Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 38

СКАЧАТЬ heisst er sei­nen bö­sen Blick Tu­gend.

      Und Ei­ni­ge wol­len er­baut und auf­ge­rich­tet sein und heis­sen es Tu­gend; und And­re wol­len um­ge­wor­fen sein – und heis­sen es auch Tu­gend.

      Und der­art glau­ben fast Alle dar­an, Ant­heil zu ha­ben an der Tu­gend; und zum Min­des­ten will ein je­der Ken­ner sein über »gut« und »böse«.

      Aber nicht dazu kam Za­ra­thustra, al­len die­sen Lüg­nern und Nar­ren zu sa­gen: »was wisst ih­r von Tu­gend! Was könn­tet ihr von Tu­gend wis­sen!« –

      Son­dern, dass ihr, mei­ne Freun­de, der al­ten Wor­te müde wür­det, wel­che ihr von den Nar­ren und Lüg­nern ge­lernt habt:

      Müde wür­det der Wor­te »Lohn,« »Ver­gel­tung,« »Stra­fe,« »Ra­che in der Ge­rech­tig­keit« –

      Müde wür­det zu sa­gen: »dass eine Hand­lung gut ist, das macht, sie ist selbst­los.«

      Ach, mei­ne Freun­de! Dass eu­er Selbst in der Hand­lung sei, wie die Mut­ter im Kin­de ist: das sei mir eu­er Wort von Tu­gend!

      Wahr­lich, ich nahm euch wohl hun­dert Wor­te und eu­rer Tu­gend liebs­te Spiel­wer­ke; und nun zürnt ihr mir, wie Kin­der zür­nen.

      Sie spiel­ten am Mee­re, – da kam die Wel­le und riss ih­nen ihr Spiel­werk in die Tie­fe: nun wei­nen sie.

      Aber die sel­be Wel­le soll ih­nen neue Spiel­wer­ke brin­gen und neue bun­te Mu­scheln vor sie hin aus­schüt­ten!

      So wer­den sie ge­trös­tet sein; und gleich ih­nen sollt auch ihr, mei­ne Freun­de, eure Trös­tun­gen ha­ben – und neue bun­te Mu­scheln! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Gesindel

      Das Le­ben ist ein Born der Lust; aber wo das Ge­sin­del mit trinkt, da sind alle Brun­nen ver­gif­tet.

      Al­lem Rein­li­chen bin ich hold; aber ich mag die grin­sen­den Mäu­ler nicht sehn und den Durst der Un­rei­nen.

      Sie war­fen ihr Auge hin­ab in den Brun­nen: nun glänzt mir ihr wid­ri­ges Lä­cheln her­auf aus dem Brun­nen.

      Das hei­li­ge Was­ser ha­ben sie ver­gif­tet mit ih­rer Lüs­tern­heit; und als sie ihre schmut­zi­gen Träu­me Lust nann­ten, ver­gif­te­ten sie auch noch die Wor­te.

      Un­wil­lig wird die Flam­me, wenn sie ihre feuch­ten Her­zen an’s Feu­er le­gen; der Geist sel­ber bro­delt und raucht, wo das Ge­sin­del an’s Feu­er tritt.

      Süss­lich und über­mür­be wird in ih­rer Hand die Frucht: wind­fäl­lig und wip­fel­dürr macht ihr Blick den Frucht­baum.

      Und Man­cher, der sich vom Le­ben ab­kehr­te, kehr­te sich nur vom Ge­sin­del ab: er woll­te nicht Brun­nen und Flam­me und Frucht mit dem Ge­sin­del thei­len.

      Und Man­cher, der in die Wüs­te gieng und mit Raubt­hie­ren Durst litt, woll­te nur nicht mit schmut­zi­gen Ka­meel­trei­bern um die Cis­ter­ne sit­zen.

      Und Man­cher, der wie ein Ver­nich­ter da­her kam und wie ein Ha­gel­schlag al­len Frucht­fel­dern, woll­te nur sei­nen Fuss dem Ge­sin­del in den Ra­chen set­zen und also sei­nen Sch­lund stop­fen.

      Und nicht das ist der Bis­sen, an dem ich am meis­ten würg­te, zu wis­sen, dass das Le­ben sel­ber Feind­schaft nö­thig hat und Ster­ben und Mar­ter­kreu­ze: –

      Son­dern ich frag­te einst und er­stick­te fast an mei­ner Fra­ge: wie? hat das Le­ben auch das Ge­sin­del nö­thig?

      Sind ver­gif­te­te Brun­nen nö­thig und stin­ken­de Feu­er und be­schmutz­te Träu­me und Ma­den im Le­bens­bro­de?

      Nicht mein Hass, son­dern mein Ekel frass mir hung­rig am Le­ben! Ach, des Geis­tes wur­de ich oft müde, als ich auch das Ge­sin­del geist­reich fand!

      Und den Herr­schen­den wandt’ich den Rücken, als ich sah, was sie jetzt Herr­schen nen­nen: scha­chern und mark­ten um Macht – mit dem Ge­sin­del!

      Un­ter Völ­kern wohn­te ich frem­der Zun­ge, mit ver­schlos­se­nen Ohren: dass mir ih­res Scha­cherns Zun­ge fremd blie­be und ihr Mark­ten um Macht.

      Und die Nase mir hal­tend, gieng ich un­muthig durch al­les Ges­tern und Heu­te: wahr­lich, übel riecht al­les Ges­tern und Heu­te nach dem schrei­ben­den Ge­sin­del!

      Ei­nem Krüp­pel gleich, der taub und blind und stumm wur­de: also leb­te ich lan­ge, dass ich nicht mit Macht- und Schreib- und Lust-Ge­sin­del leb­te.

      Müh­sam stieg mein Geist Trep­pen, und vor­sich­tig; Al­mo­sen der Lust wa­ren sein Lab­sal; am Sta­be schlich dem Blin­den das Le­ben.

      Was ge­sch­ah mir doch? Wie er­lös­te ich mich vom Ekel? Wer ver­jüng­te mein Auge? Wie er­flog ich die Höhe, wo kein Ge­sin­del mehr am Brun­nen sitzt?

      Schuf mein Ekel sel­ber mir Flü­gel und quel­le­nah­nen­de Kräf­te? Wahr­lich, in’s Höchs­te muss­te ich flie­gen, dass ich den Born der Lust wie­der­fän­de!

      Oh, ich fand ihn, mei­ne Brü­der! Hier im Höchs­ten quillt mir der Born der Lust! Und es giebt ein Le­ben, an dem kein Ge­sin­del mit trinkt!

      Fast zu hef­tig strömst du mir, Quell der Lust! Und oft leerst du den Be­cher wie­der, da­durch dass du ihn fül­len willst!

      Und noch muss ich ler­nen, be­schei­de­ner dir zu na­hen: all­zu­hef­tig strömt dir noch mein Herz ent­ge­gen: –

      Mein Herz, auf dem mein Som­mer brennt, der kur­ze, heis­se, schwer­müthi­ge, über­se­li­ge: wie ver­langt mein Som­mer-Herz nach dei­ner Küh­le!

      Vor­bei die zö­gern­de Trüb­sal mei­nes Früh­lings! Vor­über die Bos­heit mei­ner Schnee­flo­cken im Juni! Som­mer wur­de ich ganz und Som­mer-Mit­tag!

      Ein Som­mer im Höchs­ten mit kal­ten Quel­len und se­li­ger Stil­le: oh kommt, mei­ne Freun­de, dass die Stil­le noch se­li­ger wer­de! Denn diess ist uns­re Höhe und uns­re Hei­mat: zu hoch und steil woh­nen wir hier al­len Un­rei­nen und ih­rem Durs­te. Werft nur eure rei­nen Au­gen in den Born mei­ner Lust, ihr Freun­de! Wie soll­te er darob trü­be wer­den! Ent­ge­gen­la­chen soll er euch mit sei­ner Rein­heit.

      Auf dem Bau­me Zu­kunft bau­en wir un­ser Nest; Ad­ler sol­len uns Ein­sa­men Spei­se brin­gen in ih­ren Schnä­beln!

      Wahr­lich, kei­ne Spei­se, an der Unsau­be­re mit­es­sen dürf­ten! Feu­er wür­den sie zu fres­sen wäh­nen und sich die Mäu­ler ver­bren­nen!

      Wahr­lich, kei­ne Heim­stät­ten hal­ten wir hier be­reit für Unsau­be­re! СКАЧАТЬ