Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ gu­ter Freund in eine sol­che Zel­le käme. Er wagt ja schon so ei­gent­lich je­den Tag sein Le­ben.«

      »Ich wer­de also kei­nen Brief schrei­ben«, sag­te Otto Quan­gel.

      Und er tat es auch nicht, ob­wohl ihm der Pas­tor am nächs­ten Tag eine schlim­me Nach­richt brach­te, eine sehr schlim­me Nach­richt, ganz be­son­ders auch für Anna Quan­gel. Der Werk­meis­ter bat ihn nur, die­se sehr schlim­me Nach­richt jetzt noch nicht sei­ner Frau zu brin­gen.

      »Jetzt noch nicht, bit­te nicht, Herr Pas­tor!«

      Und der Pas­tor ver­sprach das auch.

      »Nein, noch nicht; Sie wer­den es mir sa­gen, wenn es so weit ist, Herr Quan­gel.«

      59. Der gute Pastor

      Pas­tor Fried­rich Lo­renz, der un­er­müd­lich im Ge­fäng­nis sei­nen Dienst ver­rich­te­te, war ein Mann in den bes­ten Jah­ren, das heißt um die Vier­zig her­um, sehr lang, schmal­brüs­tig, ewig hüs­telnd, ein von der Tu­ber­ku­lo­se Ge­zeich­ne­ter, der sei­ne Krank­heit igno­rier­te, weil die Ar­beit ihm für die Pfle­ge und Hei­lung sei­nes Kör­pers kei­ne Zeit ließ. Sein blas­ses Ge­sicht mit dunklen Au­gen hin­ter Bril­lenglä­sern und der schmal­rücki­gen, fei­nen Nase hat­te einen Ba­cken­bart, aber die Mund­par­tie war stets ta­del­los ra­siert und zeig­te einen schmal­lip­pi­gen, blas­sen, großen Mund und ein fes­tes run­des Kinn.

      Dies war der Mann, auf den Hun­der­te von Ge­fan­ge­nen je­den Tag war­te­ten, der ein­zi­ge Freund, den sie in die­sem Hau­se wuss­ten, der noch eine Brücke zur Au­ßen­welt war, dem sie ihre Sor­gen und Nöte vor­tru­gen und der half, so­viel in sei­ner Macht stand, je­den­falls bei Wei­tem mehr, als ihm ge­stat­tet war. Uner­müd­lich ging er von Zel­le zu Zel­le, nie ab­ge­stumpft ge­gen das Lei­den der an­de­ren, stets sein ei­ge­nes Leid ver­ges­send, völ­lig furcht­los, was die ei­ge­ne Per­son an­ging. Ein wah­rer Seel­sor­ger, der nie nach dem Be­kennt­nis, nach dem Glau­ben der Hil­fe­su­chen­den frag­te, der mit ih­nen be­te­te, wenn es er­be­ten wur­de, und der sonst nur der Bru­der Mensch war.

      Der Pas­tor Fried­rich Lo­renz steht vor dem Pult des Ge­fäng­nis­di­rek­tors, Schweiß­trop­fen ste­hen auf sei­ner Stirn, zwei rote Fle­cke zeich­nen sich auf sei­nen Ba­cken ab, aber er sagt ganz ru­hig: »Das ist der sie­ben­te durch Ver­nach­läs­si­gung her­vor­ge­ru­fe­ne To­des­fall in den letz­ten zwei Wo­chen.«

      »Auf dem To­ten­schein steht Lun­gen­ent­zün­dung«, wi­der­spricht der Di­rek­tor, sieht aber da­bei von sei­ner Schrei­be­rei nicht auf.

      »Der Arzt tut sei­ne Pf­licht nicht«, sagt der Pas­tor hart­nä­ckig und klopft da­bei sanft mit dem Knö­chel auf den Schreib­tisch, als be­geh­re er Ein­lass bei dem Di­rek­tor. »Es tut mir leid, sa­gen zu müs­sen, der Arzt trinkt zu viel. Sei­ne Pa­ti­en­ten ver­nach­läs­sigt er.«

      »Oh, der Dok­tor ist schon ganz in Ord­nung«, ant­wor­tet der Di­rek­tor flüch­tig und schreibt wei­ter. Er ge­währt dem Pas­tor kei­nen Ein­lass. »Ich woll­te, Sie wä­ren eben­so in Ord­nung, Herr Pas­tor. Wie ist es, ha­ben Sie Num­mer 397 einen Kas­si­ber zu­ge­steckt oder nicht?«

      Jetzt end­lich be­geg­nen sich der bei­den Bli­cke, der des rot­ge­sich­ti­gen Di­rek­tors mit sei­nem Ge­sicht vol­ler Schmis­se und der Blick des von sei­nem Fie­ber ver­brann­ten Geist­li­chen.

      »Es ist der sie­ben­te To­des­fall in zwei Wo­chen«, sagt Pas­tor Lo­renz be­harr­lich. »Das Ge­fäng­nis braucht einen neu­en Arzt.«

      »Ich frag­te Sie eben et­was, Herr Pas­tor. Wür­den Sie mir gü­tigst ant­wor­ten?«

      »Ja­wohl, ich habe Num­mer 397 einen Brief über­ge­ben, aber kei­nen Kas­si­ber. Es war ein Brief sei­ner Frau, der ihm mel­det, dass der drit­te Sohn die­ses Man­nes nun doch nicht ge­fal­len, son­dern in Kriegs­ge­fan­gen­schaft ge­ra­ten ist. Zwei Söh­ne hat er schon ver­lo­ren, den drit­ten glaub­te er auch tot.«

      »Sie fin­den stets einen Grund, die Ge­fäng­nis­ord­nung zu über­tre­ten, Herr Pas­tor. Aber ich sehe mir die­ses Spiel nicht lan­ge mehr an.«

      »Ich bit­te um Ab­lö­sung des Arz­tes«, wie­der­holt der Pas­tor hart­nä­ckig und klopft wie­der lei­se auf den Schreib­tisch.

      »Ach was!«, schreit der rot­ge­sich­ti­ge Di­rek­tor plötz­lich los. »Be­läs­ti­gen Sie mich nicht mehr mit Ihrem blö­den Ge­schwätz! Der Dok­tor ist gut, er bleibt! Und Sie, se­hen Sie zu, dass Sie die Ge­fäng­nis­ord­nung be­fol­gen, sonst pas­siert Ih­nen noch was!«

      »Was kann mir pas­sie­ren?«, frag­te der Pas­tor. »Ich kann ster­ben. Und ich wer­de ster­ben. Sehr bald. Ich bit­te noch­mals um die Ab­lö­sung des Arz­tes.«

      »Sie sind ein Narr, Pas­tor«, sag­te der Di­rek­tor kalt. »Ich neh­me an, Ihre Schwind­sucht hat Sie ein biss­chen ver­rückt ge­macht. Wenn Sie nicht so ein harm­lo­ser Trot­tel wä­ren – eben ein Narr! –, wä­ren Sie längst ge­hängt. Aber ich habe Mit­leid mit Ih­nen.«

      »Wen­den Sie Ihr Mit­leid lie­ber Ihren Ge­fan­ge­nen zu«, ant­wor­te­te der Pas­tor eben­so kalt. »Und sor­gen Sie für einen pflicht­be­wuss­ten Arzt.«

      »Sie ma­chen die Tür jetzt am bes­ten von au­ßen zu, Herr Pas­tor.«

      »Ich habe Ihr Ver­spre­chen, dass Sie für einen an­de­ren Arzt sor­gen?«

      »Nein, nein, zum Don­ner­wet­ter, nein! Sche­ren Sie sich zum Hen­ker!«

      Jetzt war der Di­rek­tor doch in Wut ge­ra­ten, er war auf­ge­sprun­gen hin­ter sei­nem Schreib­tisch und hat­te zwei Schrit­te auf den Pas­tor zu ge­macht. »Soll ich Sie mit Kör­per­ge­walt raus­schmei­ßen, wol­len Sie das?«

      »Es wür­de nicht gut für die Ge­fan­ge­nen drau­ßen in der Schreib­stu­be aus­se­hen. Es wür­de das biss­chen An­se­hen, das die Staats­au­to­ri­tät bei ih­nen noch ge­nießt, noch wei­ter er­schüt­tern. Aber im­mer­hin, wie Sie wol­len, Herr Di­rek­tor!«

      »Narr!«, sag­te der Di­rek­tor, war aber durch den Hin­weis des Pas­tors so weit er­nüch­tert, dass er sich wie­der auf sei­nen Stuhl setz­te. »Ge­hen Sie jetzt. Ich habe zu ar­bei­ten.«

      »Die drin­gends­te Ar­beit ist die Be­stel­lung ei­nes neu­en Arz­tes.«

      »Glau­ben Sie, durch Ihre Hart­nä­ckig­keit et­was zu er­rei­chen? Gera­de das Ge­gen­teil er­rei­chen Sie! Der Dok­tor bleibt nun erst recht!«

      »Ich er­in­ne­re mich«, sag­te der Pas­tor, »ei­nes Ta­ges, da Sie selbst mit die­sem Arzt nicht ganz zu­frie­den wa­ren. Es war Nacht, es stürm­te. Sie hat­ten um an­de­re Ärz­te ge­schickt und te­le­fo­niert, die nicht ka­men. Ihr sechs­jäh­ri­ger Bert­hold hat­te eine Ve­rei­te­rung des Mit­tel­ohrs, er wim­mer­te vor Schmer­zen. Es be­stand Le­bens­ge­fahr. Ich hol­te auf СКАЧАТЬ