Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Читать онлайн книгу Wachtmeister Studer - Friedrich C. Glauser страница 31

Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ Durst ha­ben.«

      Und Frau Wit­schi kam zu­rück mit ei­ner Fla­sche Him­beer­si­rup und zwei Glä­sern. Stu­der muss­te wohl oder übel mit­trin­ken. Es schüt­tel­te ihn ge­lin­de.

      »Mein ar­mer Mann«, sag­te Frau Wit­schi und zog die Luft durch die Nase. Sie wisch­te sich die Au­gen mit ih­rem Ta­schen­tuch. Aber die Au­gen wa­ren tro­cken und blie­ben es.

      »Ja, ja«, mein­te Stu­der und hielt die Hand über sein Glas, das Frau Wit­schi wie­der mit der kleb­ri­gen Flüs­sig­keit fül­len woll­te. »Es ist trau­rig, dass er so hat ums Le­ben kom­men müs­sen. Aber es war viel­leicht doch ein Glück…«

      »Ein Glück? Wie­so ein Glück? Was mei­nen Sie?«

      »Eh, we­gen der Ver­si­che­rung…« sag­te Stu­der und zün­de­te um­ständ­lich eine Bris­sa­go an. Eine Sturz­flut von Wor­ten er­goss sich über ihn. Und Stu­der ließ sie brau­sen…

      Es war merk­wür­dig, fast wie eine Vi­si­on.

      – Das Zim­mer ist dun­kel, ganz plötz­lich. Die Lam­pe, von ei­nem grü­nen Schirm ver­han­gen, gibt ein düs­te­res Licht. Lee­re Tel­ler ste­hen auf dem Tisch. Am obe­ren Ende sitzt der ver­stor­be­ne Wen­de­lin Wit­schi. Rechts ne­ben ihm sei­ne Frau, links Son­ja, ihm ge­gen­über der Sohn.

      Wit­schi schweigt, Mü­dig­keits­fal­ten lie­gen um sei­nen Mund, auf sei­ner Stirn. Un­un­ter­bro­chen schwatzt die Frau. Sie klagt. Er sei schuld, nur er al­lein. Er habe die Fa­mi­lie in Schul­den ge­stürzt, nun sei es an ihm, das ge­stran­de­te Schiff wie­der flott zu ma­chen. Geld habe er auf­ge­nom­men, ohne je­man­den zu fra­gen – und die Kreu­ge­rak­ti­en, die habe doch er ge­kauft, oder? Wit­schi hebt die Hand, die wei­ße, dür­re Hand, so, als wol­le er Ein­spruch er­he­ben. Aber die Frau la­fert wei­ter. Nichts da, er habe zu schwei­gen, ganz zu schwei­gen. Und dann flüs­tert sie plötz­lich: Die Ver­si­che­run­gen bräch­ten Geld… Ein Un­fall… Nichts Ar­ges. Aber er müs­se so aus­ge­führt wer­den, dass er wie ein Über­fall aus­se­he… Es sei­en ja ge­nug Vor­be­straf­te im Dorf, auf die man die Schuld schie­ben kön­ne…

      Der Sohn mischt sich ein. Die Schwes­ter habe ja ein Ge­schleipf mit so ei­nem, sie müs­se die Sa­che über­neh­men. Den Bur­schen zu ei­nem Ren­dez­vous be­stel­len, da­mit er kein Ali­bi bei­brin­gen kön­ne… Dann kön­ne man ihn an­kla­gen, und wenn der Va­ter ihn wie­der­er­ken­ne, dann kön­ne der Bur­sche gar nichts ma­chen…

      Oben am Tisch hat der Wit­schi die Hän­de ge­fal­tet, er schüt­telt den Kopf, un­auf­hör­lich, aber kein Mensch sieht auf ihn. Der Re­de­strom geht wei­ter. Der Sohn löst die Mut­ter ab, die Mut­ter den Sohn. Son­ja sitzt still da, weint in ihr Ta­schen­tuch. Es nützt nichts, Son­ja fin­det nir­gends Schutz vor den Plä­nen der bei­den an­de­ren…

      Wie oft hat­te sich die Sze­ne ab­ge­spielt, so wie Stu­der sie sah und hör­te, jetzt, im Wohn­zim­mer der Fa­mi­lie Wit­schi, wäh­rend die alte Ana­sta­sia auf ihn ein­re­de­te und ihre Wor­te an sei­nen Ohren vor­beis­aus­ten wie ein sau­rer Bis­wind?

      Stu­der nick­te, nick­te un­un­ter­bro­chen zu den Wor­ten der Frau. Es war ja al­les ge­lo­gen, warum also zu­hö­ren?…

      Er sah den Schup­pen vor sich, ganz deut­lich.

      Die Frau hat eine Stal­la­ter­ne in der Hand. Und Wit­schi pro­biert den Re­vol­ver aus. Er schießt auf das weiß­ge­ho­bel­te Recht­eck der Tür, im­mer aus ei­ner Ent­fer­nung von zehn Zen­ti­me­ter. Nicht mehr, nicht we­ni­ger. Er pro­biert es mit ei­nem Zi­ga­ret­ten­blätt­chen, dann mit drei­en, dann mit fün­fen. Bei wel­cher Zahl gibt es kei­ne De­fla­gra­ti­onss­pu­ren mehr?

      Fünf­zehn Pa­tro­nen, dach­te Stu­der… Wo war wohl die Schach­tel? Man soll­te sie fin­den. Und im­mer das Bild, das sich da­zwi­schen­schob:

      Der Wit­schi, der beim Schein der Stal­la­ter­ne Schieß­übun­gen ver­an­stal­tet… Die Frau hält si­cher einen Sack, um den Schall ab­zu­dämp­fen.

      War es sonst mög­lich, dass kei­ner der Nach­barn et­was ge­hört hat­te?… Vi­el­leicht hat­ten sie et­was ge­hört, das nächs­te Haus stand in etwa fünf­zig Me­ter Ent­fer­nung… Soll­te man dort fra­gen ge­hen?

      Und wie aus ei­nem Traum her­aus, mit­ten in den Re­de­strom der Frau Wit­schi, sag­te Stu­der mit lei­ser Stim­me:

      »Wie Ihr Mann auf die Tür im Schup­pen ge­schos­sen hat, ha­ben Sie da einen Sack ge­habt, um den Schall ab­zu­dämp­fen?«

      Das Glas zer­schell­te auf dem Bo­den. Frau Wit­schi hat­te die Au­gen weit auf­ge­ris­sen, das Häut­chen, das über dem einen lag, war weiß.

      »Wie?… Was?…« stot­ter­te Frau Wit­schi.

      »Nichts, nichts«, Stu­der wink­te müde ab. »Es hat ja al­les kei­nen Wert, der Schlumpf hat ja ge­stan­den.« Aber un­ter den halb­ge­senk­ten Li­dern be­ob­ach­te­te Stu­der neu­gie­rig die Frau.

      Ein Au­fat­men. Frau Wit­schi stand auf, ging in die Kü­che, kam mit ei­ner Kü­der­schau­fel zu­rück und wisch­te die Scher­ben zu­sam­men.

      »Scher­ben brin­gen Glück«, sag­te Stu­der lei­se.

      Ein gif­ti­ger Blick der Frau. Dann:

      »So! Hat der Mör­der end­lich ge­stan­den! Ein Glück! Dann habt Ihr ja hier nichts mehr zu tun, Wacht­meis­ter!« (›Ihr‹ statt ›Sie‹! Stu­der lä­chel­te.)

      »Sie ha­ben ganz recht, Frau Wit­schi, ich hab’ nichts mehr zu tun…«

      Wie spät war es? Drau­ßen war noch hel­ler Tag. Der Schup­pen stand am Ende des Gar­tens, man sah ihn gut durchs Fens­ter. Stu­der blick­te lan­ge hin. Er dach­te: Die­se Nacht soll­te ich hier in der Nähe Pos­ten ste­hen, die Mut­ter und der Sohn wer­den ver­su­chen, die Tür zu ver­bren­nen. Hät­t’ ich nichts sa­gen sol­len? Doch, es war ganz gut. So ein Schreck­schuss ist manch­mal ganz gut. Ob­wohl der gan­ze Fall hoff­nungs­los ist. Düs­ter, düs­ter… Er hat recht, der Kom­mis­sär Ma­de­lin! Ein Mord­fall auf dem Land!… Wol­len wir den Wit­schi in Frie­den las­sen? Er hat sich ge­op­fert für die Fa­mi­lie… Er hat sich er­schos­sen, da­mit die Ver­si­che­rung zahl­t… Hat er wirk­lich ge­schos­sen?… Mit dem recht­wink­lig ab­ste­hen­den Arm?… Vi­el­leicht steckt doch mehr hin­ter dem Fall… Aber wer hat dann ge­schos­sen?… Der Schlumpf?… Doch der Schlumpf?… Kann man einen Mord aus Lie­be be­ge­hen?… Wa­rum nicht? Gleich­wohl, es ist un­wahr­schein­lich… Der Ar­min?… Der Maque­reau?… Nein, nein, zu feig… Die Mut­ter?… Cha­bis!… Wer dann? Wenn man nur wüss­te, wer den Re­vol­ver ge­kauft hat, viel­leicht gäbe das einen An­halts­punk­t…

      »Wo schafft Ihre Toch­ter in Bern?« frag­te Stu­der laut.

      »Beim Loeb«, die Stim­me der al­ten Frau zit­ter­te. Man soll­te sie in Ruhe las­sen, die Frau Ana­sta­sia, dach­te Stu­der. Er streck­te СКАЧАТЬ