Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Читать онлайн книгу Wachtmeister Studer - Friedrich C. Glauser страница 34

Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ Mund, um sich zu recht­fer­ti­gen. »Ich glau­be Ih­nen nichts mehr. Ich habe die Ehre, mich zu emp­feh­len…«

      Wenn Stu­der hoch­deutsch sprach, und das kam sel­ten ge­nug vor, war die Wir­kung im­mer die glei­che – ob es sich nun um die Wir­kung auf Zi­vil­per­so­nen han­del­te oder um die auf jun­ge Fahn­der. Alle spür­ten dann, es war am bes­ten, man ließ den Wacht­meis­ter in Ruhe.

      »Heiß, heiß!« krächz­te der alte El­len­ber­ger. »Vous brûlez com­mis­saire!« Wie es in je­nem Spiel üb­lich ist, in dem ein ver­steck­ter Ge­gen­stand ge­sucht wer­den muss und die Wis­sen­den den Su­chen­den lei­ten mit Wor­ten wie: ›kalt, wär­mer, sehr warm, heiß‹, je nach­dem der Su­chen­de sich dem ver­steck­ten Ge­gen­stand nä­hert oder sich von ihm ent­fernt.

      »Ihr wer­det auch nicht im­mer spie­len kön­nen, El­len­ber­ger«, sag­te Stu­der. Sein Ge­sicht war sehr bleich, er hat­te die Hän­de ge­ballt. Dann zuck­te er mit den Ach­seln und schritt zwi­schen den lau­ten Ti­schen hin­durch, auf die Türe zu, in der Ar­min Wit­schi ver­schwun­den war.

      Im Schie­ber­rhyth­mus spiel­te ›The Con­vict Ban­d‹:

      ›Muss i denn, muss i denn zum Städt­le hin­aus…‹

      Liebe vor Gericht

      Mon­tag­mor­gen halb acht Uhr im Büro des Land­jä­ger­kor­po­rals Mur­mann.

      Stu­der saß am Fens­ter und blick­te in den Gar­ten, über den ein fei­ner Re­gen nie­der­ging. Es war kühl. Der hei­ße Sonn­tag war eine Täu­schung ge­we­sen.

      Der Wacht­meis­ter war al­lein. Er sah müde aus. Zu­sam­men­ge­sun­ken hock­te er auf dem be­que­men Arm­stuhl in sei­ner Lieb­lings­stel­lung: Un­ter­ar­me auf den Schen­keln, Hän­de ge­fal­tet. Die Haut ei­nes Ge­sich­tes ließ an ver­reg­ne­tes Pa­pier den­ken. Er seufz­te von Zeit zu Zeit.

      In der Hand hielt er einen Brief, drei eng­be­schrie­be­ne Bo­gen. Er las dar­in, ließ die Blät­ter wie­der sin­ken, nahm sie wie­der auf, schüt­tel­te den Kopf. Es war ein Brief sei­nes Part­ners im Bil­lard­spiel. Münch, der No­tar, schrieb merk­wür­di­ge Din­ge, Din­ge, die viel­leicht… viel­leicht die Lö­sung ge­ben konn­ten – die Lö­sung des ver­ka­chel­ten Fal­les Wit­schi. ›Streng ver­trau­lich‹ stand auf dem Brief­kopf. Wie stell­te sich der Münch ei­gent­lich die Sa­che vor? Er­zähl­te in­ter­essan­te Tat­sa­chen, und man durf­te sie nicht ver­wer­ten.

      Der Brief han­del­te von Ak­zep­ten. Von Ak­zep­ten, die zu­sam­men eine be­trächt­li­che Sum­me aus­mach­ten. Wech­sel also, die von ei­nem Ger­zen­stei­ner Bür­ger ak­zep­tiert wor­den wa­ren und nun der Ein­lö­sung harr­ten. Der Ger­zen­stei­ner, um den es sich han­del­te, hat­te mit der Kan­to­nal­bank vor ei­ner Wo­che ein Ab­kom­men ge­trof­fen. Die Wech­sel wa­ren heu­te fäl­lig ge­we­sen, die Bank hat­te sie vor ei­ner Wo­che mit Ach und Krach auf acht Tage ver­län­gert (pro­lon­giert schrieb der No­tar). Also heu­te in acht Ta­gen muss­ten sie be­zahlt wer­den. Zehn­tau­send Fran­ken. Ein or­dent­li­cher ›Schü­bel‹ Geld. Münch nann­te den Na­men des Ak­zep­tan­ten nicht, er war nicht schwer zu er­ra­ten… Und ein­kas­siert hat­te der Wit­schi das Geld. Vor sechs Mo­na­ten…

      Die­ser Wit­schi muss­te es faust­dick hin­ter den Ohren ge­habt ha­ben, er muss­te or­dent­lich Geld ver­putzt ha­ben. Wo­hin war das Geld ge­kom­men? Spe­ku­la­tio­nen? Vi­el­leicht. Münch schrieb, Wit­schi sei knapp vor dem Kon­kurs ge­stan­den (und merk­wür­di­ger­wei­se stand auch der Ger­zen­stei­ner Bür­ger knapp vor dem Kon­kur­s… ) Der No­tar er­zähl­te eine merk­wür­di­ge Ge­schich­te. Er schrieb:

      »Au­ßer­dem muss ich Dir, lie­ber Wacht­meis­ter, noch eine son­der­ba­re Ge­schich­te er­zäh­len. Du er­in­nerst Dich doch noch, dass ich Dir da­mals, beim Bil­lard­spie­len, als wir den al­ten El­len­ber­ger sa­hen, er­zähl­te, El­len­ber­ger sei bei mir ge­we­sen, um eine zwei­te Hy­po­thek, die er auf dem Hau­se des Wen­de­lin Wit­schi habe, zu kün­di­gen. Nun stimmt das nicht ganz. El­len­ber­ger war schon ein­mal bei mir ge­we­sen, eine Wo­che vor­her und hat­te mir eine Schuld­ver­schrei­bung in der Höhe von fünf­zehn­tau­send Fran­ken ge­bracht, die Wit­schi ihm aus­ge­stellt hat­te. Als Pfand hat­te er eine Le­bens­ver­si­che­rung hin­ter­legt, die auf zwan­zig­tau­send Fran­ken lau­te­te. El­len­ber­ger hat­te es über­nom­men, die Prä­mie zu zah­len. Nun weiß ich nicht, was ihn be­wo­gen hat, aber El­len­ber­ger woll­te zu­rück­tre­ten. Er ver­lang­te die Rück­zah­lung der be­tref­fen­den Sum­me so­wie die Ver­gü­tung der ge­zahl­ten Prä­mi­en und for­der­te mich auf, dies Wit­schi mit­zu­tei­len. Ich te­le­fo­nier­te Mon­tag nach­mit­tag (also am 1. Mai) dem Wit­schi nach Ger­zen­stein, er möge mich in mei­nem Büro auf­su­chen. Er kam ge­gen sieb­zehn Uhr zu mir. Ich teil­te ihm den Ent­schluss sei­nes Gläu­bi­gers mit. Wit­schi reg­te sich sehr auf, sag­te, er sei ein rui­nier­ter Mann, es blei­be ihm nichts an­de­res üb­rig, als sich das Le­ben zu neh­men. Ich mach­te ihn dar­auf auf­merk­sam, dass dies die Sa­che nicht än­dern wer­de, sie wer­de da­durch nur schlim­mer, denn die Ver­si­che­rung wür­de sich als­dann wei­gern, die Sum­me aus­zu­zah­len…«

      Es ka­men ei­ni­ge tech­ni­sche Aus­füh­run­gen und dann fuhr der No­tar Münch fort:

      »Wit­schi be­gann zu jam­mern, er schimpf­te auf sei­ne Frau und auf sei­nen Sohn, die ihm das Le­ben zur Höl­le mach­ten, wie er sich aus­drück­te. Ich ver­such­te ihn zu be­ru­hi­gen. Aber er reg­te sich im­mer mehr auf, plötz­lich zog er einen Re­vol­ver aus der Ta­sche und droh­te mir, er wer­de sich in mei­nem Büro er­schie­ßen, wenn ich ihm nicht zu Hil­fe käme. Der Mann be­gann mir auf die Ner­ven zu fal­len, ich woll­te ihn los sein, er klag­te und jam­mer­te wei­ter: der Ge­mein­de­prä­si­dent wol­le ihn in­ter­nie­ren las­sen… Ich schnitt ihm das Wort ab: Das gehe mich gar nichts an, er sol­le ma­chen, dass er aus mei­nem Büro kom­me, ich kön­ne sol­chen Lärm nicht brau­chen. Da be­gann er wie­der zu wei­nen, nein, er wol­le nicht ge­hen, bis er nicht einen Rat er­hal­ten habe. Ich konn­te ihm aber kei­nen Rat ge­ben und sag­te ihm dies. Jetzt wer­de er sich also er­schie­ßen, sag­te Wit­schi. Ich dar­auf: Aber nicht in mei­nem Büro. Da habe er nicht die rech­te Ruhe dazu, aber ich hät­te eine leer­ste­hen­de Kam­mer, wenn er sich dort­hin be­mü­hen wol­le, so wer­de er dort die bes­te Ge­le­gen­heit ha­ben, sich aus er Welt zu schaf­fen. Du wirst na­tür­lich den­ken, lie­ber Wacht­meis­ter, dass ich ein herz­lo­ser Mensch bin. Aber das bin ich gar nicht. Nur musst du be­den­ken, dass ich in mei­ner Pra­xis schon vie­le der­ar­ti­ge Fäl­le ge­habt habe; Selbst­mord­dro­hun­gen sind be­que­me Er­pres­sungs­ver­su­che. Die Leu­te wol­len sich gar nicht um­brin­gen, sie wol­len nur Ein­druck ma­chen und ver­su­chen, et­was her­aus­zu­schin­den. Ich sage dir das ver­trau­lich und du wirst mich ver­ste­hen.«

      Stu­der schüt­tel­te den Kopf. War es bei Wit­schi nicht doch viel­leicht eine ech­te Verzweif­lung ge­we­sen? Er sah den Wen­de­lin vor sich, wie er auf dem Schra­gen lag im hel­len, all­zu wei­ßen Raum des Ge­richts­me­di­zi­ni­schen… Der ru­hi­ge, schier er­lös­te Aus­druck auf sei­nem Ge­sicht… Münch schrieb wei­ter, und was er schrieb, schi­en ei­gent­lich СКАЧАТЬ