun. Da war wieder dieser tierische Mutterinstinkt. Ich hatte keine andere Wahl, als das Kind zu finden.
Tja, und das tat ich. Es war leicht. Da stand ein Körbchen unter einem Mesquitestrauch, und darin lag ein Junge, eingewickelt in eine Decke. Keine Notiz, kein Hinweis auf seine Identität. Keine Flasche.
Ich stand da und starrte auf eine der Ölpumpen, weitere hundert Yard oder so entfernt. Drei Männer arbeiteten dort. Ich ließ das Baby, wo es war, und rannte, so schnell ich konnte. Als ich die Pumpe erreichte, wendete ich mich an den erstbesten Mann und erzählte ihm, was ich entdeckt hatte. Zuerst muss er geglaubt haben, dass ich mir das ausgedacht hatte, aber schließlich konnte ich ihn davon überzeugen, mit mir mitzukommen und sich die Sache selber anzusehen. Er und ein anderer Arbeiter folgten mir zurück zu dem Mesquitestrauch. Sie waren genauso überrascht wie ich.
Nun, sie riefen die Polizei, und es stellte sich heraus, dass man das Baby tatsächlich bei den Ölfeldern zum Sterben ausgesetzt hatte. Ich verstand nicht, wie Eltern so etwas tun konnten. Es traf mich wie ein Vorschlaghammer – in dieser Welt existierten böse Menschen.
Meine Mom war nicht allzu erfreut, als sie in die Polizeistation kommen und mich abholen musste. Der Polizist war freundlich und brachte mich hinein, damit ich meine Geschichte erzählen konnte. Und das tat ich. Ich sagte einfach, dass ich allein auf den Ölfeldern herumgelaufen war und das Baby schreien gehört hatte. Das war die Wahrheit. Der Polizist meinte, ich sei ein »braves Mädchen« gewesen und hätte das Richtige getan. Was aus dem Baby wurde, weiß ich nicht – ich nehme an, dass man es in ein Waisenhaus brachte.
Aber ich wusste, dass ich sein Leben gerettet hatte. Und das fühlte sich gut an.
3| Judys Tagebuch 1958
Als ich dreizehn war, im Frühling 1951, heiratete meine Mutter ein zweites Mal. Sie hatte sich einen anderen Bohrarbeiter namens Douglas Bates geangelt, und so wurde aus Betty Cooper eine Betty Bates.
Von dem Moment an, als ich den Kerl zum ersten Mal sah, wusste ich, dass er Schwierigkeiten bedeuten würde.
Das war diese seltsame Intuition, die ich besaß. Er kam bei ihrem ersten Date durch die Tür, mit diesem schmierigen Lächeln im Gesicht und einem Funkeln in den Augen, von dem ich eine Gänsehaut bekam. Rückblickend denke ich, dass er mehr an mir als an meiner Mutter interessiert war. Er konnte es gar nicht erwarten, ein junges Teenager-Mädchen in die Finger zu bekommen, also heiratete er schnell eine Frau, die ihn eigentlich gar nicht interessierte, um so seine Beute einkreisen zu können.
Douglas war zehn Jahre älter als meine Mutter. Davor war er schon einmal verheiratet gewesen, dann geschieden, und hatte mit einer ganzen Reihe von Frauen angebändelt, bevor er schließlich in einer Bar meine Mutter traf. Ich kenne die Umstände seiner ersten Ehe nicht, aber ich gehe jede Wette ein, dass seine Frau ihn verlies. Höchstwahrscheinlich, weil er sie zusammengeschlagen hat. Denn das tat er auch gern mit meiner Mutter.
Oh, natürlich, zu Anfang war er freundlich und half im Haushalt. Meine Brüder schienen ihn von Anfang an zu mögen. Sie waren selten da, gingen zur High-School, und John würde im Mai seinen Abschluss machen. Meine Mutter schwärmte einfach nur für Douglas, weil er ein Mann war und sich für sie interessierte. Aber mich legte er keine Sekunde rein. Ich traute ihm nicht. Er war ein Lügner und ein Kriecher.
Da gab es dieses eine Wochenende, gleich als die Sommerferien begannen. Meine Mutter war auf Arbeit, putzte bei jemand das Haus, und meine Brüder waren irgendwo draußen unterwegs. Ich war allein in meinem Zimmer und las ein Buch. Ich dachte, ich hätte meine Ruhe. Aber der gute alte Douglas arbeitete an diesem Tag nicht, also klopfte er an meine Tür und wollte hereinkommen. Eigentlich wollte ich das nicht, aber er war mein Stiefvater, also ließ ich ihn herein. Zumindest war er sauber – er musste gebadet haben, bevor er anklopfte. Was aber auch bedeutete, dass er etwas vorhatte.
Er fing an, mir Komplimente zu machen, beinahe so wie meiner Mutter. Meinte, wie süß und schön ich doch sei und wie groß ich doch schon geworden war. Ja, genau. Wo er mich doch erst seit fünf Monaten kannte.
»Sieh mal, was ich habe«, sagte er. »Eine Überraschung!«
Und dann besaß er die Dreistigkeit, einen Flachmann mit Whiskey hervorzuholen! Dazu zauberte er zwei Plastikbecher hervor, goss in jeden ein wenig ein, und dann hielt er mir einen davon hin! Ich war dreizehn Jahre alt, Herrgott noch mal! Ich lehnte natürlich ab.
»Komm schon, Judy«, bettelte er. »Du wirst es mögen. Damit fühlt man sich gleich besser.«
Genau. Ich hatte gesehen, was das Zeug mit meiner Mutter anstellte.
»Wo liegt das Problem? Bist dir zu fein dafür, kleine Miss Saubermann?«
»Ich versuche, zu lesen. Lass mich bitte allein.«
Und СКАЧАТЬ