Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ doch Geduld, was versehrt, das lehrt! Dem werfe ich gewiß auch noch einen Stein in den Garten.«

      »Nun wundert's mich nicht, woher die Leute sogleich wußten, daß Du in Geschäften des Junkers reisest und Briefe tragest. Der Gideon hat seine Sohlen in Deine Fußtapfen geschoben, Meister, denn er hatte zehnmal mehr von Dir zu sagen, als ich. Du solltest nicht vor jedem sogleich mit Deinen Heimlichkeiten auskramen.«

      Unter Fortsetzung dieses Gesprächs waren sie glücklich aus dem Gebüsch wieder ins Freie gekommen. Der Wind strich scharf und kalt das Thal herauf und streifte die Nebel von den Bergen. Wirri unterließ nicht, während des Redens zuweilen die Augen nach allen Seiten herumzuwenden, um zu wissen, wo er sich eigentlich befinde. In der Dunkelheit sah er aber nichts, als seitwärts die Berge, welche schwarzen Wolken gleich ihre Ränder am Himmel abzeichneten. Nirgends verkündete ein Licht das Dasein einer menschlichen Wohnung. Der Alte schien sich um betretene Wege nicht viel zu kümmern. Er wanderte rüstig fort, bald über Steinschutt, bald über Wiesen, bald durch das Bett eines Baches, bald durch ein Stück Wald; dabei sorgte er unaufhörlich für unterhaltendes Geplauder. Als dem Meister nach geraumer Zeit das Wandern endlich beschwerlich wurde und es ihm vorkam, wie wenn sich die Höhen von beiden Seiten enger zusammendrückten und es immer steiler aufwärts ging, blieb er plötzlich stehen und sagte zu seinem Reisegefährten:

      »Guter Freund, wenn Du nicht böse Absicht hegst, so mußt Du irre gegangen sein, denn mich dünkt, wir kommen diese Nacht aus der Wildnis nicht heraus. Man hört weder Glocke noch Hund, nichts als den Wind, wenn er durch die dürren Bäume fährt. Ich dächte, wir kehrten um und nähmen mit dem ersten Hause oder Heustalle vorlieb, denn die Kälte setzt mir zu und die Nacht ist keines Menschen Freund.«

      »Begehrst Du denn nicht zu Addrich im Moos?« fragte der heisere Alte.

      »Bewahre mich der Herrgott!« rief der Meistersänger. »Wo denkst Du hin? Du weißt, doch mein Brief ist geraubt; ich glaubte also, Du würdest von selbst einsehen, daß ich nicht hin könne und wolle, wo ich nichts mehr zu verrichten habe. Warum führst Du mich nicht ins Dorf oder in Dein Haus?«

      »Meister, Deine Schuld ist's und nicht meine, wenn Du nicht zum Addrich verlangtest und doch schwiegst.«

      »Aber der Brief ist ja in den Klauen der Schmiede.«

      »Nun ja, was thut's? Das Maul haben sie Dir gelassen, und wer weiß denn, ob das Fanely Geschriebenes lesen kann? Mache ihr Deine Anträge mündlich; vielleicht sieht sie Deine runden Backen lieber, als das magere Papier.«

      »Thue mir den Gefallen, guter Freund, und kehre um. Ich lade den Teufel nicht zu mir ins Haus, noch weniger kehre ich ohne Not bei ihm ein.«

      »Wenn Dir der böse Feind einst so gutes Nachtquartier giebt, als wir beim Addrich finden, so wirst Du nicht zürnen. Ich meinesteils ich kehre nicht mehr zurück, denn noch zehn Schritte jenseits des Busches und wir sind am Orte.«

      »Halt, guter Freund! Es geht jemand im Dunkeln hinter uns. Hörst Du nichts?« rief Heinrich Wirri mit Entsetzen, und fühlte in dem Augenblicke lebendige Tiere, die um ihn streiften.

      »Es sind nur Addrichs Hunde.«

      »Die verdammten Bestien bellen nicht einmal; thun ganz bekannt mit mir.«

      »Du siehst daraus, Meister, wie der Eigentümer derselben menschenfreundlich denkt. Nur vorwärts, umkehren müßte Verdacht erregen.«

      Langsam und schüchtern folgte Wirri, denn die Hunde umschnoberten und umwedelten ihn, ohne daß er sie erblicken konnte. Nach wenigen Schritten schon schimmerten Lichtstrahlen durch die Tannenzweige. Als die Wanderer jedoch ins offene Land hinaustraten, leuchteten ihnen die Fenster eines großen Bauernhauses entgegen.

      8.

       Das Haus des Fluches.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Alte hatte beim Eintritt in die Wohnung mehr das Ansehen eines hier wohlbekannten Hausfreundes oder des Herrn, als eines seltenen Gastes. Zwei Knechte, die am Kochherde plauderten, gingen ihm sogleich grüßend entgegen. Er unterhielt sich leise mit ihnen, während der Spielmann ihren Platz am Feuer einnahm, über welchem am eisernen Haken der Kessel hing, der ihm einen nicht unbehaglichen Speiseduft zuhauchte.

      »Begleite mich,« sagte einer der Knechte, welcher mit einer angezündeten Lampe zu Wirri kam. »Du bist bei uns wohl aufgehoben. Addrich wird Dich heute kaum sprechen; er hat eine kranke Tochter.«

      Wirri sah sich in der Küche mit dem Knechte allein, und hatte, während er sich an der auflodernden Flamme des Herdes wärmte, nicht bemerkt, daß sein bisheriger rotäugiger Begleiter verschwunden war. Durch mehrere kleine Stuben wurde er nun vom Knechte in einen schmalen Gang geleitet, welcher zum hinteren Teile des Hauses, nach einer verschlossenen Thür führte. Durch diese kam er in ein kleines Gemach, welches von einem großen gemauerten Ofen, einem hohen Bett, das fast an die Stubendecke reichte, einem alten Tisch von Tannenholz und einigen hölzernen Sesseln fast gänzlich angefüllt war. Der Knecht Addrichs setzte die Lampe nieder und sagte: »Man wird Dir Abendessen bringen, und dort ist Dein Lager, wenn Du den Schlaf suchst.« Damit entfernte er sich.

      Wirri, solcher Aufnahme in dem vielgefürchteten Hause nicht gewärtig, ließ sich's im warmen und saubern Stübchen ganz wohl sein. Das Gebäude war zwar, wie damals jede Wohnung des Landmanns, nur von Holz gebaut, mit einem Strohdache, zeigte sich aber innen durchweg mit Tafelwerk versehen und ungemein reinlich gehalten. Jedes Gerät, obgleich äußerst einfach, sprach für des Eigentümers Ordnungsliebe und Wohlstand. Mit besonderem Wohlgefallen betrachtete der Meister sein hochgetürmtes Bett, dessen Bezug vollkommen sauber, wenngleich nur von ungebleichtem, grobem Stoff gewebt war. Ihn befremdete nur das starke Eisengitter vor dem Fenster und daß die Thür nur von außen, aber nicht von innen mit Riegeln versehen war. Das gab seinem Aufenthalte für die Nacht ein fast gefängnisartiges Ansehen.

      Unter diesen Betrachtungen erschien das versprochene Abendessen. Ein Knecht, dem ein sehr schönes Mädchen folgte, trug Habermus, Schinkenschnitte, Brot, weiß und locker wie Wolle, Emmenthaler Käse, in dessen Poren Tautropfen glänzten, und Wein in einer schwarzgrünen Glasflasche auf. Mit bewundernswürdiger Gewandtheit breitete die ländliche Hebe das frische, doch ungebleichte Tuch über den Tisch auseinander, daß der zwei Zoll breite, rotdurchwirkte Streifen der Tuchmitte über der Mitte des Tisches hinlief. Im Augenblicke waren die Speisen im besten Ebenmaß darauf zusammengestellt. Sie verrichtete ihr Geschäft, ohne ein Wort zu reden, mit freundlich-schüchterner Miene, niedergesenkten Augen, aber vieler natürlicher Anmut. Die stets wechselnden, anmutigen Wendungen ihres Körpers, selbst wenn sie den Fuß nicht bewegte, sowie ihr leichter, tanzartiger Gang konnten dem Meister nicht unbemerkt bleiben, doch das Habermus und die zarten Fleischscheiben, welche sie für ihn aufgetragen und die in ihrem glänzenden Weiß und Rot wie Lilien und Rosen lachten, nahmen seine Blicke nicht minder in Anspruch, nachdem sich die junge Dienerin mit einem leisen: »Daß es Dir wohlbekomme!« schnell durch die Thür entfernt hatte.

      Da erst, als er das Ungestüm seiner irdischen Bedürfnisse angesichts der leeren Schüsseln hinlänglich befriedigt fühlte, kam er mit seinen Gedanken auf die kleine Hebe zurück, deren gefälliges Äußere mit der ungelenken Art einer rohen Bauernmagd durchaus nichts gemein hatte. Je länger er sich das Bild der schlanken, beweglichen Gestalt vergegenwärtigte, desto deutlicher wurde es ihm, daß dies die unglückliche Pate des Dekans Nüsperli gewesen sein müsse, die zu entführen er hierher gekommen war. Er machte sich gerechte Vorwürfe, nicht schon die Einleitung dazu getroffen zu haben.

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