Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Читать онлайн книгу Wachtmeister Studer - Friedrich C. Glauser страница 29

Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ Schießstand

      Ich kenn’ den Schlumpf gut«, sag­te Schrei­er und pass­te sei­nen Schritt dem des Wacht­meis­ters an. »Und ich hab’ ihm von An­fang an ge­sagt, wie er zum El­len­ber­ger ge­kom­men ist: ›Pass auf‹, hab’ ich ihm ge­sagt, ›nur kei­ne Wei­ber­ge­schich­ten, das kommt im­mer schlecht her­aus. Eine Kell­ne­rin, das macht nichts. Aber nur kein Meit­schi vom Dorf.‹ Hab’ ich nicht recht, Wacht­meis­ter?«

      Stu­der brumm­te, seufz­te. Die Vor­be­straf­ten hat­ten es nicht leicht, wenn sie wie­der drau­ßen Ar­beit ge­fun­den hat­ten. Es brauch­te sie nur ei­ner wie­der zu er­ken­nen, ih­nen »Zucht­häus­ler« nach­zu­ru­fen – was soll­ten sie dann ma­chen? Kla­gen? Man brauch­te ja nicht ein­mal das Wort zu brau­chen, das Wort, das als ärgs­te Be­lei­di­gung galt, ein­fach durch das Ver­hal­ten zu ih­nen konn­te man die Ver­ach­tung zei­gen, die man für sie emp­fand. Im Grun­de wa­ren es ja meis­tens gar kei­ne schlech­ten Teu­fel… Wie Stu­der da­mals den Schrei­er ar­re­tiert hat­te, mit was war der Bur­sche be­schäf­tigt? Er half der Frau, bei der er wohn­te, Boh­nen rüs­ten. Na, ja… »Was willst du mir zei­gen?« frag­te Stu­der.

      »Das wer­det Ihr se­hen, Wacht­meis­ter. Der Wit­schi hat näm­lich Selbst­mord be­gan­gen…«

      Wie­der die­se Be­haup­tung! Mur­mann war der glei­chen Mei­nung… Selbst­mord!… Aber Herr­gott noch ein­mal! Der Wit­schi hat­te doch nicht he­xen kön­nen!…

      Er hat­te wohl lan­ge Arme ge­habt, der Wit­schi. Aber an­ge­nom­men, er hät­te den Re­vol­ver hin­ter das rech­te Ohr hal­ten und den Schuss in die­ser Stel­lung ab­ge­ben kön­nen, dann blieb den­noch ei­ne un­er­klär­li­che Tat­sa­che: der Man­gel an Pul­ver­spu­ren. Eine leich­te­re La­dung? Un­wahr­schein­lich. Wie dann? An­ge­nom­men, der Wit­schi hät­te die Cou­ra­ge ge­habt – dann war je­mand nach dem Selbst­mord ge­kom­men, um den Brow­ning zu ho­len. Den Brow­ning, der dann un­ter dem Pack­pa­pier in der Kü­che der Frau Hof­mann ver­steckt wor­den war. Von wem? Wer hat­te den Re­vol­ver ge­holt? Eine ab­ge­kar­te­te Sa­che?

      »Wie bist du auf den Ge­dan­ken ge­kom­men, dass der Wit­schi sich selbst er­schos­sen hat?«

      »Das will ich Euch ge­ra­de zei­gen…«

      Auf der Stra­ße heul­ten Au­tos. Mo­tor­rä­der knat­ter­ten ge­häs­sig. Man spür­te den Sonn­tag. Ver­las­sen sa­hen die Häu­ser aus, aber sie wa­ren nicht stumm, nicht ein­mal heu­te. Ein Kräch­zen hier, ein Sum­men dort, manch­mal ein Me­lo­die­fet­zen… Die Laut­spre­cher Ger­zen­steins spiel­ten mit den at­mo­sphä­ri­schen Stö­run­gen, es war nie­mand da, der sie be­auf­sich­tig­te… So trie­ben sie Scha­ber­nack, für sich al­lein, um die Lan­ge­wei­le des ein­sa­men Nach­mit­tags zu wür­zen… In der Wo­che gab es so viel zu tun für sie. Sie san­gen, sie spiel­ten, sie spra­chen. Pro­fes­so­ren, Bun­des­rä­te, Pfar­rer, Psy­cho­lo­gen – ge­hor­sam blök­ten die Laut­spre­cher die Wor­te nach, die ir­gend­ein be­deu­ten­der Herr von sei­nem Ma­nu­skrip­te ab­las – und die Wor­te dran­gen in die Ohren der Ger­zen­stei­ner, durch­weich­ten die Köp­fe… Sie wirk­ten wie ein Land­re­gen auf Moor­lan­d… Die Laut­spre­cher wa­ren die Be­herr­scher Ger­zen­steins. Re­de­te nicht selbst der Ge­mein­de­prä­si­dent Äsch­ba­cher mit der Stim­me ei­nes An­sa­gers?…

      Da war end­lich Wit­schis Haus. Auch hier krächz­te es durch die ge­schlos­se­nen Lä­den, so laut, dass Stu­der zu­erst mein­te, es sei eine Ge­sell­schaft in ei­nem der Zim­mer ver­sam­mel­t… Aber es war eben doch nur ei­ner der ein­sa­men Laut­spre­cher, der sich die Zeit ver­trie­b…

      Al­pen­ruh

      in blau­er Far­be, die ab­zu­brö­ckeln be­gann.

       Grüß Gott, tritt ein, bring Glück her­ein…

      Wa­rum wirk­te der Spruch auf Stu­der wie ein Hohn? Glück? Wa­ren die Wit­schis wirk­lich ein­mal glück­lich ge­we­sen? Er sah den Wit­schi Wen­de­lin in Hemds­är­meln die Zei­tung le­sen, auf­ste­hen, den lo­sen Trieb ei­nes Spa­lier­bau­mes an­bin­den… Die La­denklin­gel schrill­te… Ge­sprä­che über Po­li­ti­k…

      Und jetzt lag Wit­schi in ei­nem kalt­wei­ßen Raum mit ei­nem Schuss hin­ter dem rech­ten Ohr…

      Stu­der schüt­tel­te sich. Schrei­er sag­te:

      »Kommt nur mit, Wacht­meis­ter!« und ging vor­an durch den Gar­ten, auf den al­ten, ver­fal­le­nen Schup­pen zu, des­sen Dach­stüt­zen ein­ge­knickt wa­ren… Die Tür fehl­te, an ih­rer Stel­le gähn­te ein schwar­zes Loch.

      Aber im Schup­pen war es nicht ein­mal so dun­kel. Ei­ni­ge Dach­zie­gel fehl­ten. Das spär­li­che Licht, das durch die Lö­cher drang, ver­misch­te sich mit der Fins­ter­nis zu ei­ner grau­en Däm­me­rung…

      Zer­bro­che­ne Spa­ten, ein ver­bo­ge­ner Re­chen, lee­re Kis­ten, Holz­wol­le, Per­sil­kar­tons, Pack­pa­pier… Win­zi­ge, glän­zen­de Staub­teil­chen tanz­ten in den Licht­bal­ken, die vom Dach zum Bo­den reich­ten.

      »Und?« frag­te Stu­der. Er muss­te hus­ten. Die Luft im Schup­pen leg­te sich ihm auf die Lun­gen.

      Schrei­er war an einen Sta­pel Kis­ten ge­tre­ten, er räum­te ihn vor­sich­tig bei­sei­te, zog schließ­lich eine Tür her­vor, die Tür des Schup­pens of­fen­bar, an der noch die ros­ti­gen An­geln hin­gen.

      »Habt Ihr eine Ta­schen­lam­pe?« frag­te der Bur­sche.

      »Ja.«

      »Zün­det ein­mal«, ver­lang­te Schrei­er.

      Stu­der ließ den Licht­ke­gel über die Tür strei­chen. Er pfiff ganz lei­se zwi­schen den Zäh­nen.

      Zwei, vier, sechs, zehn – fünf­zehn Ein­schüs­se. Über die Mit­te der Türe ver­teilt. Sie sa­ßen alle in ei­nem Recht­eck, das etwa sech­zig Zen­ti­me­ter hoch und vier­zig Zen­ti­me­ter breit war. Und das Recht­eck, in dem die Schüs­se sa­ßen, war ein hel­ler Fleck in der sonst al­ters­schwar­zen Tür. Stu­der beug­te sich tiefer. Rich­tig, das Recht­eck war ge­ho­belt wor­den. Man sah noch die Spu­ren des Ho­bels…

      Aber das Merk­wür­digs­te an die­sen Ein­schüs­sen war fol­gen­des:

      Die ers­ten Ein­schüs­se, links oben im Recht­eck, zeig­ten deut­lich an ih­ren kreis­för­mi­gen Rän­dern Ver­bren­nungs­spu­ren.

      »De­fla­gra­ti­onss­pu­ren!« sag­te Stu­der lei­se.

      Es wa­ren fünf Lö­cher, die sol­che Spu­ren tru­gen. Beim sechs­ten Loch wa­ren die Spu­ren ge­rin­ger, sie nah­men ab, je wei­ter un­ten im Recht­eck die Ein­schüs­se sa­ßen. Die letz­ten drei Ein­schüs­se hat­ten sau­be­re Rän­der, das Holz um sie her­um war weiß…

      Die Tür war dick. Alle Ku­geln steck­ten СКАЧАТЬ