Название: Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman
Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karin Bucha Staffel
isbn: 9783740918071
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Ein doppelter Schrei zerriß die Stille. Der Junge hatte aufgeschrien, und Ursula stieß ebenfalls einen markerschütternden Schrei aus – dann war es totenstill.
Zitternd lehnte der Junge an der Hauswand. Fenster wurden geöffnet. Rufe wurden laut. Auf einmal belebte sich die Straße.
Mit leichenblassem Gesicht stieg der Fahrer aus dem Wagen und starrte auf den zierlichen Körper, der leblos am Boden lag.
»Mein Gott«, würgte er hervor, dann kniete er neben dem Kind nieder.
*
»So ein nichtsnutziges Ding!« erregte sich Eva und mühte sich, den Fleck, den das von Ursula umgestoßene Eis hervorgerufen hatte, zu entfernen.
»Entschuldige, Eva, es ist mir äußerst unangenehm. Ich hätte das Kind gar nicht mitbringen sollen«, beeilte sich Fred Markhoff zu sagen.
Ein böser Blick aus ihren sonst so strahlenden Augen traf ihn.
»Diese Einsicht kommt dir reichlich spät!« sagte sie wütend. »Du eignest dich am allerwenigsten zum zärtlichen Vater. Wo steckt denn das ungezogene Ding überhaupt?«
»Ja, eben – Ursula ist fort!«
Betreten sah sich Fred Markhoff in dem weiten Garten um, ging suchend durch die Reihen der vollbesetzten Tische und wandte sich dann dem Weg zu, der hinunter zum See und an den Bootssteg führte.
»Ursula!«
Nirgends sah er ein helles Kleid schimmern, nirgends tauchte Uschis brauner Lockenkopf auf. Jetzt erst begann er sich eigentlich um das Kind zu sorgen.
Eine schöne Geschichte hatte er sich da eingebrockt! Wenn Ursula nun im ersten Schreck in den See gerannt war? Wie sollte er das vor Brigitte verantworten können? Pah – wer wollte ihn für Ursulas Ungezogenheiten verantwortlich machen?
Aber wenn er das Kind nicht wiederfand und ordnungsgemäß bei seiner Mutter ablieferte, wurde ihm vielleicht das Recht abgesprochen, Ursula wiederzusehen!
Das durfte nicht sein! Das würde alle seine Pläne zunichte machen.
Mißmutig kehrte er an den Tisch zurück, wo ihn Eva mit ärgerlichem hochrotem Gesicht erwartete.
»Ich habe es satt, Mittelpunkt neugieriger Menschen zu sein! Bitte, fahr mich heim! Der ganze Sonntag ist verpatzt!« schalt sie.
»Ursula ist weg – einfach nicht zu finden!«
Eva Wunderlich raffte Tasche und Handschuhe vom Tisch.
»Nun haben wir auch noch das Vergnügen, hinter dem Kind herzujagen! Geh du mal allein auf die Suche, ich setze mich einstweilen in den Wagen. Mit diesem beschmutzten Kleid kann ich mich unmöglich sehen lassen.«
Wortlos und zähneknirschend folgte Fred Markhoff der blonden Frau. Er war wütend über ihren spitzen Ton, aber noch wütender auf das Kind, das ihm solche Ungelegenheiten gebracht hatte.
Ursula war genauso überspannt wie ihre Mutter – dachte er.
Höflich half er Eva in den Wagen.
»Ich beeile mich, Liebling! Willst du inzwischen eine Zigarette rauchen?«
»Danke!« wehrte sie kurz ab und sah wütend an ihm vorbei.
Achselzuckend ging er davon. Es würde seiner ganzen Überredungskunst bedürfen, sie wieder zu versöhnen.
Suchend und fragend durchkreuzte er den Garten von einem Ende zum anderen. Wenn Ursula sich doch zu nahe an das Wasser herangewagt hätte? Vielleicht war sie doch in den See gestürzt? Er fühlte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.
»Ein kleines Mädchen? Gewiß. In einem weißen Kleid, mit dunklen Locken? Es lief den Weg am See entlang, und hatte es eilig«, wurde ihm wiederholt auf seine Frage geantwortet.
Fred Markhoff stutzte. Sollte Ursula auf die wahnsinnige Idee gekommen sein, heimzulaufen? Sie hatte ja so sehr getrieben, zu ihrer Mutter zu kommen. Wie konnte das Kind glauben, den Weg zu Fuß zurücklegen zu können? Fest stand nun jedenfalls, daß Ursula nicht mehr hier war.
Rasch kehrte er zum Wagen zurück. Er sah verstört aus.
»Ursula hat sich auf den Heimweg gemacht – zu Fuß«, erklärte er kurz.
»Zu Fuß?« Eva Wunderlich riß die Augen auf. »Das ist ja glatter Wahnsinn. Und so was nennst du Erziehung?« höhnte sie.
»Laß diese dummen Reden!« verwies er sie scharf. »Ich mache mir ernste Sorgen um das Kind.«
»Mein Gott, was bist du zart besaitet! Fred Markhoff als besorgter Vater«, spöttelte sie.
»Schweig doch endlich!« herrschte er sie an. »Du vergißt, was es für mich bedeutet, wenn ich das Kind nicht wohlbehalten bei Brigitte abliefere. Ursula würde kein zweites Mal zu mir gelassen werden.«
»Na und, was wäre da schon dabei?« warf sie kühl ein.
»Verstehst du denn immer noch nicht, Eva? Das Kind ist für mich der Weg zu Brigitte. Ich kann sie nur über das Kind treffen!«
»Ach so!« In den tiefblauen Augen der blonden, oberflächlichen Frau blitzte es kalt auf. »Schadet ihr gar nichts, deiner hochnäsigen Frau, wenn sie der Kleinen wegen ein paar unruhige Stunden hat. Komm, steig endlich ein. Wir fahren den gleichen Weg zurück. Irgendwo werden wir das Kind schon aufgreifen«, schlug sie vor.
Wortlos nahm Fred Markhoff hinter dem Steuer Platz. Anscheinend hatte Eva schon wieder den Zwischenfall mit dem verdorbenen Kleid vergessen. Sie hatte Brigitte seit jeher gehaßt, weil er dieser damals vor ihr, der schönen Eva Wunderlich, den Vorzug gegeben hatte.
Gott, als Freundin, als Abwechslung war Eva ganz nett. Manchmal ein wenig nervtötend und unberechenbar. Aber gerade das reizte ihn. Bei Eva kam man nie recht zum Atemholen. Etwas Prickelndes, Aufreizendes ging von ihr aus. Dabei blieb sie selbst stets kühl und zurückhaltend.
Oh, Eva war schlau. Sie wollte durchaus geheiratet sein, aber er dachte gar nicht daran, die eben wiedergewonnene Freiheit aufzugeben.
Sie hatten inzwischen ein gutes Stück Weg zurückgelegt, ohne die zierliche Kindergestalt zu entdecken. Ein paarmal hatte Fred sogar angehalten und Fußgänger nach dem Kind befragt. Jedoch niemand hatte es gesehen.
»Verflixt!« stieß er nervös hervor und ließ ratlos die Hände vom Steuer sinken. »Ursula muß sich verlaufen haben. War ja auch nicht anders zu erwarten.«
»Laß uns zur nächsten Polizeiwache fahren«, riet Eva Wunderlich.
»Vielleicht ist sie gar schon zu Hause?« überlegte Markhoff.
Eva schüttelte den Kopf.
»Ausgeschlossen! Zu einem so weiten Weg braucht ein Kind mindestens ein paar Stunden. Ich vermute, sie ist von der Hauptstraße abgekommen. Laß uns lieber mal bei der Polizei nachfragen.«
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